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KATZEN<br />
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› SO WIE DIESE SCHÖNHEIT SCHNURREN VIELE KATZEN, WENN SIE ZUFRIEDEN SIND. › KATZEN SCHNURREN ZUM BEISPIEL WÄHREND DER GEBURT. MAN NIMMT AN,<br />
DASS UNSERE SAMTPFOTEN SICH DADURCH SELBST BERUHIGEN.<br />
elastische Zungenbeine. Eklund findet diese Erklärung<br />
unschlüssig. „Das Zungenbein kann nicht als Kriterium<br />
verwendet werden. Denn der Schneeleopard als fünfte<br />
Großkatze besitzt kein komplett verknöchertes Zungenbein,<br />
kann aber nicht brüllen und wahrscheinlich ebenso<br />
wenig schnurren.“ Ob der Schneeleopard schnurre,<br />
sei bis heute nämlich nicht bewiesen. Zumindest gäbe es<br />
keine entsprechende Tonaufnahme.<br />
Eine These, die während der Sechzigerjahre aufgestellt<br />
wurde, meinte, eine andere Erklärung gefunden zu haben:<br />
Blutwallungen in der hinteren Hohlvene würden<br />
beim Durchlaufen des Zwerchfells unter Bewegung<br />
der Muskeln zusammengepresst. Das wiederum führe<br />
zu Schwingungen, die durch Bronchien und Kehlkopf<br />
verstärkt würden. 1985 wurde diese Theorie laut Eklund<br />
allerdings widerlegt.<br />
Eine weitere Hypothese des Schnurrens bringt die<br />
Stimmbänder ins Spiel: Die Gruppe der brüllenden Feliden<br />
weist nämlich zwei kleine Hautfalten an ihren<br />
Stimmbändern auf, welche hinter den ‚echten‘ Stimmbändern<br />
liegen. Beim Atmen werden diese in Schwingung<br />
versetzt. Eklund hat auch an dieser Theorie<br />
Zweifel. „Da<strong>mit</strong> ist noch nicht erklärt, warum manche<br />
schnurrenden Katzen diese Falten ebenfalls besitzen.“<br />
Nach Angaben des Schnurr-Experten wissen wir über<br />
das wohlige Brummen definitiv nur, dass Schnurren wie<br />
menschliche Sprache durch Luftströme aus den Lungen<br />
erzeugt wird. „Die Töne passieren den Rachen und in der<br />
Regel die Nase“, verdeutlicht Eklund und merkt scherzhaft<br />
an: „Mit offenem Maul scheint es sich aber nicht gut<br />
zu schnurren.“ Bisher sei noch kein Wissenschaftler Zeuge<br />
einer <strong>mit</strong> offenem Maul schnurrenden Katze geworden.<br />
„Daher ist es unmöglich zu sagen, ob Schnurren <strong>mit</strong><br />
offenem Maul überhaupt möglich ist oder nicht.“<br />
SCHNURREN IN JEDER LEBENSLAGE<br />
Zumindest wissen wir heute relativ sicher, warum Katzen<br />
schnurren. Auch hier herrscht Vielfalt: Die wohligen<br />
Töne variieren in der Tonlage entsprechend ihrer<br />
Bestimmung. Für die Kommunikation, insbesondere<br />
um des Menschen Aufmerksamkeit zu erregen, schnurren<br />
Katzen zum Beispiel in der Regel in höheren Lagen,<br />
während sie als Ausdruck des Wohlbefindens und zur<br />
Beschwichtigung eher die tieferen Töne anstimmen. Mit<br />
dem Schnurren fangen Katzen bereits kurz nach ihrer<br />
Geburt an. So schnurren die Kleinen während des Nuckelns<br />
beim Milchtritt, um ihr Wohlbehagen zu signalisieren.<br />
Gleichzeitig ver<strong>mit</strong>teln sie da<strong>mit</strong> der Mutter, dass<br />
alles in Ordnung ist. Etwas später schnurren die Kätzchen<br />
dann, um vorzugsweise ältere Artgenossen zum<br />
Spiel aufzufordern. Im Erwachsenalter schnurren die<br />
Samtpfoten, um Artgenossen zu zeigen, dass sie keine<br />
Bedrohung darstellen. Ferner schnurren sie zur Begrüßung<br />
ranghöherer und rangniederer Tiere. Rangniedrige,<br />
kranke und schwache Samtpfoten dagegen schnur-<br />
Vor kurzem konnte Eklund die aktuellste These übers<br />
Schnurren untermauern. Er wies nach, dass die Amplitude<br />
des maximalen Schnurrens nahe dem Maul und der<br />
Nase liegt. Nach der sogenannten „Kehlkopf-Hypothese“<br />
Gerald Weissengrubers von der Veterinärmedizinischen<br />
Universität Wien entsteht Schnurren durch rasches Zucken<br />
der Kehlkopfmuskeln und des Zwerchfells. Diese<br />
Muskeln würden beim Schnurren in Bewegung gesetzt,<br />
was eine rhythmische Abfolge von Lautäußerungen entstehen<br />
ließe. „Neueste Forschung scheint auf weitere<br />
Faktoren hinzuweisen, die beim Schnurren eine Rolle ren, um eine andere Katze zu beschwichtigen.<br />
dienberichte zum Thema.<br />
«<br />
© photosforyou / pixabay.com<br />
spielen“, fügt Eklund hinzu. Diese seien derzeit jedoch<br />
noch nicht veröffentlicht.<br />
Entgegen landläufiger Meinung schnurren Katzen nicht<br />
nur vor sich hin, wenn sie zufrieden sind. Desgleichen<br />
schnurren sie, wenn sie gestresst sind, Schmerzen<br />
empfinden oder im Sterben liegen. Oftmals schnurren<br />
Katzen zum Beispiel während der Geburt. Man nimmt<br />
an, dass unsere Samtpfoten sich dadurch selbst beruhigen<br />
und vor allem die tiefen Schnurrfrequenzen der<br />
Eigentherapie dienen könnten. Denn Katzen schnurren<br />
sozusagen in therapeutischer Frequenz. Die Anzahl<br />
der Schwingungen einer Schallwelle pro Sekunde kann<br />
zwar zwischen 20 Hertz und 150 Hertz schwanken, zumeist<br />
schnurren Katzen jedoch zwischen 25 bis 50 Hertz.<br />
Studien haben gezeigt, dass genau diese Frequenzen<br />
Schmerzen verringern, heilende Wirkung auf Knochenbrüche<br />
und Wundheilung haben und sogar das Muskelwachstum<br />
fördern können <strong>–</strong> alles Gründe, warum<br />
wir Menschen das Schnurren als besonders angenehm<br />
empfinden. Der Grundton des Schnurrens ist bei jeder<br />
Katze übrigens individuell und bleibt ihr ein Leben lang<br />
erhalten. Je nach der Größe und dem Gewicht der Katze<br />
variiert er jedoch in der Grundtonlage.<br />
Nur ums Schnurren geht es auf www.purring.org. Hier<br />
finden Sie zahlreiche Studien, Tonaufnahmen und Me-