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KATZEN 64<br />
65<br />
Das Geheimnis des<br />
Schnurrens<br />
KATZEN SCHNURREN, WÄHREND SIE LIEGEN, LAU-<br />
FEN UND ATMEN. SELBST BEIM MIAUEN GEBEN SIE<br />
DAS SCHMEICHELHAFTE BRUMMEN VON SICH. ES<br />
KANN LEISE ODER LAUT, HOCH ODER TIEF, KURZ<br />
ODER LANG SEIN. SCHNURREN IST SO VIELFÄLTIG<br />
WIE SEINE GRÜNDE. NUR EINS IST NOCH IMMER<br />
NICHT GANZ KLAR: WIE KATZEN DIESES GERÄUSCH<br />
ÜBERHAUPT PRODUZIEREN. Von Regina Röttgen<br />
Entfernung noch schnurren hören.“ Wenn Cains donnerndes<br />
Timbre auch besonders gut hörbar ist, so kennt<br />
doch jeder Katzenbesitzer das wohlige, sanft rollende<br />
„rrr“ seines Stubentigers, welches von einer fühlbaren<br />
Vibration an Hals und Brustkorb begleitet wird. Selbst<br />
äußerst leises Schnurren erzeugt noch für uns spürbare<br />
Schwingungen. Katzen können das Schnurren übrigens<br />
ununterbrochen für ganze zwei Stunden fortführen!<br />
Für Eklund ist Schnurren der beruhigendste Ton der<br />
Welt. Eine wissenschaftliche Definition für Schnurren<br />
gibt es laut dem Experten allerdings bisher keine. „Am<br />
besten wurde das Schnurren 2002 von Peters als ‚andauernde<br />
Lautproduktion während des wechselnden einund<br />
ausatmenden Luftstroms der Lungen‘ beschrieben.“<br />
VIELE THESEN <strong>–</strong> KEIN BEWEIS<br />
Ebenso wenig konnte sich die Fachwelt auf die Erzeugungsweise<br />
des Schnurrens einigen. „Wie das Markenzeichen<br />
unserer Feliden überhaupt zustande kommt,<br />
ist noch immer unklar“, erklärt Eklund weiter. Geht es<br />
um die wissenschaftliche Definition des Schnurrens,<br />
scheiden sich die forschenden Geister: Verschiedene<br />
Theorien ziehen unterschiedliche Organe und physiologische<br />
Vorgänge in Betracht. Ferner gibt es Abwei-<br />
chungen unter den Feliden. Während Leopard, Löwe<br />
und Tiger nur beim Ausatmen schnurren, besitzen sie<br />
die zusätzliche Fähigkeit zu brüllen. Letzteres wiederum<br />
beherrschen bekanntlich unsere Stubentiger<br />
nicht. Dafür schnurren sie aber nicht nur beim Ausatmen,<br />
sondern auch beim Einatmen. Vor fast 200 Jahren<br />
wurde deswegen die Unterscheidung der Katzenfamilie<br />
in schnurrende und nicht schnurrende Katzen<br />
aufgestellt. Sie gilt bis heute.<br />
Verantwortlich für dieses Phänomen innerhalb der<br />
Katzenfamilie ist der Zungenbeinapparat, ein u-förmiges<br />
Knöchelchen am Zungenansatz, das die Zunge <strong>mit</strong><br />
dem Schädel verbindet. „Bei der Gruppe der brüllenden<br />
Katzen ist das Zungenbein nicht ganz verknöchert. Bei<br />
den schnurrenden hingegen, die nicht brüllen können,<br />
ist es komplett verknöchert“, erläutert Eklund den anatomischen<br />
Hintergrund.<br />
Manche Wissenschaftler argumentieren demzufolge,<br />
dass die Fähigkeit zum Schnurren und Brüllen im Zungenbein<br />
verankert ist: Beim Atmen reibe die eingesogene<br />
Luft an diesem Knochen vorbei, was zum Schnurrton<br />
führe, wenn das Zungenbein, wie im Falle unserer Hauskatzen,<br />
verknöchert sei. Großkatzen hingegen hätten<br />
«<br />
› RANGHÖHEREN UND UNBEKANNTEN<br />
ARTGENOSSEN ZOLLEN KATZEN DURCH<br />
SCHNURREN RESPEKT UND VERMITTELN<br />
IHNEN SO, DASS SIE NICHTS<br />
BÖSES IM SINN HABEN.<br />
Kater Merlin schnurrt offiziell am geräuschvollsten.<br />
Seit vier Jahren hält die britische Samtpfote ihren Titel<br />
der am lautesten schnurrenden Hauskatze der Welt.<br />
Damals ergab die Analyse der Mitarbeiter von Guinness<br />
World Records, dass Merlin <strong>mit</strong> einem rekordbrechenden<br />
Geräuschpegel von 67,8 Dezibel schnurrt. Das soll so<br />
laut sein, wie ein vorbeifahrendes Auto!<br />
Dr. Robert Eklund hält dies für Unsinn. Der Phonetiker<br />
und Linguist von der Linköping Universität in Schweden<br />
ist „Schnurr-Experte“. Seit mehreren Jahren beschäftigt<br />
er sich intensiv <strong>mit</strong> dem bekanntesten Merkmal unserer<br />
Katzen. „Dezibel-Werte sind unbrauchbar, solange kein<br />
professionelles Equipment benutzt und der Abstand zur<br />
Geräuschquelle genauestens angegeben wird“, meint Eklund.<br />
Beides scheint bei Merlin nicht der Fall gewesen<br />
zu sein. „Schon fünf Zentimeter machen einen enormen<br />
Unterschied aus.“ Laut Eklund sei folglich ein Vergleich<br />
<strong>mit</strong> anderen Geräuschquellen sowieso unmöglich.<br />
„DER BERUHIGENDSTE TON DER WELT“<br />
Die meisten unserer Hauskatzen schnurren zwar sicherlich<br />
nicht so laut wie Merlin. Doch ist deutlich vernehmbares<br />
Schnurren in der Welt der Samtpfoten durchaus<br />
nicht ungewöhnlich. Manchmal kann es extrem laut<br />
sein. Bei Eklund sticht das Schnurren eines Tiers unter<br />
seinen bisherigen Aufnahmen <strong>mit</strong> Großkatzen heraus:<br />
„Die Gepardin Caine konnte ich sogar aus 50 Metern<br />
© ingimage.com, rihaij / pixabay.com