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hinnerk April/Mai 2019

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12 SZENE<br />

FOTO: JENS HERRNDORFF<br />

FETTES BROT<br />

„ Es ist kein Konzeptalbum, sondern<br />

eine Mottoparty“<br />

Wir haben DIE norddeutschen<br />

Hiphop-Pioniere nicht nur<br />

auf dem Cover, sondern die drei auch<br />

zu einem ausführlichen Interview<br />

getroffen. Ihr neues Album Lovestory<br />

(ab 3. <strong>Mai</strong> überall) ist unserer Meinung<br />

nach das beste Werk von Fettes<br />

Brot und versöhnt alte Fans mit alten<br />

Fans. Wortspiele mögen wir.<br />

Hiphopper als Coverboys auf einem<br />

queeren Magazin – ungewöhnlich?<br />

Björn Beton: Wir haben uns noch nicht<br />

bei der BEEF! beworben. Obwohl die schon<br />

mal ein Cover mit den Worten „Fettes<br />

Brot“ hatten. Das war aber dann nen fetter<br />

Burger.<br />

Doktor Renz: Inhaltlich ist es jetzt ja auch<br />

nicht so eine große Überraschung für eine<br />

Band, die Lieder wie „Schwule Mädchen“<br />

oder jetzt „Opa + Opa“ macht, dass man<br />

von schwulen Magazinen oder Journalisten<br />

gefragt wird zu dem Thema.<br />

Warum macht ihr das?<br />

Doktor Renz: Es sind zwei Bereiche. Es<br />

hat viel mit dem Genre Hiphop zu tun.<br />

„Schwule Mädchen“ ist nicht zuletzt eine<br />

Reaktion auf Homophobie und Sexismus<br />

in der Hiphop-Szene und im Rap gewesen.<br />

Das ist uns schon immer gegen den Strich<br />

gegangen und hat uns genervt. Ich finde<br />

mit „Schwule Mädchen“ haben wir dazu<br />

einen ganz coolen Kommentar gesetzt. Der<br />

andere Bereich ist der: Unser Album heißt<br />

Lovestory und wir haben versucht Liebe<br />

aus möglichst unterschiedlichen Blickrichtungen<br />

zu betrachten, um nicht elf mal das<br />

gleiche zu machen. Eine ganz großartige<br />

und tolle Liebesgeschichte davon ist „Opa<br />

+ Opa“.<br />

Habt ihr euch beraten lassen von<br />

schwulen Freunden oder Wikipedia ?<br />

Doktor Renz: Alles davon!<br />

König Boris: Wir haben schwule Freunde,<br />

was einer der Gründe ist, dass das auch für<br />

uns ein echtes Thema ist. Wir sind aber nicht<br />

so technisch daran gegangen. Der Wortwitz<br />

steht am Anfang, die Brechung, der Humor,<br />

das Unerwartete. Statt Oma und Opa halt<br />

Opa und Opa auf der Bank sitzen zu lassen.<br />

Das ist der Funke, der so eine Idee ins Rollen<br />

bringt. Und dann schreibt man die klassische<br />

Liebesgeschichte dazu. Nur, dass die beiden<br />

im Laufe des Lebens Hürden nehmen<br />

mussten, die heterosexuelle Paare so nicht<br />

nehmen mussten. Wenn es um die Details<br />

ging, haben wir aber auch nachgeguckt.<br />

Damit man keinen Scheiß erzählt.<br />

Björn Beton: Zum Beispiel die Geschichte<br />

auf der Christopher Street ...<br />

... die sich im Sommer zum 50. Mal<br />

jährt. ...<br />

König Boris: ... als hätten wir das so geplant.<br />

Doktor Renz: Das Recherchieren haben<br />

wir auch schon vorher angefangen, zum<br />

Beispiel mussten wir natürlich nachgucken,<br />

wann welche James Bond Filme gelaufen<br />

sind, damit die beiden damals und jetzt im<br />

richtigen Alter sind.<br />

Björn Beton: Wir haben so einen Text als<br />

historische Erzählung vorher noch nicht<br />

gemacht. Das ist schon etwas anders gewesen,<br />

als sonst. Ein bisschen wie Drehbuch<br />

schreiben.<br />

König Boris: Wegpunkte wie die Aids-Krise<br />

haben wir aber auch persönlich schon<br />

miterlebt.<br />

Doktor Renz: Meine Frau hatte zu der Zeit,<br />

als wir an dem Song saßen, eine Stadtführung<br />

durch St. Georg mitgemacht – da<br />

wurde ihr die Geschichte eines Immobilienbesitzers<br />

erzählt, der dort auch schon<br />

zu Zeiten, als es für schwule Pärchen<br />

schwierig war, Wohnungen zu mieten an<br />

sie vermietete. Ein Grund, warum St. Georg<br />

schwuler Stadtteil geworden ist. Das hab<br />

ich den Jungs gleich erzählt und so kam die<br />

Geschichte auch in den Song.

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