Drachenpost 111
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Wirtschaft<br />
AK Wirtschaft<br />
Go trifft auf Schach:<br />
Der US-chinesische Handelskonflikt aus der<br />
Perspektive der 36 Strategeme<br />
Thomas Täubner<br />
Der sich heute immer deutlicher artikulierende<br />
Handels- bzw. Wirtschaftskrieg zwischen den<br />
beiden größten Volkswirtschaften der Welt, den<br />
USA und China, ist in Wirklichkeit ein Wettstreit<br />
zwischen zwei weltanschaulichen Systemen: dem<br />
westlich-kapitalistischen Neoliberalismus und<br />
dem von Mao Zedong (1893-1976) in seinen<br />
strukturellen Grundzügen entwickelten Sinomarxismus<br />
(chinesischer Marxismus), einem pyramidenhaft<br />
konstruierten normativen Gesellschaftsführungssystem,<br />
welches für den revolutionären<br />
Aufstieg Chinas zur Weltwirtschaftsmacht Nr. 2<br />
– Tendenz aufsteigend – letztlich verantwortlich<br />
zu machen ist. Der von dem amerikanischen Präsidenten<br />
Donald Trump durch Strafzölle gegen<br />
chinesische Waren entfesselte Handelskrieg (Strategem<br />
Nr. 33: Das Strategem des Zwietrachtsäens)<br />
ist das Aufbegehren der alten Weltmacht Amerika<br />
gegen die zur neuen Weltmacht aufstrebende<br />
Volksrepublik China. Doch Trump vollzieht nur in<br />
aller Konsequenz das, was sein Vorgänger Barack<br />
Obama bereits in düsterer Voraussicht kommen<br />
sah: „Wenn China weiterhin friedlich aufsteigt,<br />
dann haben wir einen stärker werdenden Partner<br />
(…). Wenn es sich dem Nationalismus ergibt und<br />
die Welt nur noch aufgeteilt in Einflusssphären zu<br />
sehen vermag, dann sehe ich mögliche Konflikte<br />
voraus.“ (Sommer, Theo: Auf dem Kriegspfad –<br />
Fünf vor acht, Zeit online, 9. Oktober 2018).<br />
Doch während der Zeit-Redakteur in seinem<br />
Artikel in Hinsicht auf den Konflikt zwischen<br />
den USA und China die Gefahren der von dem<br />
Professor der Harvard Kennedy School popularisierten<br />
Thukydides-Falle (hohe Wahrscheinlichkeit<br />
von nicht selten kriegerischen Konflikten<br />
zwischen einer aufsteigenden sowie einer aktuell<br />
dominierenden Macht) heraufbeschwört (Strategem<br />
Nr. 7: Aus einem Nichts etwas erzeugen),<br />
führt Armitav Acharya (in Indien geborener<br />
kanadischer Forscher im Bereich der Internationalen<br />
Beziehungen und Autor des populären<br />
Buches „Das Ende der amerikanischen Weltordnung“)<br />
sehr überzeugende Argumente für die<br />
Notwendigkeit des durch Dialog erzeugten besseren<br />
gegenseitigen Verständnisses ins Spiel:<br />
„‘Sie [die Thukydides-Falle] kann zu einer<br />
sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden.<br />
Sie ist gefährlich, weil sie anfangen zu denken,<br />
dass dieser Teil des Konzeptes über irgendeinen<br />
analytischen Wert verfügt‘. […] Die Idee einer<br />
Thukydides-Falle ist ‚grob vereinfachend und etwas<br />
sensationslüstern‘, da eine Falle grundsätzlich<br />
bedeute, [..], dass keine andere Wahl besteht oder<br />
ein Konflikt unvermeidlich ist. […] Heute gibt es<br />
viele internationale Institutionen, die Wege für<br />
den Dialog und das Gespräch zur Verfügung stellen<br />
[…] Archaya sagte, dass China und die Vereinigten<br />
Staaten über ein enormes gemeinsames<br />
Interesse hinsichtlich der wirtschaftlichen Stabilität<br />
des Gegenübers verfügen, was ‚die Theorie<br />
der Thukydides-Falle nicht berücksichtigt.“ (s.<br />
http://geman.china.org.cn/txt/2017-06/22/content_41076293.htm).<br />
Aus diesen Bemerkungen Armitav Acharyas,<br />
der übrigens auch auf die enormen wirtschaftlichen<br />
Verflechtungen der beiden Großmächte hinweist,<br />
lässt sich herauslesen, dass er die Verweise<br />
auf die angstmachende und eventuell sogar weiteres<br />
Konfliktpotential schürende „Thukydides-<br />
Falle“ strategemisch analysiert, ganz im Sinne<br />
des Strategems Nr. 14: Für die Rückkehr der Seele<br />
einen Leichnam ausleihen (etwas bereits der Vergangenheit<br />
Angehörendes mit neuer Zielsetzung<br />
wiederaufleben zu lassen). Mit Recht wird darauf<br />
hingewiesen, dass es sich in diesem Fall um eine<br />
„Art des Mißbrauchs der Geschichte“ handelt.<br />
Es ist interessant, dass die amerikanische Führung<br />
den Chinesen genau die Dinge vorwirft, die<br />
sie selbst zur Weltmacht Nr. 1 werden ließen: „Robert<br />
Zoellick, damals stellvertretender US-Au-<br />
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