Militaer_Aktuell_1_2019_neu_n_n
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0 1 8 W E L T & S T R A T E G I E<br />
Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand<br />
und damit zur Vollendung des<br />
größten Armutsbekämpfungsprogramms<br />
der Menschheitsgeschichte<br />
führen.<br />
Die Atemschutzmasken tief ins Gesicht<br />
gedrückt, reiten chinesische Touristen<br />
auf Kamelen über den Dünen der Oasenstadt<br />
Dunhuang, dem Tor zur Taklamakan-Wüste,<br />
in den Sonnenuntergang.<br />
Zur gleichen Zeit drängen sich<br />
vollbeladene Lastwägen und Güterzüge<br />
durch den nahen Gansu-Korridor<br />
Richtung Westen. Dieser geopolitische<br />
Flaschenhals, der zwischen der Wüste<br />
Gobi und dem tibetischen Hochland<br />
den bevölkerungsreichen wohlhabenden<br />
Osten mit dem dünn besiedelten<br />
armen Westen Chinas verbindet,<br />
ist schon seit der Han-Dynastie die<br />
Hauptschlagader der Seidenstraße.<br />
Das sich in der Antike etablierende<br />
eurasische Handelsnetzwerk, dem der<br />
deutsche Geograf und Forschungsreisende<br />
Ferdinand von Richthofen 1877<br />
den legendären Namen verlieh, erlebte<br />
Zeiten unterschiedlicher Intensitäten<br />
und prosperierte insbesondere im Mittelalter<br />
unter den Mongolen. Durch die<br />
ökonomische Eingliederung Amerikas<br />
in die Weltwirtschaft durch Christoph<br />
Kolumbus und die Erschließung des<br />
Seewegs nach Indien und China verlor<br />
das kontinentale Handelsnetzwerk allerdings<br />
seine Bedeutung, obwohl der<br />
Handel nie vollkommen abriss und die<br />
Routen sich bis heute hielten, wie etwa<br />
der Karakorum Highway, der China<br />
und Pakistan quer über das Dach der<br />
Welt verbindet. Dieser Engpass ist<br />
mittlerweile eine entscheidende Komponente<br />
des China-Pakistan Economic<br />
Corridor (CPEC), ein Schlüsselprojekt<br />
der chinesischen Belt and Road Initiative,<br />
weithin bekannt als Neue Seidenstraße.<br />
Der Begriff ist jedoch nicht <strong>neu</strong>. Schon<br />
mehrfach wurde dieser historische<br />
Rückgriff angestrengt, um transeurasische<br />
Transportwege zu bezeichnen.<br />
So wurde ab 1990 die gerade etablierte<br />
Eisenbahnroute der <strong>neu</strong>en eurasischen<br />
Kontinentalbrücke zwischen der ostchinesischen<br />
Hafenstadt Lianyungang<br />
und dem niederländischen Rotterdam<br />
gemeinsam mit der Transsibirischen<br />
Eisenbahn als Neue Seidenstraße bezeichnet.<br />
Als die Europäische Union<br />
1993 den Bau des Transport Corridor<br />
Europe-Caucasus-Asia (TRACECA)<br />
initiierte, ein eurasischer Verkehrskorridor,<br />
der Russland über die Türkei und<br />
den Südkaukasus umgeht, wurde ebenfalls<br />
von der „Wiederherstellung der<br />
historischen Großen Seidenstraße“<br />
gesprochen. Knapp zehn Jahre später<br />
beschlossen Russland, der Iran und Indien<br />
die Errichtung des International<br />
North-South Transport Corridor<br />
(INSTC), der Mumbai mit Moskau<br />
verbinden soll. 2011 versuchten<br />
schließlich die USA mit der New Silk<br />
Road Initiative Zentralasien stärker in<br />
den Weltmarkt einzubinden. Die Pivot<br />
to Asia-Strategie und die forcierten<br />
Verhandlungen zum Freihandelsabkommen<br />
Trans-Pacific Partnership<br />
(TPP), das China ausschloss, brachten<br />
Peking nun unter Zugzwang. Zudem<br />
hatte man aus der globalen Finanzkrise<br />
2009 gelernt, dass man die Abhängigkeit<br />
vom Westen verringern muss, um<br />
die eigene Stabilität zu gewährleisten.<br />
Ende 2013 wurde von Xi Jinping<br />
schließlich One Belt, One Road aus der<br />
Taufe gehoben. Aufgrund allgemeiner<br />
Unklarheiten, wo sich dieser „eine“<br />
Gürtel und diese „eine“ Straße nun befinden<br />
sollten, wurde das Vorhaben bereits<br />
drei Jahre später in Belt and Road<br />
Initiative umbenannt. Diese Entwicklungsstrategie<br />
umfasst sechs Landkorridore,<br />
den sogenannten Silk Road<br />
Economic Belt, und einen Seeweg, die<br />
Maritime Silk Road. Durch Investitionen<br />
in Infrastruktur wie Schienen,<br />
Häfen und Pipelines sollen die Wirtschaftsräume<br />
Asiens, Europas und<br />
Afrikas enger verschränkt werden und<br />
damit über 60 Prozent der Weltbevölkerung<br />
und 35 Prozent der Weltwirtschaft.<br />
China hat dafür Investitionen in<br />
Höhe von mehr als einer Billionen Euro<br />
in Aussicht gestellt, um dadurch die<br />
wirtschaftliche Entwicklung in interes-<br />
HANDELSZENTRUM CHINA<br />
Die Neue Seidenstraße soll das zuletzt gebremste<br />
Wirtschaftswachstum Chinas wieder ankurbeln.<br />
FOTO S : 1 2 3 R F<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L