ZAP-2019-16
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Fach 7, Seite 520<br />
Nachbarliche Immissionen<br />
Immobiliarsachenrecht/WEG-Recht<br />
2. Beseitigungsansprüche, Unterlassungsansprüche<br />
• Beeinträchtigung des Eigentums (§ 1004 BGB) oder Störung des Besitzes (§ 862 BGB)?<br />
• Anspruchsberechtigter?<br />
• Anspruchsverpflichteter?<br />
• Sind die Beeinträchtigungen nach § 906 Abs. 1 BGB oder nach § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden?<br />
• Duldungspflicht wegen nur unwesentlicher Beeinträchtigung (§ 906 Abs. 1 S. 1 BGB).<br />
• Duldungspflicht bei wesentlichen Beeinträchtigungen in Fällen ortsüblicher Benutzung des anderen<br />
Grundstücks (§ 906 Abs. 2 S. 1 BGB).<br />
• Sonstige gesetzliche Duldungspflichten, z.B. Betreten des Nachbargrundstücks, Gemeingebrauch,<br />
Notwehr, Notstand, Luftraum, Bergbau, Notweg, Notleitungsrechte, sonstige gesetzliche Leitungsrechte,<br />
Überbau, Widmung, nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis.<br />
• Anspruchsbeschränkung oder Anspruchsausschluss durch behördliche Genehmigung, insbesondere<br />
wegen genehmigter Anlagen, immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen, Planfeststellungsverfahren,<br />
Baugenehmigungen, Nachbarunterschrift, sonstiger behördlicher Genehmigungen.<br />
• Anspruchsbeschränkung, weil die öffentliche Hand in Ausübung hoheitlicher Gewalt als Störer<br />
handelt?<br />
• Geht die Beeinträchtigung auf einen lebenswichtigen oder gemeinnützigen Betrieb zurück?<br />
3. Sekundäransprüche<br />
Falls keine Selbsthilferechte oder Ansprüche auf Beseitigung oder Unterlassen einer Beeinträchtigung<br />
bestehen, ist nach Ansprüchen anderer Art zu fragen. In Betracht kommen:<br />
a) Aufwendungsersatzansprüche aus<br />
• Verzug gem. § 286 BGB,<br />
• Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 683 S. 1, 677 BGB bei Handeln im mutmaßlichen Willen des<br />
Geschäftsherrn oder bei dessen entgegenstehendem Willen gem. §§ 683 S. 1, 678, 679 BGB oder<br />
schließlich bei Eigengeschäftsführung aus § 687 Abs. 2 BGB,<br />
• ungerechtfertigter Bereicherung gem. §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB,<br />
• Schadensersatz gem. § 823 Abs. 1 u. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz.<br />
b) Entschädigungsansprüche<br />
• Schadensersatz insbesondere aus § 823 Abs. 1 u. 2 BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz,<br />
• Entschädigungspflicht wegen hinzunehmender Beeinträchtigungen aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB,<br />
• Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch gem. § 906 BGB analog,<br />
• Bürgerlich-rechtlicher Aufopferungsanspruch,<br />
• Öffentlich-rechtliche Ansprüche wegen enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff (öffentlich-rechtlicher<br />
Folgenbeseitigungsanspruch).<br />
4. Korrektur durch die Rechtsfigur des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses?<br />
Nur ganz ausnahmsweise können sich aus der Rechtsfigur des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses<br />
als einer Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben gem. § 242 BGB Rechte unter den<br />
Nachbarn ergeben. Der BGH hat in ständiger Rechtsprechung immer wieder hervorgehoben, dass sich<br />
die gegenseitigen Rechte und Pflichten benachbarter Grundeigentümer grundsätzlich aus den gesetzlichen<br />
Bestimmungen des Nachbarrechts ergeben. Dies gelte insbesondere, wenn sie eine ins<br />
Einzelne gehende Sonderregelung erfahren haben. Daher müsse sich die Anwendung der Rechtsfigur<br />
des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses auf Ausnahmefälle beschränken, deren Besonderheit<br />
einen über die gesetzliche Regelung hinausgehenden billigen Ausgleich der widerstreitenden Interessen<br />
zwingend gebiete. Es gehe nicht an, die gesetzlichen Regelungen des Privatrechts mithilfe des nach-<br />
848 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>16</strong> 28.8.<strong>2019</strong>