12.07.2019 Aufrufe

Berliner Zeitung 11.07.2019

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 158 · D onnerstag, 11. Juli 2019 – S eite 18 *<br />

·························································································································································································································································································<br />

Sport<br />

Herthas Trainer Ante Covic zeigt deutlich an, wo er den Ball laufen sehen möchte: am Boden, nicht in der Luft<br />

MATTHIAS KOCH/NOVESKI<br />

Alles anders unter Ante<br />

Herthas neuer Trainer Covic findet bei seinen Spielern mit seiner kommunikativen Art und seinem taktischen Verständnis bereits in den ersten Einheiten Anklang<br />

VonSebastian Schmitt, Neuruppin<br />

Die vielen Veränderungen<br />

unter Ante Covic wurden<br />

am Tag vier des Trainingslagers<br />

in Brandenburg<br />

und damit noch in der ersten<br />

Woche nach seiner Amtsübernahme<br />

von Pal Dardai deutlich. Herthas<br />

neues Cheftrainer griff bereits vor<br />

dem Aufwärmen ein, erklärte seinen<br />

Spielernineiner Trockenübung, welches<br />

taktische Verhalten er sich im<br />

Spielaufbau zukünftig wünscht. Zu<br />

häufig sei das Spiel der <strong>Berliner</strong> in<br />

der Vergangenheit über die Außenverteidiger<br />

und mit einem langen<br />

Ball entlang der Linie aufgebaut worden.<br />

DieAußenbahnspieler mussten<br />

entgegenkommen, standen mit dem<br />

Rücken zum Tor. Als Konsequenz<br />

kam Herthas Aufbauspiel früh zum<br />

Erliegen.<br />

Hinten flach rauskommen<br />

Covic hat einen anderen Ansatz. Dafür<br />

schob und zerrte er seine Spieler<br />

über den Platz, zeigte, wie er sich<br />

künftig das Stellungsspiel seiner Außenverteidiger<br />

vorstellt: Ohne Ball<br />

sollen sie das Zentrum besetzen.<br />

Wenn sich gleichzeitig die Flügelspieler<br />

auf der Außenbahn fallen lassen,<br />

ergeben sich neue Dreiecke,die<br />

für mehr Optionen im Spielaufbau<br />

sorgen. „Wir wollen keine langen<br />

Notbälle mehr spielen, sondern<br />

möglichst flach rauskommen“, sagt<br />

Covic.<br />

Nach dem viel diskutierten Einstieg<br />

des neuen Investors will der<br />

Klub in der kommenden Spielzeit<br />

mit offensivem und attraktivem<br />

Fußball ins obereTabellendrittel der<br />

Bundesliga. Ein ambitionierteres<br />

Saisonziel als ein einstelliger Tabellenplatz<br />

kommt Manager Michael<br />

Preetz aber bisher nicht über die Lippen.<br />

Dagegen lässt sich bereits nach<br />

dem einwöchigen Camp in der Fontane-Stadt<br />

Neuruppin feststellen,<br />

dass es bei Hertha unter Covic spürbar<br />

anders zugeht. Nicht nur,was die<br />

Taktik betrifft. „Ante hat einen ganz<br />

anderen Ansatz. Er kommuniziert<br />

viel und hat die Fähigkeit alle einzubinden“,<br />

erklärtLukas Klünter.<br />

Wieerdas macht, konnte man im<br />

Neuruppiner Volksparkstadion täglich<br />

beobachten. Covic unterbrach<br />

immer wieder die von ihm und seinen<br />

beiden Assistenten Mirko Dickhaut<br />

und Harald Gämperle ausgedachten<br />

Übungen, korrigierte kleine<br />

Die Deutsche Fußball-Liga<br />

hat am gestrigen Mittwoch<br />

die genauen Termine für die<br />

ersten sechs Bundesliga-<br />

Spieltageder Saison<br />

2019/20 bekanntgegeben,<br />

die am Freitag,16. August<br />

beginnt.<br />

TERMINE FÜR DEN BUNDESLIGA-AUFTAKT<br />

Fehler bis ins kleinste Detail und<br />

achtete dabei neben dem Stellungsspiel<br />

auch auf absolute Fußball-<br />

Grundlagen wie die korrekte Ballannahme.<br />

Bekamen die Spieler in der<br />

Vergangenheit häufig den schwäbischen<br />

Akzent vomnach Stuttgartabgewanderten<br />

Assistenztrainer Rainer<br />

Widmayer zu hören, hallt ihnen<br />

seit dem 1. Juli fast nur die Stimme<br />

des Cheftrainers entgegen. „Ich bin<br />

