03.04.2019 Aufrufe

crazy4dogs mit all4pets inside – Frühlingsausgabe 2019

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

DOGS 36 37<br />

frei entscheiden, wer sich wie und wohin bewegen darf,<br />

oder eben nicht. Sie können sich sicher vorstellen, dass<br />

auch diese Eigenschaft nicht unbedingt zu mehr Toleranz<br />

beiträgt.<br />

Semmerl ist heute ca. zwei Jahre alt und über Erziehung<br />

und viel Training wirklich gut kontrollierbar für<br />

mich. Einigen Situationen geh ich aus dem Weg, andere<br />

suche ich bewusst, um sie auch trainieren zu können.<br />

»EIN HUND MUSS<br />

ANDERE FREMDE<br />

HUNDE NICHT<br />

MÖGEN, ABER ER SOLL<br />

SIE TOLERIEREN.«<br />

› MIT IHREN HUNDEKUMPELS IST<br />

SEMMERL EIN SONNENSCHEIN.<br />

› MISCHLINGSHÜNDIN „SEMMERL“ IST HEUTE ETWA ZWEI JAHRE ALT.<br />

ihre Zigarette austreten, die Ärmel hochkrempeln und<br />

sich den nettesten Hund suchen, um ihn zu dissen. Sie<br />

würde ihm erst staksig den Weg abschneiden und dann<br />

auf den ersten Fehler warten, um mal ordentlich drüberzubügeln.<br />

Tut sie aber nicht, weil sie weiß, dass das<br />

unsozial ist und bei mir nicht sonderlich gut ankommt.<br />

Ich habe ihr also erzieherisch über viel Training beigebracht,<br />

dass sie in solchen Situationen lieber ausweichen<br />

und/oder sich beherrschen soll. Ich rufe sie also<br />

zu mir oder nehme sie an die Leine, wenn ich etwa sehe,<br />

dass a) ein zweiter „Asi“ aufmarschiert oder b) der andere<br />

Hund nicht erzogen ist. Bei dem Thema ist Semmerl<br />

nämlich so intolerant wie ich. Man bekommt halt immer<br />

den Hund, den man verdient.<br />

› MIT VERTRAUTEN HUNDEN<br />

IST SEMMERL GANZ ENG<br />

Als ich meine Mischlingshündin bekam <strong>–</strong> ich sollte anfänglich<br />

nur Pflegestelle sein (Spoiler: ich hab sie eigentlich<br />

nicht behalten, weil sie so nett war) <strong>–</strong>, hab ich<br />

sie auf meiner Trainingswiese <strong>mit</strong> meiner alten Hündin<br />

bekannt gemacht. Und es lief zunächst alles harmonisch<br />

ab. Dann habe ich Semmerl gestreichelt, als<br />

meine heute bereits verstorbene „Abbey“ (Gott hab sie<br />

selig) auch herantrottete. Noch sediert von ihrer Flugreise<br />

und wirklich keine fünf Minuten vor Ort, wurde<br />

Semmerl Abbey gegenüber steif und befand, dass sie<br />

mich <strong>mit</strong> ihren sieben Monaten nicht <strong>mit</strong> Abbey teilen<br />

müsste. Natürlich hab ich sie dafür nicht weiter geherzt<br />

und ihr Verhalten auch bereits im Ansatz unterbrochen.<br />

Mir war da bereits klar: Die junge Dame ist nicht ohne.<br />

Und ich sollte Recht behalten.<br />

Semmerl ist obendrein auch noch sehr sozial motiviert,<br />

das heißt, sie macht sich viel aus sozialen Verbindungen.<br />

Sie würde dazu tendieren, deswegen mich und andere<br />

auch ständig zu kontrollieren (was ich sie aber natürlich<br />

nicht ausleben lasse); wenn ihr da mal ein Hund<br />

nicht ins Konzept passt, ist das natürlich umso schlechter.<br />

Obendrein ist sie auch noch sehr territorial eingestellt,<br />

hat also ein hohes Bewusstsein für den Bereich,<br />

in dem sie lebt oder sich unter Umständen gerade auch<br />

befindet. Heißt: Sie ist recht wachsam und würde gerne<br />

© Conny Sporrer<br />

Am Ende das Tages hab ich sie natürlich ganz lieb und<br />

schätze ihre vielen Vorzüge, aber <strong>mit</strong> anderen Hunden<br />

ist und bleibt sie eine Asoziale. Sie muss andere fremde<br />

Hunde auch nicht mögen, sie soll sie aber tolerieren. Sie<br />

hat zwei Hände voller richtig guter Kumpels und kann<br />

da<strong>mit</strong> auch glücklich ihr Bedürfnis nach Sozialkontakt<br />

ausleben.<br />

Wenn Semmerl tatsächlich <strong>mit</strong> ihrem knuffigen Aussehen<br />

bestochen hätte und bei jemandem gelandet wäre,<br />

der ihr nicht so viel Konsequenz in der Einhaltung von<br />

Regeln beigebracht hätte <strong>–</strong> oh, da hätte jemand Spaß.<br />

Ich will natürlich da<strong>mit</strong> nicht sagen, dass ich die einzig<br />

geeignete Halterin für sie war, aber die Luft wird schon<br />

dünner, wenn es darum geht, disziplinierte, reflektierte<br />

Menschen zu finden, die sich auf solche Herausforderungen<br />

einlassen möchten.<br />

. C4D BUCHTIPPS<br />

Was ich <strong>mit</strong> all diesen Erzählungen sagen will? Semmerl<br />

und einige andere Hunde sind halt einfach so gestrickt.<br />

Ihre Erfahrungen und das gute Gefühl, das dann auftritt,<br />

bestärkt sie obendrein oft noch in ihrem asozialen<br />

Tun. Verhaltensbiologe Udo Gansloßer bezeichnet dieses<br />

Phänomen auch gerne als „Obelix-Syndrom“, weil es<br />

dem einfach Spaß macht, Römer zu vermöbeln ...<br />

Macht der Mensch dann jedenfalls auch noch ein paar<br />

Fehler bei der Erziehung und in der Beziehung, ist das<br />

Chaos perfekt. ABER: Es ist nicht immer der Halter<br />

schuld! Vielleicht auch ein unseriöser Züchter, der bei<br />

der Verpaarung der Eltern den Fokus auf die Optik und<br />

nicht auf das Wesen gerichtet hat. Aber das zu pauschalisieren<br />

wäre falsch. Es gibt einfach auch ein paar doofe<br />

Hunde (auch, wenn manche das nicht akzeptieren wollen).<br />

Nichtsdestotrotz müssen wir gerade solche Kandidaten<br />

umso besser erziehen und trainieren, um sie zu<br />

vorbildlichen Begleitern in unserer Gesellschaft zu machen.<br />

Und uns auch einfach mal eingestehen:<br />

Nodoggy is perfect.<br />

» DAS STURKOPF-ERZIEHUNGSBUCH<br />

Von Petra Krivy und Angelika Lanzerath,<br />

Müller Rüschlikon Verlag<br />

» WAS ES HEISST, EIN HUND ZU SEIN<br />

Die Welt aus Hundesicht<br />

Von Karen Wild, Ulmer Verlag<br />

»

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!