ME2BE CAMPUS 2019/01
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Akademischer Aufstand<br />
Fridays for Future erhält Unterstützung aus der Forschung<br />
Text Lutz Timm<br />
Fotos Florian Kolmer,<br />
Illona Frey/Pixabay<br />
Rückendeckung von den „Profis“: Rund 27.000 Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler haben sich als „Scientists for Future“ den<br />
aktuellen Schülerprotesten angeschlossen. In einer Erklärung sichern<br />
sie den jungen Fridays-for-Future-Aktivisten „volle Unterstützung“<br />
zu. Mit der Initiative der Forscher hat die wachsende Bewegung<br />
für besseren Klimaschutz nun auch die Universitäten erreicht.<br />
CIENTISTS<br />
OR<br />
Seit knapp sechs Monaten wiederholen sich<br />
die Bilder in vielen größeren Städten weltweit:<br />
Jeden Freitag ziehen junge Menschen<br />
mit Transparenten vor die Parlamente und<br />
fordern einen Wandel im Klimaschutz. Eine<br />
Folge: Immer mehr Menschen solidarisieren<br />
sich mit der Fridays-for-Future-Bewegung<br />
und schließen sich zu Unterstützergruppen<br />
zusammen. Eltern, die ihren Kindern keinen<br />
zerstörten Planeten hinterlassen wollen, nennen<br />
sich „Parents for Future“, Lehrerinnen<br />
und Lehrer schließen sich als „Teachers for<br />
Future“ den Forderungen an.<br />
Die größte öffentliche Aufmerksamkeit erregten<br />
bislang jedoch die Scientists for Future<br />
– eine Initiative, in der sich etwa 27.000 Wissenschaftler<br />
aus Österreich, der Schweiz und<br />
Deutschland zusammengeschlossen haben.<br />
Der öffentliche Schulterschluss der Forscher<br />
mit den Protestlern brachte dabei vor allem<br />
zusätzliche Seriosität in die Debatte. Wer<br />
zuvor noch mit mildem Lächeln auf die Proteste<br />
der jungen Menschen schaute, wurde<br />
spätestens mit der Stellungnahme zigtausender<br />
Forscher eines Besseren belehrt.<br />
Dabei haben sich die Scientists for Future<br />
offenbar einiges bei ihren jungen Mitstreitern<br />
abgeguckt: Der erste Auftritt hatte alles, was<br />
nötig ist, um die öffentliche Aufmerksamkeit<br />
zu gewinnen – Ort, Zeit und Besetzung waren<br />
geschickt gewählt. Als Bühne wählten die<br />
Initiatoren um den Gründer Dr. Gregor Hagedorn<br />
die Bundespressekonferenz und hatten<br />
so alle wichtigen Medien fast automatisch im<br />
Publikum. Dass mit Maja Göpel – promovierte<br />
Politökonomin, Honorarprofessorin und seit<br />
2<strong>01</strong>7 Generalsekretärin des Wissenschaftli-<br />
chen Beirats der Bundesregierung Globale<br />
Umweltveränderungen – und dem Mediziner<br />
und Comedian Eckhart von Hirschhausen zwei<br />
prominente Gesichter für die Scientists for<br />
Future sprachen, trug sicher zu einer gesteigerten<br />
Aufmerksamkeit bei.<br />
Auch das Datum war gut gewählt: Die Wissenschaftler<br />
veröffentlichten ihre Stellungnahme<br />
am Dienstag, 12. März – drei Tage vor dem<br />
bis dahin größten weltweiten Aktionstag mit<br />
Demonstrationen von Kapstadt über Montevideo<br />
bis Hongkong.<br />
Was die Wissenschaftler dann vor versammelter<br />
Presse zu sagen hatten, spiegelt ganz<br />
unakademisch ein Satz: „Wir sind die Profis<br />
und sagen: Die junge Generation hat recht.“<br />
Die Forderungen der jungen Aktivisten seien<br />
berechtigt und gut begründet. Die derzeitigen<br />
Maßnahmen zum Klimaschutz reichten bei<br />
Weitem nicht aus. Nur durch schnelles und<br />
konsequentes Handeln könne eine lebenswerte<br />
Zukunft für jetzige und spätere Generationen<br />
erreicht werden.<br />
Mit der öffentlichen Solidarisierung wurde<br />
offenkundig, was an Hochschulen immer<br />
deutlicher zu spüren ist: Auch in der wissenschaftlichen<br />
Community wächst der Unmut,<br />
weil trotz unzähliger Studien kaum konkrete<br />
Fortschritte in Sachen Klimaschutz zu verzeichnen<br />
sind. Was hilft es letztlich, wenn<br />
in den Instituten, Laboren und Seminaren<br />
geforscht und debattiert wird, aber außerhalb<br />
der akademischen Welt alle Apelle verhallen?<br />
Mit dem Gang an die Öffentlichkeit bringen<br />
die Forscher nun ihre beste und wirksamste<br />
‚Waffe‘ in die politische Auseinandersetzung<br />
ein: wissenschaftliche Erkenntnisse!<br />
89