ein sehr, sehr emotionaler Mensch.<br />

Und meine Stimme ist daran gewöhnt,<br />

dass sie gebraucht wird“, sagt<br />

Covic.<br />

Hertha BSC ist bekanntlich<br />

gleich zum Auftakt beteiligt<br />

und startet mit dem Auswärtsspiel<br />

beim Meister FC<br />

Bayern ins Spieljahr.Am<br />

Sonntag,25. August empfangen<br />

die Blau-Weißen den<br />

VfL Wolfsburg<br />

Der 1. FC Union zieht erst<br />

zwei Tage später nach und<br />

absolviertdas erste Bundesliga-Spiel<br />

der Vereinsgeschichte<br />

gegenRBLeipzig<br />

am Sonntag,18. August um<br />

18 Uhr.Eine Woche später<br />

geht’snach Augsburg.<br />

Schon als Jungendtrainer sei er<br />

ein sehr kommunikativer Trainer gewesen.<br />

Und es sieht nicht danach<br />

aus, dass Covic vor seiner Debütsaison<br />

als Profi-Coach etwas an seinem<br />

Stil ändernwird. Dergebürtige <strong>Berliner</strong><br />

nutzte jede noch so kurze Trainingsunterbrechung,<br />

um seine Spieler<br />

besser kennenzulernen, zu loben<br />

oder auch bei Bedarfmal zu kritisieren.<br />

„Wenn man das Gefühl bekommt,<br />

dass in die Truppe ein<br />

Schlendrian reinkommt, muss das<br />

mal sein“, erklärterseine lauten Ansagen.<br />

„Wir kennen das alle von zu<br />

Hause, wenn die Kinder mal nicht<br />

hören wollen. Dann musst du es<br />

manchmal dreimal knallen lassen“,<br />

sagt er. Schließlich gebe es nichts<br />

Schlimmeres als „verschenkte Trainingszeit“.<br />

Weil es in Brandenburg<br />

davon kaum davon gab, zieht Covic<br />

ein positives Fazit. „Es ist faszinierend,<br />

mit welchem Eigenantrieb die<br />

Jungs rangehen“, sagt er. Die Laune<br />

der Spieler sei nicht ein einziges Mal<br />

in den Keller gegangen, trotz der vielen<br />

konditionellen Einheiten.<br />

Täglich neue Übungen<br />

Das könnte auch daran gelegen haben,<br />

dass Covic bereits deutlich<br />

mehr mit dem Ball arbeiten ließ als<br />

Dardai in den vergangenen Jahren.<br />

Eine weichere Gangart will er dabei<br />

nicht an den Taggelegt haben. „Von<br />

den Umfängen her gibt es feste Parameter“,<br />

erklärt er. Natürlich sei es in<br />

der Vorbereitung wichtig, die nötige<br />

Anzahl an Kilometern abzuspulen.<br />

„Wenn wir sie mit dem Ball erreichen,<br />

freut mich das als Trainer, der<br />

gerne Fußball spielen lässt und Offensivfußball<br />

liebt.“<br />

Den akribischen Worten ließ Covic<br />

in Brandenburg jede Menge Taten<br />

folgen. Fast jeder Tagkonfrontierte<br />

seine neuen Spieler mit neuen<br />

Übungen. Neben dem Spielaufbau<br />

lag der Fokus auf flexiblen Spielsystemen<br />

und auf dem Gegenpressing,<br />

mit dem Hertha die Gegner zukünftig<br />

am liebsten dauerhaft konfrontieren<br />

möchte. Dabei bewies er<br />

durchaus Charme, wenn seine Spieler<br />

die Übungen nicht direkt begriffen.<br />

„Wenn ihr nur rennt, macht ihr<br />

schon siebzig Prozent richtig“, rief er<br />

ihnen zu. Oder: „Das sieht schon<br />

besser aus“, ohne hinterher zuschieben:„Wenn<br />

ihr jetzt noch reden würdet<br />

….“<br />

DieFreude über die neue Aufgabe<br />

ist Covic anzumerken, wohlwissend,<br />

dass er bisher noch keine harten Entscheidungen<br />

zu treffen hatte.„Beim<br />

Saisonstart wird sich zeigen, wie wir<br />

das alles gestalten“, sagt er.Bis dahin<br />

will er die Intensität in den kommenden<br />

Wochen hochhalten. „Es wäre<br />

fahrlässig, nach zehn Tagen zu sagen:<br />

,Jetzt gehen wir auf Malle und<br />

legen uns hin und machen nichts<br />

mehr’“, sagt Covic uns verspricht seinen<br />

beanspruchten Stimmbändern<br />

keine Pause. „Wenn du als Fußballlehrer<br />

auf den Platz gehst, bist du<br />

den Jungs etwas schuldig.“<br />

„Wer Angst hat, hat schon verloren“<br />

Nationalteam, Aufstieg: Voreinem Jahr setzte sich Unions Torwart Rafal Gikiewicz schier unerreichbare Ziele, die er am Ende alle erfüllte. Deshalb will er nun sogar noch höher hinaus<br />

