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Rezension zu: - Verlag für Gesprächsforschung

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39<br />

An diesem Transkriptausschnitt lässt sich im Einzelnen nachvollziehen, wie<br />

der Beendigungsprozess schrittweise vor sich geht und interaktiv realisiert wird.<br />

Wunsch-, Dankes- und Grußformeln bilden nur den Abschluss dieses Prozesses.<br />

Das Beendigungsangebot eines Gesprächspartners führt nur dann <strong>zu</strong> einem Gesprächsende,<br />

wenn es vom anderen auch angenommen wird. Manchmal bedarf es<br />

längerer Aushandlungen, bis ein Gespräch tatsächlich beendet wird. Formal leiten<br />

Partikeln wie „gut― oder „ja gut― eine Beendigungsinitiative ein; typische inhaltliche<br />

Elemente der Beendigungssequenz sind ein Rückblick auf das Gespräch<br />

und/oder die Situation vor dem Gespräch, eine Bewertung der Gesprächsqualität<br />

und der Problemlösung oder des Ergebnisses, ein Ausblick auf die Zeit nach dem<br />

Gespräch und auf mögliche Anschlusshandlungen. So wie manche Anrufer/innen<br />

erst spät aufhören an<strong>zu</strong>fangen, fangen manche früh an auf<strong>zu</strong>hören. Die Signale<br />

werden von TS aber nicht immer wahrgenommen oder nicht beachtet, weil TS<br />

selbst vielleicht mit dem bisherigen Ergebnis nicht <strong>zu</strong>frieden ist, sondern noch<br />

mehr erreichen möchte. Manchmal sind es auch die Anrufer/innen, die immer<br />

wieder neue „Nebenschauplätze― eröffnen, um das Gespräch nicht enden <strong>zu</strong> lassen.<br />

Dann ist es Aufgabe von TS, das Gespräch <strong>zu</strong> strukturieren und <strong>zu</strong> einem Ende<br />

<strong>zu</strong> führen, ein deutliches Beendigungssignal <strong>zu</strong> geben, das <strong>für</strong> den/die Anrufer/in<br />

akzeptabel und nicht kränkend ist. Eventuell muss in einem solchen Fall das<br />

Problem der Gesprächsbeendigung ausdrücklich thematisiert werden.<br />

Eine Schwierigkeit anderer Art bedeutet das völlige Fehlen einer Beendigungssequenz,<br />

wenn der Anrufer/die Anruferin das Gespräch ohne Vorankündigung<br />

durch plötzliches Auflegen des Hörers abrupt abbricht. Solche Gesprächsausgänge<br />

sind <strong>für</strong> die TelefonSeelsorger/innen, die ja keine Gründe mehr erfragen können,<br />

besonders belastend; sie führen zwangsläufig <strong>zu</strong> der supervisorischen Frage,<br />

was in der Kommunikation passiert ist, ob Hinweise auf die eigentliche Problematik<br />

überhört wurden und ob sich eine Krise im Gespräch vielleicht sogar schon am<br />

Anfang ankündigte. Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass die Art der Gesprächsbeendigung<br />

rückwirkend viel über das gesamte Gespräch aussagen kann.<br />

3.2.3. Erzählstrukturen und weitere Themen<br />

Neben der Beschäftigung mit den Rändern des Gesprächs, seiner Eröffnung und<br />

Beendigung, gab es eine ganze Reihe weiterer Themen, die wir in unseren Gruppen<br />

mehr oder weniger regelmäßig behandelt haben, weil die Teilnehmer/innen<br />

sie als besonders einschlägig ansahen. Da<strong>zu</strong> gehörten z.B. Stimme und Sprechweise,<br />

der Umgang mit Pausen, die Darstellung emotionaler Beteiligung, Verfahren<br />

der Relevanzset<strong>zu</strong>ng, Kategorisierungen und Rollenkonstitution (vgl. Gülich/Kastner<br />

1999), Zuhöreraktivitäten und Verständigungssicherung (vgl. Behrend/Gülich/Kastner<br />

1992). Wir können hier nicht in der gebotenen Ausführlichkeit<br />

auf alle diese Themen eingehen. Exemplarisch stellen wir das Thema Erzählstrukturen<br />

vor; es bildete einen eigenen Schwerpunkt in unserer Arbeit, da Erzählen<br />

in den sprachlichen Aktivitäten der Anrufer/innen eine zentrale Stellung einnimmt<br />

– ein großer Teil der Gespräche besteht schließlich aus dem Erzählen von<br />

Problemen. 14<br />

14 Zur Einführung in die konversationsanalytische Arbeit an Erzählungen vgl. Gülich/Mondada<br />

(2008: Kap. 9). In Behrend/Gülich/Kastner (1992: 111-114) wird ein Beispiel aus einer Fort-

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