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Rezension zu: - Verlag für Gesprächsforschung

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1. Einleitung und Überblick<br />

27<br />

„Ich hätte nie gedacht, dass ich so nachlässig spreche― und „Eigentlich wusste ich<br />

das, ich habe es mir aber noch nie klargemacht― waren typische Reaktionen der<br />

ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen der TelefonSeelsorge, wenn sie <strong>zu</strong>m ersten Mal<br />

das Transkript eines eigenen Rollenspiels gesehen und analysiert hatten. Dass eine<br />

Äußerung wie „Könnse nich ma mit ihm redn― einfach normales gesprochenes<br />

Deutsch ist und es eher seltsam wirken würde, wenn man alle in der geschriebenen<br />

Sprache dokumentierten Silben und Konsonanten von „Können Sie nicht mal<br />

mit ihm reden― deutlich artikulieren würde, das musste <strong>zu</strong> Beginn der Fortbildungsgruppen<br />

ausdrücklich thematisiert werden. Hingegen erregte es wenig Erstaunen,<br />

dass man sich mit einem „hm― oder „ja― im Unterschied <strong>zu</strong> „mhm― oder<br />

„jaha― an einer bestimmten Stelle des Gesprächs ausführlich beschäftigen kann.<br />

Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (letztere sind bei weitem in<br />

der Minderzahl) werden sehr sorgfältig ausgebildet und „wissen― de facto viel<br />

über Gespräche; gleichwohl ist ihnen vieles von dem, was sie praktizieren, nicht<br />

bewusst. Sie sind zwar geübt in Selbsterfahrung und in hohem Maße sensibilisiert<br />

<strong>für</strong> emotionale Aspekte von Gesprächen, aber ihnen ist nicht oder nicht vollständig<br />

klar, welche sprachlichen bzw. kommunikativen Phänomene <strong>für</strong> ihre Eindrücke<br />

und Reaktionen verantwortlich sind und durch welche Mittel Gesprächsverläufe<br />

gesteuert werden. Insofern sind gerade in der TelefonSeelsorge ideale<br />

Vorausset<strong>zu</strong>ngen <strong>für</strong> die Arbeit mit Gesprächstranskripten gegeben. Die transkriptgestützte<br />

linguistische Bearbeitung von Gesprächen als eine Methode der Supervision<br />

ermöglicht eine Vertiefung und Ergän<strong>zu</strong>ng des vorhandenen Wissens<br />

und fügt sich nahtlos in das Aus- und Fortbildungskonzept der TelefonSeelsorge<br />

ein.<br />

In diesem Beitrag berichten wir über die Arbeit mit Fortbildungsgruppen in der<br />

TelefonSeelsorge. Am Beispiel konkreter Arbeits<strong>zu</strong>sammenhänge in einer TelefonSeelsorge-Stelle<br />

wollen wir im Einzelnen zeigen, wie wir in diesen Fortbildungsgruppen<br />

gearbeitet haben, welche Rolle die Analyse von Transkripten dabei<br />

gespielt hat und wie wir diese mit einer anderen Supervisionsmethode, der Psychodrama-Arbeit,<br />

verbunden haben. Zugleich möchten wir durch die exemplarische<br />

Analyse von Transkripten auch Anregungen <strong>für</strong> Transkriptarbeit in anderen<br />

Praxisbereichen geben, da wir grundlegende Organisationsprinzipien und Eigenschaften<br />

von Gesprächen beschreiben, die auch <strong>für</strong> andere professionelle und institutionelle<br />

Kontexte relevant sind.<br />

Unser Bericht bezieht sich auf einen Zeitraum von etwa 15 Jahren, in denen in<br />

der TelefonSeelsorge Bielefeld (im Folgenden: TSB) in Fortbildungsgruppen an<br />

Transkripten gearbeitet wurde. Der Schwerpunkt liegt auf Fortbildungsgruppen,<br />

die wir gemeinsam als Mentorinnen in der TSB in den Jahren 1995-1997 geleitet<br />

und in denen wir Transkriptarbeit (Elisabeth Gülich) und Psychodrama (Antje<br />

Krämer) als zwei Methoden der Gesprächssupervision miteinander verbunden haben.<br />

Um den Stellenwert der Transkriptanalyse in der Aus- und Fortbildung der<br />

ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen deutlich <strong>zu</strong> machen, stellen wir <strong>zu</strong>nächst die Institution<br />

TelefonSeelsorge kurz vor (Abschnitt 2), bevor wir die Entwicklung des<br />

Interesses an einer linguistischen Herangehensweise an Gespräche, die Arbeitsweise<br />

in den Fortbildungsgruppen und die dabei behandelten thematischen Aspek-

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