VonMathias Bunkus, Windischgarsten<br />

Ein Fußballprofi muss große Ziele<br />

haben, klar. Torwart Rafal Gikiewicz<br />

repräsentiert diesen Grundsatz<br />

wie kaum ein anderer Profi beim 1.<br />

FC Union. Im Vorjahr wollte der in<br />

Olsztyn geborene Schlussmann 15-<br />

mal zu Null spielen −was ihm mit<br />

der Saisonverlängerung durch Relegation<br />

auch gelang −, in den Fokus<br />

der polnischen Nationalmannschaft<br />

kommen und vorallem: aufsteigen.<br />

Dasist alles geglückt. Daher überrascht<br />

es wenig, dass sich der 32-Jährige<br />

für die neue Saison wieder einiges<br />

auf den Zettel geschrieben hat,<br />

den seine Ehefrau Ania zwecks Kontrollmöglichkeit<br />

wieder an die heimische<br />

Kühlschranktür heften wird.<br />

Dasfängt schon beim Saisonstart<br />

der Köpenicker an, der es bekanntermaßen<br />

in sich hat. Mit Leipzig und<br />

Dortmund sind gleich mal der Dritte<br />

und Zweite des Vorjahres zu Gast.<br />

Dazu gesellt sich die Auswärtsaufgabe<br />

in Augsburg.<br />

„Ich finde das gut“, sagt Gikiewicz.<br />

„Wir müssen sowieso in jedem<br />

Spiel vonder ersten Minuten da sein,<br />

kämpfen, dann ist alles möglich. Ich<br />

habe Respekt, aber keine Angst.“Vier<br />

bis sieben Punkte wolle er aus diesen<br />

drei Partien mitnehmen, nicht einen<br />

oder zwei. „Wenn wir Angst haben,<br />

habe wir schon verloren“, lautet die<br />

Kampfansage.<br />

Einguter Startwäreauch wichtig,<br />

um die Mission Klassenerhalt zu bewältigen.<br />

„17-mal kommen gute<br />

Gegner.Aber wir spielen ja zu Hause.<br />

Wersagt denn, dass es gegen Düsseldorf<br />

einfacher wäre als gegen Red<br />

Bull?“, sagt Gikiewicz, der sich in Erinnerung<br />

an den Aufstieg das Union-<br />

Vereinswappen und das Datum 27.<br />

Mai 2019 in römischen Ziffern auf<br />

seinen linken Unterarm tätowieren<br />

lassen hat. Derist so etwas wie seine<br />

Fleisch gewordene<br />

Trophäensammlung,<br />

denn auch die mit<br />

Slask Wroclaw vor sieben<br />

Jahren errungene<br />

Meistermedaille hat da<br />

ihren Platz gefunden.<br />

Ein Bundesligator<br />

möchte Gikiewicz<br />

auch noch schießen,<br />

nachdem er in der abgelaufenen<br />

Zweitligasaison<br />

im Oktober beim<br />

1:1 gegen Heidenheim<br />

mit dem Kopfballtreffer in Mittelstürmermanier<br />

den Köpenickern in<br />

der Nachspielzeit einen Punkt rettete.<br />

„Ich glaube, inder Bundesliga<br />

werdeich noch mehr Möglichkeiten<br />

dazu bekommen, nach vorne zuge-<br />

Angriffslustig:<br />

Rafal Gikiewicz<br />

