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ME2BE CAMPUS 2019/01

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Im Schiffsführungssimulator in Flensburg<br />

führt Claas ein Containerschiff durch den<br />

Atlantik; im Kieler Robotik-Raum bestückt<br />

Lasse eine Platine mit Dioden, um sie später<br />

im Soundlabor zu testen; im Lübecker<br />

Umwelt-Labor erforscht Kaína hygiene- und<br />

umweltverfahrenstechnische Lösungen. Drei<br />

Beispiele aus dem Alltag von FH-Studierenden<br />

in Flensburg, Kiel und Lübeck. „Es ist das<br />

praxisorientierte Studieren in überschaubaren<br />

Gruppen, das mir an meinem Fachhochschulstudium<br />

gut gefällt“, sagt Malte aus Kiel, Studierender<br />

der Angewandten Informatik. „Ich<br />

möchte nicht täglich in überfüllten Hörsälen<br />

sitzen und mir das Wissen anschließend vorwiegend<br />

aus Büchern erarbeiten. Ich schätze<br />

es, mit anderen Studierenden im Team an Projekten<br />

praktisch zu arbeiten und in gut ausgestatteten<br />

Laboren zu üben. Dazu kann ich<br />

jederzeit meinen Professor ansprechen, der<br />

über eine langjährige berufliche Erfahrung in<br />

jener Branche verfügt, in der ich später arbeiten<br />

möchte!“<br />

FH-Studiengänge liegen im Trend. Nicht<br />

Hörsäle, Formeln oder Fußnoten begeistern<br />

FH-Studierende, sondern angewandte Wissenschaften<br />

in FabLabs, Teams und Fallstudienprojekten.<br />

Etwas weniger Theorie, deutlich<br />

mehr Praxis – für viele Studieninteressierte<br />

der Generationen Y und Z ein attraktives<br />

Hochschulpaket.<br />

Warum gibt es<br />

Fachhochschulen?<br />

desländer in der Kultusministerkonferenz das<br />

„Abkommen der Länder in der Bundesrepublik<br />

Deutschland zur Vereinheitlichung auf dem<br />

Gebiet des Fachhochschulwesens“. In Artikel<br />

1 heißt es:<br />

„Die Fachhochschulen sind eigenständige<br />

Einrichtungen des Bildungswesens im Hochschulbereich,<br />

die in mindestens einer der<br />

durch Vereinbarung der Ständigen Konferenz<br />

der Kultusminister anerkannten Fachrichtung<br />

ausbilden. Sie vermitteln eine auf<br />

wissenschaftlicher Grundlage beruhende<br />

Bildung, die zur staatlichen Abschlußprüfung<br />

führt und zu selbständiger Tätigkeit<br />

im Beruf befähigt.“<br />

10 Gründe für den FH-Boom<br />

Gründe für den derzeitigen Boom an deutschen<br />

Fachhochschulen gibt es viele. Hier<br />

zehn Beispiele: 1.) Das potenzielle Klientel<br />

hat sich mehr als verdoppelt. Heute absolvieren<br />

etwa 50 Prozent eines Jahrganges die<br />

Hochschulreife, in den 1970er Jahren waren<br />

es nur rund 20 Prozent. 2.) Der „Bologna-Prozess“<br />

(seit 1999) führte zu einer europaweiten<br />

Vereinheitlichung von Studiengängen<br />

und somit zu gleichwertigen Bachelor- und<br />

Masterabschlüssen an FHs und Universitäten.<br />

3.) Einstiegsgehälter von Universitätsabsolventen<br />

liegen nicht mehr deutlich über denen<br />

von FH-Absolventen. 4.) Der Bachelorgrad<br />

qualifiziert bereits nach 6 bis 8 Semestern<br />

zum Berufseinstieg in vielen Branchen. 5.)<br />

Die gleichwertige Kombination aus Theorie<br />

und Praxis entspricht dem Lebensgefühl der<br />

jüngeren Generation, die Abwechslung sucht<br />

und praktische Anwendung schätzt. 6.) Das<br />

Studieren in überschaubaren Seminargruppen<br />

in familiärer Campus-Atmosphäre wird unter<br />

Studieninteressierten der anonym wirkenden<br />

Hörsaal-Atmosphäre mit hoher Vorlesungsfrequenz<br />

