hinnerk April/Mai 2019
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
12 SZENE<br />
FOTO: JENS HERRNDORFF<br />
FETTES BROT<br />
„ Es ist kein Konzeptalbum, sondern<br />
eine Mottoparty“<br />
Wir haben DIE norddeutschen<br />
Hiphop-Pioniere nicht nur<br />
auf dem Cover, sondern die drei auch<br />
zu einem ausführlichen Interview<br />
getroffen. Ihr neues Album Lovestory<br />
(ab 3. <strong>Mai</strong> überall) ist unserer Meinung<br />
nach das beste Werk von Fettes<br />
Brot und versöhnt alte Fans mit alten<br />
Fans. Wortspiele mögen wir.<br />
Hiphopper als Coverboys auf einem<br />
queeren Magazin – ungewöhnlich?<br />
Björn Beton: Wir haben uns noch nicht<br />
bei der BEEF! beworben. Obwohl die schon<br />
mal ein Cover mit den Worten „Fettes<br />
Brot“ hatten. Das war aber dann nen fetter<br />
Burger.<br />
Doktor Renz: Inhaltlich ist es jetzt ja auch<br />
nicht so eine große Überraschung für eine<br />
Band, die Lieder wie „Schwule Mädchen“<br />
oder jetzt „Opa + Opa“ macht, dass man<br />
von schwulen Magazinen oder Journalisten<br />
gefragt wird zu dem Thema.<br />
Warum macht ihr das?<br />
Doktor Renz: Es sind zwei Bereiche. Es<br />
hat viel mit dem Genre Hiphop zu tun.<br />
„Schwule Mädchen“ ist nicht zuletzt eine<br />
Reaktion auf Homophobie und Sexismus<br />
in der Hiphop-Szene und im Rap gewesen.<br />
Das ist uns schon immer gegen den Strich<br />
gegangen und hat uns genervt. Ich finde<br />
mit „Schwule Mädchen“ haben wir dazu<br />
einen ganz coolen Kommentar gesetzt. Der<br />
andere Bereich ist der: Unser Album heißt<br />
Lovestory und wir haben versucht Liebe<br />
aus möglichst unterschiedlichen Blickrichtungen<br />
zu betrachten, um nicht elf mal das<br />
gleiche zu machen. Eine ganz großartige<br />
und tolle Liebesgeschichte davon ist „Opa<br />
+ Opa“.<br />
Habt ihr euch beraten lassen von<br />
schwulen Freunden oder Wikipedia ?<br />
Doktor Renz: Alles davon!<br />
König Boris: Wir haben schwule Freunde,<br />
was einer der Gründe ist, dass das auch für<br />
uns ein echtes Thema ist. Wir sind aber nicht<br />
so technisch daran gegangen. Der Wortwitz<br />
steht am Anfang, die Brechung, der Humor,<br />
das Unerwartete. Statt Oma und Opa halt<br />
Opa und Opa auf der Bank sitzen zu lassen.<br />
Das ist der Funke, der so eine Idee ins Rollen<br />
bringt. Und dann schreibt man die klassische<br />
Liebesgeschichte dazu. Nur, dass die beiden<br />
im Laufe des Lebens Hürden nehmen<br />
mussten, die heterosexuelle Paare so nicht<br />
nehmen mussten. Wenn es um die Details<br />
ging, haben wir aber auch nachgeguckt.<br />
Damit man keinen Scheiß erzählt.<br />
Björn Beton: Zum Beispiel die Geschichte<br />
auf der Christopher Street ...<br />
... die sich im Sommer zum 50. Mal<br />
jährt. ...<br />
König Boris: ... als hätten wir das so geplant.<br />
Doktor Renz: Das Recherchieren haben<br />
wir auch schon vorher angefangen, zum<br />
Beispiel mussten wir natürlich nachgucken,<br />
wann welche James Bond Filme gelaufen<br />
sind, damit die beiden damals und jetzt im<br />
richtigen Alter sind.<br />
Björn Beton: Wir haben so einen Text als<br />
historische Erzählung vorher noch nicht<br />
gemacht. Das ist schon etwas anders gewesen,<br />
als sonst. Ein bisschen wie Drehbuch<br />
schreiben.<br />
König Boris: Wegpunkte wie die Aids-Krise<br />
haben wir aber auch persönlich schon<br />
miterlebt.<br />
Doktor Renz: Meine Frau hatte zu der Zeit,<br />
als wir an dem Song saßen, eine Stadtführung<br />
durch St. Georg mitgemacht – da<br />
wurde ihr die Geschichte eines Immobilienbesitzers<br />
erzählt, der dort auch schon<br />
zu Zeiten, als es für schwule Pärchen<br />
schwierig war, Wohnungen zu mieten an<br />
sie vermietete. Ein Grund, warum St. Georg<br />
schwuler Stadtteil geworden ist. Das hab<br />
ich den Jungs gleich erzählt und so kam die<br />
Geschichte auch in den Song.