hen. In der letzten Minute oder in<br />

der Nachspielzeit“, sagt er über die<br />

nicht unrealistische Aussicht, dass<br />

die Elf von Trainer Urs<br />

Fischer im Fußball-<br />

Oberhaus häufiger im<br />

Rückstand liegen wird<br />

als in der zweiten Liga.<br />

Die 15Spiele ohne<br />

Gegentor, auf die er<br />

sehr stolz ist, sieht er<br />

MATTHIAS KOCH<br />

als Gemeinschaftswerk.<br />

„Die ganze<br />

Mannschaft hat gut<br />

verteidigt. Da ging es<br />

nicht nur um Gikiewicz,<br />

Hübner oder<br />

Friedrich, auch wenn wir wie die<br />

<strong>Berliner</strong> Mauer waren“, sagt der<br />

zweifache Familienvater.<br />

Dennoch stach er derart heraus,<br />

dass er fürs Nationalteam nominiert<br />

wurde.„Als ich vor fünf Jahren nach<br />

Braunschweig gegangen bin, habe<br />

ich immer gesagt, dass ich in die Nationalelf<br />

möchte. Alle sagten nur:<br />

,Nein, dafür bist du zu alt. DieZweite<br />

Liga ist nicht so stark wie unsere<br />

erste Liga.’ Jetzt hat es doch geklappt“,<br />

freut sich Gikiewicz über<br />

seine unerwartete Berufung vor der<br />

Sommerpause, wegen derer er nur<br />

zwei Tage in Köpenick feiernkonnte.<br />

DieBundesliga sollte helfen, wieder<br />

berücksichtigt zu werden. Denn<br />

noch hat er kein Länderspiel absolviert.<br />

Ende August, Anfang September<br />

besteht die nächste Chance.<br />

Immerhin war im Kreise der polnischen<br />

Nationalmannschaft auch<br />

Union ein Thema. Mit Bayernstürmer<br />

Robert Lewandowski hat er<br />

sich darüber unterhalten. „Er freut<br />

sich einfach auf Berlin. Ich habe<br />

ihm zwar nicht gesagt, dass er kein<br />

Torschießen wird, aber dass es bei<br />

unsnicht einfach wird, dass weiß er.<br />

Wir sind sehr heimstark“, frohlockt<br />

der Keeper.<br />

Der Auswahltrip bescherte ihm<br />

übrigens ein Luxusproblem. Durch<br />

die Urlaubsverlängerung stieß er<br />

später zum Team. „Ich muss jetzt<br />

noch in paar Namen lernen oder ein<br />

paar Spitznamen“, gab er zu. „Wir<br />

haben ja eine ganze neue Mannschaft<br />

dazubekommen.“ Aber er begrüßt<br />

das. „Unser altes Team verdient<br />

Respekt. Aber in der Bundesliga<br />

brauchst du einfach noch mehr<br />

Qualität. Wir brauchen diese Erfahrung<br />

von Ujah, Gentner oder Subotic.<br />

Wir als Spieler haben mit den<br />

vielen Neuen kein Problem. Eher der<br />

Trainer“, frotzelte Gikiewicz. Er<br />

meinte damit die künftige Qual der<br />

Wahl bei der Aufstellung. Wenngleich<br />

er natürlich im Torauf Kontinuität<br />

hofft.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!