vorgezogen. 7.) Kleinere Studierendenzahlen<br />

ermöglichen eine intensivere<br />

Betreuung durch die Dozenten. 8.) Die höhere<br />

Dichte von Fachhochschulen begünstigt die<br />

Entscheidung vieler Schulabgänger, in der<br />

heimatlichen Region zu studieren. 9.) Professorinnen<br />

und Professoren an Fachhochschulen<br />

legen einen Schwerpunkt auf die Lehre und<br />

gelten aufgrund ihrer mehrjährigen beruflichen<br />

Tätigkeit in der Wirtschaft als Experten<br />

für Wissenstransfer. 10.) FH-Studierenden bieten<br />

sich in Praxissemestern und Fallstudienprojekten<br />

die frühzeitige Möglichkeit, öffentliche<br />

und private Arbeitgeber kennenzulernen<br />

und berufliche Netzwerke aufzubauen.<br />

Fachhochschule (FH)<br />

Die Fachhochschule (FH) ist eine auf wissenschaftlicher<br />

Grundlage basierende Hochschulform, die eine<br />

anwendungsorientierte Lehre und Forschung betreibt. Das<br />

Studienangebot erstreckt sich über ingenieur-, natur-, sozial-,<br />

wirtschafts-, gesundheits- und rechtswissenschaftliche<br />

sowie technische und gestalterische Studiengänge und<br />

wird mit einem akademischen Grad abgeschlossen.<br />

Über die Hochschule Flensburg zum Kapitänspatent … im<br />

Studium Seeverkehr, Nautik und Logistik.<br />

Die „staatliche Fachhochschule“ ist ein Kind<br />

der 1960er Jahre und war unter anderem eine<br />

Antwort auf die Forderung der Wirtschaft, die<br />

Grundlagen für eine verbesserte Qualifikation<br />

von Fachkräften zu schaffen. Im Kern bemängelten<br />

private und öffentliche Arbeitgeber,<br />

dass Absolventen mit Universitätsabschluss<br />

nach einer langen Studienzeit zusätzlich<br />

lange Einarbeitungszeiten benötigten, da sie<br />

kaum über praktische Erfahrungen verfügten.<br />

Auch die Anerkennung von Abschlüssen,<br />

zum Beispiel Diplome von Ingenieurschulabsolventen<br />

innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft<br />

(EWG), war eine Streitfrage.<br />

Am 31. Oktober 1968 beschlossen die<br />

Ministerpräsidenten der westdeutschen Bun-<br />

Eigenständig, wissenschaftlich fundiert, staatlich<br />

anerkannt, berufsbildend – mit den FHs<br />

revolutionierte der Gesetzgeber das bundesdeutsche<br />

Hochschulwesen und schuf nach<br />

rund 500 Jahren wissenschaftlicher Alleinherrschaft<br />

eine zweite, von Universitäten<br />

unabhängige Hochschulform. Bewusste Neuerung:<br />

Nicht allein das Abitur qualifiziert für<br />

ein FH-Studium, sondern auch die nachgewiesene<br />

Fachhochschulreife nach Abschluss der<br />

12. Klasse, das Fachabitur oder eine abgeschlossene<br />

Berufsausbildung. Ziele: breiterer<br />

Zugang zu akademischer Lehre und Forschung,<br />

Abbau eines traditionellen Elitedenkens, kürzere<br />

Studienzeiten, anwendungsorientierte<br />

Wissenschaft zur Unterstützung der Fach- und<br />

Das Wesen von Fachhochschulen liegt in der<br />

Anwendung wissenschaftlicher Theorien … zum<br />

Beispiel mit VR-Brillen und an Rechnern im<br />

Studium Angewandte Informatik.<br />

Führungskräfteausbildung. Einzige Fußfessel:<br />

Das Promotionsrecht obliegt bis heute allein<br />

den Universitäten. Noch, denn der Widerstand<br />

der Fachhochschulen wird stärker, und<br />

in vielen Fällen bieten Kooperationen mit<br />

benachbarten Universitäten bereits heute ein<br />

unbürokratischeres Promotionsverfahren für<br />

FH-Absolventen.<br />

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