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2019/28 - unternehmen - Ausgabe 68

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<strong>unternehmen</strong> [!]<br />

TITELTHEMA<br />

15<br />

zeitig die Kapazitäten, uns neu aufzustellen. Umso<br />

heftiger traf es uns, als das Projekt ziemlich abrupt<br />

unterbrochen wurde, unsere Bilanz für 2015 sehr spät<br />

vorlag und ein Defizit auswies. Das war ein harter<br />

Schlag.<br />

Weil es überraschend kam?<br />

Zuvor war es – nicht schnell aber stetig – Stück für<br />

Stück immer aufwärts gegangen, was auch unseren<br />

Mitarbeitern eine große Sicherheit vermittelt hat.<br />

Als wir die Krisensituation analysierten, war schnell<br />

klar, dass wir zu viele Beschäftigte an Bord haben.<br />

Die einzige Möglichkeit, die Firma zu retten, bestand<br />

darin, die Zahl der Mitarbeiter zu verringern. Das<br />

war ein sehr schwerer Schritt, so etwas will ich nie<br />

wieder erleben.<br />

Was waren die Auslöser für die Krise?<br />

Wir waren zu lohnintensiv. Viele unserer Produkte<br />

entstehen in Handarbeit. Daher sind unsere Möglichkeiten<br />

zur Rationalisierung begrenzt. Gleichzeitig<br />

bezahlen wir den Metalltarif, wie Daimler, Porsche<br />

und andere namhafte Firmen auch. Das ist auch<br />

gut, ich gönne den Mitarbeitern ihren Lohn. Doch<br />

2016 waren die Löhne für uns nicht mehr bezahlbar.<br />

Wir haben lange überlegt, wie wir unsere Mitarbeiter<br />

halten können. Am Ende war aber klar, dass wir 120<br />

Stellen abbauen müssen.<br />

Was war das Schlimmste für Sie?<br />

Die Entlass-Liste aufzustellen. Dabei ging es streng<br />

nach einem Punktesystem, das der Sozialplan vorschreibt.<br />

Manche Mitarbeiter, die ihre Stelle verloren<br />

haben, haben die Welt nicht mehr verstanden.<br />

Wir haben in Kooperation mit anderen Unternehmen<br />

schnell eine Art Stellenbörse geschaffen, sodass<br />

viele schnell einen neuen Job gefunden haben. Oft<br />

sogar schneller als gedacht, sodass die Zurückbleibenden<br />

plötzlich viel mehr Arbeit vor sich hatten. Es<br />

war für alle eine psychologisch schwere Zeit.<br />

Und welche Rolle spielten die Banken in der Restrukturierung?<br />

Eine sehr zwiespältige. Klar, ich als Geschäftsführerin<br />

trage die Verantwortung für das, was passiert ist.<br />

Und ich verstehe, dass Banken in solchen Fällen externe<br />

Gutachter verlangen.<br />

Aber…<br />

Ich finde es schockierend wie Sanierungsberater einem<br />

das Geld aus der Tasche ziehen, Geld, das dringend<br />

für die Sanierung des Unternehmens gebraucht<br />

wird. Es ist auch sehr verwunderlich, dass letztendlich<br />

kaum etwas aus den vielen, vielen PowerPoint-Präsentationen<br />

der Gutachter umgesetzt werden konnte. Viel<br />

Geld gekostet hat die Prozedur trotzdem. Das hat uns<br />

in dieser speziellen Situation doppelt weh getan. Sehr<br />

Es war ein<br />

Schock, wie<br />

Sanierungsberater<br />

einem<br />

das Geld aus der<br />

Tasche ziehen.

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