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Unser neues AKKU ist da. - Lebenshilfe Minden e.V.

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hört. „Ich weiß von anderen, <strong>da</strong>ss meine Tochter<br />

gar nicht ans Telefon geht, wenn sie meine<br />

Nummer auf dem Display sieht.“<br />

Dickkopf hin, Dickkopf her. Karin Schwier und<br />

ihr Mann wissen inzwischen aber, <strong>da</strong>ss ihre<br />

Tochter gut ohne sie klarkommt. Stefanie führt<br />

nämlich manchmal Selbstgespräche, und als<br />

sie mal zu Hause war und in ihrem alten Zimmer<br />

stand, habe sie zu sich gesagt: „Ich kann<br />

immer nach Hause zurück. Aber ich will ja gar<br />

nicht.“ Ein anderes Mal mussten die Eltern<br />

sich von ihrer Tochter sagen lassen: „Was soll<br />

ich denn hier, hier <strong>ist</strong> doch nichts los.“ Karin<br />

Schwier nimmt es mit Humor und lacht, wenn<br />

sie <strong>da</strong>von erzählt.<br />

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten<br />

Eine andere Perspektive steuert Daniel Brüll<br />

bei. Der Pfarrer in Hille <strong>ist</strong> Vater von vier Kindern.<br />

Sein ältester Sohn David <strong>ist</strong> 29 Jahre alt<br />

und Aut<strong>ist</strong>. „David sagt oft, ich habe Eltern, ich<br />

brauche nicht weg“, erzählt der Vater. Das respektieren<br />

die Brülls und versuchen dennoch,<br />

seine Selbstständigkeit zu fördern. David hat<br />

eine Einliegerwohnung im Haus der Eltern.<br />

Nach einer schwierigen Kindheit, in der alle in<br />

der Familie mühsam lernen mussten, mit der<br />

Entwicklungsstörung des Jungen zu leben,<br />

fühlen sich Vater und Mutter heute auf gutem<br />

Kurs. „David hat sich ganz toll entwickelt. Wir<br />

sind sehr froh <strong>da</strong>rüber“, berichtet Daniel Brüll.<br />

Der junge Mann öffne sich mehr als früher<br />

für seine Umwelt. „Obwohl er es mag, allein<br />

zu sein, geht David zum Beispiel gern in die<br />

Kochgruppe der <strong>Lebenshilfe</strong>“, erzählt der Vater.<br />

Dort fühle er sich wohl. Daniel Brüll und<br />

seine Frau hoffen, <strong>da</strong>ss David bis zu ihrem Tod<br />

so gute Fortschritte gemacht hat, <strong>da</strong>ss er ambulant<br />

betreut wohnen kann.<br />

Etwas aufgeregt <strong>ist</strong> Monika Prange, wenn sie<br />

von ihrem Sohn Lucas erzählt. Für sie und ihren<br />

Mann und natürlich auch für den 19-Jährigen<br />

beginnt im August ein neuer Lebensabschnitt.<br />

„Lucas zieht in eine kleine Wohngemeinschaft<br />

nach Frille.“ Der junge Mann, der auf dem Hof<br />

Klanhorst arbeitet, <strong>ist</strong> Aut<strong>ist</strong> und Epileptiker.<br />

„Wir hatten uns eigentlich <strong>da</strong>rauf eingestellt,<br />

<strong>da</strong>ss er erst in zwei oder drei Jahren von zu<br />

Hause weggeht. Aber auf einmal ging alles<br />

ganz schnell“, erzählt die Landwirtin. Die <strong>Lebenshilfe</strong><br />

hatte angerufen und gesagt, <strong>da</strong>ss es<br />

diese Wohnmöglichkeit gebe und die Familie<br />

sich schnell entscheiden müsse. Man merkt<br />

ihr an, <strong>da</strong>ss sie sich erst noch an den Ge<strong>da</strong>nken<br />

gewöhnen muss. Andererseits <strong>ist</strong> sie<br />

erleichtert. „Er kennt dort alle Bewohner und<br />

auch mit den Betreuern hat er schon seit mehreren<br />

Jahren zu tun.“ Das sind ausgesprochen<br />

günstige Faktoren für einen aut<strong>ist</strong>ischen Menschen.<br />

Das weiß die Mutter. Leichter macht es<br />

ihr die Erfahrung, <strong>da</strong>ss behinderten Kindern<br />

enorme Entwicklungsschritte ermöglicht werden,<br />

wenn die Eltern sie loslassen. „Die Kinder<br />

würden doch sonst unheimlich viel vom Leben<br />

verpassen“, meint die Petershägerin. Ihr <strong>ist</strong><br />

es wichtig, in dem Punkt anderen Vätern und<br />

Müttern Mut zu machen.<br />

Und so gehen die Jahre <strong>da</strong>hin. Aus Kindern<br />

werden Leute. Aus Kinderzimmern werden<br />

Bügelzimmer, wie bei den Schwiers. Urlaubsreisen<br />

ohne Kinder stehen auf einmal wieder<br />

an, wie bei den Pranges. „Der erste Urlaub zu<br />

zweit nach 24 Jahren“, erzählt die Bäuerin und<br />

kann es selber noch nicht so richtig fassen.<br />

Ihre beiden anderen Kinder – 17 und 22 Jahre<br />

- sind auch <strong>da</strong>bei, sich abzunabeln. „Aber bei<br />

denen <strong>ist</strong> <strong>da</strong>s irgendwie einfacher. Die bleiben<br />

irgendwann länger weg, machen immer mehr<br />

ihr eigenes Ding. Da hatte ich mehr Zeit, mich<br />

<strong>da</strong>ran zu gewöhnen“, stellt sie rückblickend<br />

fest.<br />

Fun<strong>da</strong> Baume<strong>ist</strong>er versucht zu trösten. „Auch<br />

wenn die Kinder nicht mehr im Haus sind,<br />

bleiben schöne Rituale bestehen. Meine Fides<br />

und ich treffen uns immer samstags in der<br />

Stadt, gehen bummeln oder trinken etwas zusammen.“<br />

Ute Michels<br />

Magazin<br />

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