ZAP-2019-16
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Fach 4, Seite 18<strong>16</strong><br />
Rechtsmittelbeschwer<br />
Miete/Nutzungen<br />
4. Beseitigung einer Störung<br />
Wird die Klage eines Vermieters auf Beseitigung einer durch den Mieter errichteten Satellitenempfangsantenne<br />
abgewiesen, richtet sich die Beschwer des Vermieters nach dem Wertverlust, den er<br />
durch eine von der Satellitenempfangsantenne verursachte Beeinträchtigung der Substanz und/oder<br />
des optischen Gesamteindrucks seines Hauses erleidet (BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, juris<br />
Leitsatz).<br />
Wird der Vermieter einer Wohnung verurteilt, die Anbringung eines Transparents, Plakats oder Banners<br />
durch den Mieter an der Fassade des Hauses zu dulden, richtet sich die Beschwer des Vermieters<br />
ebenfalls nach dem Wertverlust, den er durch die Beeinträchtigung der Substanz und/oder des optischen<br />
Gesamteindrucks seines Hauses erleidet. Zudem ist bei der Bemessung der durch die Eigentumsstörung<br />
verursachten Beschwer des Vermieters zu berücksichtigen, ob der Text des Transparents,<br />
Banners oder Plakats den Eindruck erwecken kann, der Vermieter missachte Mieterinteressen (BGH,<br />
Beschl. v. 21.5.<strong>2019</strong> – VIII ZB 66/18, juris Leitsätze). In diesem Fall hatte das Berufungsgericht einen Wert<br />
unter der Wertgrenze von 600 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) angenommen und die Berufung als unzulässig<br />
zurückgewiesen. Die gem. §§ 2, 3 ZPO im freien Ermessen des Berufungsgerichts liegende Bestimmung<br />
des Werts des Beschwerdegegenstands kann vom BGH nur beschränkt darauf überprüft werden, ob das<br />
Berufungsgericht bei der Ausübung seines Ermessens die in Betracht zu ziehenden Umstände nicht<br />
umfassend berücksichtigt, die Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer<br />
dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Trotz dieser<br />
beschränkten Prüfung konnte der BGH das Berufungsgericht in diesem konkreten Fall korrigieren, weil<br />
dieses in sachwidriger Weise darauf abgestellt hatte, die Eigentumsstörung, deren Beseitigung die<br />
Beklagte mit ihrem Rechtsmittel erstrebt, habe schon im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs bestanden<br />
(Rn 10). Das war schon im Ansatz verfehlt, denn die Bemessung der Beschwer eines Rechtsmittelführers<br />
durch das angefochtene Urteil hat rein nach seinem Rechtsschutzziel zu erfolgen; materiellrechtliche<br />
Gesichtspunkte haben insoweit außer Betracht zu bleiben (Rn 12).<br />
III. Fazit<br />
Anders als in anderen Rechtsgebieten ist in Mietsachen die Beschwer oftmals höher als der Streitwert;<br />
ansonsten, insbesondere auch im Wohnungseigentumsrecht (ausführlich BRÄNDLE ZfIR 2017, 553 sowie<br />
BRÄNDLE in einem gesonderten Beitrag in <strong>ZAP</strong> F. 7, zur Veröffentlichung in <strong>ZAP</strong> 2020 vorgesehen) ist es<br />
oft umgekehrt. Kommt es für die Beschwer auf die Höhe des Mietzinses an, ist jedenfalls bei unbefristeten<br />
Mietverhältnissen die Beschwer deshalb regelmäßig höher als der Streitwert, weil der Streitwert,<br />
auch bei gewerblichen Mietverhältnissen, auf die Jahresmiete gedeckelt ist (§ 41 Abs. 1 GKG),<br />
während sich die Beschwer nach § 9 ZPO bemisst und somit bei dem dreieinhalbfachen der Jahresmiete<br />
liegen kann.<br />
Praxistipps:<br />
Der Rechtsanwalt beim BGH hat zunächst naturgemäß keine Aktenkenntnis, ist aber gehalten, die<br />
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision binnen der hierfür geltenden Notfrist von einem<br />
Monat (§ 544 Abs. 1 S. 2 ZPO) weisungsgemäß einzulegen. Dadurch entstehen dem Mandanten Gebühren.<br />
Der Instanzanwalt tut deshalb gut daran, vorher zu prüfen, ob sich aus seinem eigenen bisherigen Vortrag<br />
ergibt, dass der erforderliche Beschwerdewert von mehr als 20.000 € erreicht ist. Wenn dies nicht der<br />
Fall ist, kann dies nur dazu führen, dass der Rechtsanwalt beim BGH empfehlen muss, die Beschwerde<br />
zurückzunehmen, weil sie nicht statthaft ist.<br />
In Mietsachen ist zu bedenken, dass ein Streitwert von bis zu 20.000 € nicht zwingend bedeutet, dass die<br />
erforderliche Beschwer nicht erreicht ist. Die Beschwer richtet sich nach §§ 8, 9 ZPO und nicht nach § 41<br />
GKG. In Mietsachen kann die Beschwer (deutlich) höher sein als der Streitwert.<br />
846 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>16</strong> 28.8.<strong>2019</strong>