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KULTUR | BÜHNE<br />

EINE EINMALIGE<br />

CHANCE<br />

D – Konstanz | „Cabaret“ ist wohl eines der bekanntesten Stücke auf den<br />

Musiktheaterbühnen weltweit. 1966 in New York uraufgeführt räumte es schon kurze Zeit<br />

später sämtliche Preise ab. Bestes Musical, beste Komponisten und Songschreiber, beste<br />

Choreografie, um nur einige zu nennen. Jetzt kommt diese packende Geschichte zweier<br />

Liebespaare, die in den 1920er-Jahren spielt, zwar in die größte Stadt am Bodensee, doch<br />

die Bühne im Stadttheater ist halt nicht der Broadway. Ob das gut geht?<br />

„Wir müssen sehr kreativ damit umgehen“, ist sich Daniel<br />

Grünauer bewusst. Als Chefdramaturg ist er sozusagen<br />

der Anwalt des Textes und der Zuschauer. Er sieht eine Inszenierung<br />

auf der Konstanzer Bühne als einer der Ersten.<br />

Noch lange vor den öffentlichen Aufführungen. Auf Cabaret<br />

freut er sich besonders: „Die roaring Twenties: willkommen,<br />

bienvenue, welcome beim Tanz auf dem Vulkan,<br />

die Musik und deren Einflüsse – all das erleben wir. Das<br />

Stück hat auch einen politischen Hintergrund, der gerade<br />

wieder hochaktuell ist.“ In Cabaret fühlt sich ein, nicht<br />

aus Deutschland stammendes, Pärchen von Berlin angezogen<br />

und erlebt dort ein Reich der Möglichkeiten, die<br />

Magie des Aufbruchs, das Leben im Moment. Aber eben<br />

auch Armut, Hass und Restriktionen. „Es gibt Parallelen<br />

zu heute: die Freiheit, die wir einerseits genießen, aber<br />

auch die Verfolgungen, die es andererseits gibt“, erklärt<br />

der Dramaturg. Das Stück wird in Konstanz mehrsprachig<br />

auf die Bühne kommen: Die Dialoge sind auf Deutsch,<br />

die Lieder in Englisch und Deutsch. „Cabaret gilt als Inbegriff<br />

des Musicals“, so Grünauer weiter. Es beinhaltet<br />

Sprachszenen, Tanz und Gesang. Und wer wäre da besser<br />

als Regisseurin geeignet als Rosamund Gilmore? Die<br />

Engländerin ist nicht nur eine international erfolgreiche<br />

Opernregisseurin, sondern genoss auch eine Ausbildung<br />

im klassischen Ballett (in London und an der weltberühmten<br />

John Cranko-Schule in Stuttgart), stand als Tänzerin<br />

auf der Bühne und wurde für ihre Choreografien unter anderem<br />

mit dem Bayrischen Staatspreis ausgezeichnet. Mit<br />

ihrer geballten Erfahrung und voller Lebensfreude macht<br />

sie sich an die Konstanzer Inszenierung ran.<br />

Eine extreme Herausforderung<br />

„Cabaret ist ein opulentes Musical und eine extreme Herausforderung<br />

für eine nicht ganz so große Bühnenfläche“,<br />

weiß Rosamund Gilmore. Dennoch wird neben den<br />

Schauspielern auch noch eine Live-Band Platz finden. Viele<br />

Songs, wie „Willkommen“ oder „Money“ (aus der späteren<br />

Verfilmung), sind vielen Menschen im Ohr, die Musik<br />

eine Mischung der 20er- und 30er-Jahre. „Aber in neuem<br />

Kleid“, so die Regisseurin und erklärt: „Wir haben ja quasi<br />

zeitgenössische Kollegen auf der Bühne.“ Für sie ist der<br />

Spannungsbogen zwischen der Zeit, in der das Stück eigentlich<br />

spielt, und heute so besonders. „Die Armut nach<br />

dem Krieg ist anders als unsere Zeit heute, aber wir haben<br />

die gleiche Verrücktheit, etwas auszuleben“, so Gilmore.<br />

„Die 1920er- und 30er-Jahre waren viel moderner als viele<br />

Leute glauben wollen“, sind sich Gilmore und Grünauer<br />

einig. Transgender, Sex, Freizügigkeit und burschikose<br />

Frauen etwa – diese Themen waren damals schon aktuell.<br />

Doch Musicals erzählen sich vor allem durch Liebesgeschichten.<br />

In Cabaret erleben die Zuschauer zwei davon,<br />

aus zwei verschiedenen Generationen. „Das ist so schön<br />

und die Geschichte von Fräulein Schneider, die im hohen<br />

Alter noch die Liebe findet, so stark.“ Die Vorfreude<br />

ist Rosamund Gilmore förmlich anzusehen. Sie gerät ins<br />

Schwärmen, wenn sie von den Zwischenwelten und der<br />

Spannung im Stück erzählt. Die Tragik der Geschichte des<br />

älteren Pärchens, die Verquickung von Privat und Politik.<br />

Der Brückenschlag zwischen den Jahrzenten spiegelt sich<br />

auch in den Kostümen wider, die aus den 1920er-Jahren<br />

anmuten, jedoch in Materialien von heute daherkommen.<br />

„Es ist wirklich eine einmalige Chance, so etwas in Konstanz<br />

zu sehen“, ist sie überzeugt.<br />

Ein großer Genuss<br />

Um ihre Ideen auf die Bühne zu bringen, schlüpft die ehemalige<br />

Profitänzerin manchmal in den Proben auch heute<br />

noch in ihre Tanzschuhe. „Ich kann mich über den Tanz<br />

eben ausdrücken“, schmunzelt sie. Sehr zur Freude der<br />

Konstanzer Kollegen, die sie sehr schätzt: „Die Schauspieler,<br />

die man in Konstanz findet, sind ein großer Genuss.“<br />

Eine der schwierigsten Rollen, nämlich die der Protagonistin<br />

Sally Bowles, wird von Anne Simmering gespielt. Den<br />

Nachtclub-Confrencier mimt Ingo Biermann. Wichtig ist<br />

ihr bei all ihren Inszenierungen, über eine Unterhaltung<br />

einen Tiefgang zu finden. Das sei eine sehr gesunde Übung.<br />

ab 12.04.<br />

Stadttheater<br />

Konzilstraße 11, D-78462 Konstanz<br />

+49 (0)7561 900 150<br />

www.theaterkonstanz.de<br />

TEXT: TANJA HORLACHER, FOTO: MICHAEL SCHRODT (MSCHRODT.DE)<br />

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