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Recht<br />
& Gesetz<br />
Ein heikles Thema ist der Genuss von<br />
Betäubungsmitteln (wie Drogen im<br />
Rechtsdeutsch heißen) und Straßenverkehr.<br />
Hoffentlich ist jedem von uns klar,<br />
dass man nicht „bedröhnt“ fährt.<br />
Das Führen eines Kraftfahrzeuges,<br />
obwohl der Fahrer infolge des Genusses<br />
von alkoholischen Getränken oder<br />
anderen berauschenden Mitteln nicht<br />
dazu in der Lage ist, das Fahrzeug sicher<br />
zu führen, und dadurch Leib oder Leben<br />
eines anderen Menschen oder fremde<br />
Rechtstipp<br />
Angeblich unwissentlich Drogen genommen<br />
Von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen<br />
Telefon 0421 / 696 44 880 - www.janschweers.de<br />
§ §<br />
Sachen von bedeutendem Wert gefährdet,<br />
kann nach § 315 c Absatz 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch<br />
mit einer Freiheitsstrafe von bis<br />
zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft<br />
werden. Daneben gilt nach Nr. 9.1 der<br />
Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung<br />
bei Einnahme von Betäubungsmitteln<br />
(ausgenommen Cannabis) der Fahrer als<br />
ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen.<br />
Dabei kommt es nicht auf die Häufigkeit<br />
des Konsums an oder darauf, ob der<br />
Betroffene den Drogenkonsum und das<br />
Fahren trennen kann. Die Ungeeignetheit<br />
zum Führen von Kraftfahrzeugen führt<br />
nach § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz<br />
dazu, dass die Fahrerlaubnis entzogen<br />
werden muss (die Fahrerlaubnisbehörde<br />
hat da keinen „Spielraum“).<br />
Was viele vermutlich nicht wissen,<br />
ist, dass schon die Feststellung eines<br />
einmaligen Konsumierens von harten<br />
Drogen (also nicht Alkohol oder Cannabis)<br />
zum Verlust der Fahreignung führt, egal<br />
ob derjenige im berauschten Zustand<br />
gefahren ist oder nicht.<br />
Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts<br />
Oldenburg vom 29.03.<strong>2019</strong> (Aktenzeichen<br />
7 B 820/19) zeigte erneut, dass<br />
insoweit streng geprüft wird.<br />
Der Betroffene wurde unabhängig<br />
von einer Teilnahme am Straßenverkehr<br />
angetroffen und auf Drogen getestet,<br />
was ergab, dass er unter dem Einfluss<br />
von Betäubungsmitteln (Kokain und<br />
Amphetamin) stand. Deswegen wurde<br />
– zwingend – angenommen, dass ihm<br />
die fahrerlaubnisrechtliche Fahreignung<br />
fehlt und ihm die Fahrerlaubnis entzogen.<br />
Der Betroffene wehrte sich gegen die<br />
für vorläufig vollziehbar erklärte Entziehung<br />
seiner Fahrererlaubnis, die für ihn<br />
bedeutete, dass er auch schon bis zu<br />
einer rechtskräftigen Entscheidung in<br />
der Hauptsache nicht mehr zum Führen<br />
eines Kraftfahrzeuges berechtigt war.<br />
Dabei ist der Konsum der Hartdrogen<br />
vom Betroffenen nicht abgestritten worden.<br />
Der Betroffene suchte aber einen<br />
Ausweg dadurch zu finden, indem er<br />
angab, die Betäubungsmittel unbewusst<br />
aufgenommen zu haben. Wenn ein solcher<br />
Ausnahmefall vorgelegen hätte, wäre ihm<br />
die Fahrerlaubnis nicht ohne Weiteres zu<br />
entziehen gewesen. An die Annahme<br />
eines solchen speziellen Geschehens<br />
knüpft die Rechtsprechung jedoch sehr<br />
hohe Anforderungen.<br />
Das Verwaltungsgericht Oldenburg<br />
führt insoweit aus, dass ein Fahrerlaubnisinhaber,<br />
in dessen Körper Hartdrogen<br />
nachgewiesen worden sind und der<br />
angibt, die Aufnahme des betreffenden<br />
Betäubungsmittels sei ohne sein Wissen<br />
erfolgt, einen detaillierten, in sich schlüssigen<br />
und auch im Übrigen glaubhaften<br />
Sachverhalt vortragen muss, der einen<br />
solchen Geschehensablauf als ernsthaft<br />
möglich erscheinen lässt. Dies nahm das<br />
Gericht im vorliegenden Fall nicht an.<br />
Hinsichtlich des Konsums von Kokain<br />
weist es – in Übereinstimmung mit<br />
einem Beschluss des Niedersächsischen<br />
Oberverwaltungsgerichts vom 01.12.2011<br />
(Aktenzeichen 12 ME 198/11) – darauf hin,<br />
dass Kokain zum einen illegal und zum<br />
anderen kostspielig sei und es daher<br />
wenig wahrscheinlich wäre, dass dieses<br />
dem Fahrerlaubnisinhaber ohne sein<br />
Wissen und vielleicht gegen seinen Willen<br />
beigebracht worden ist, wenn nicht ein<br />
nachvollziehbares Motiv für eine solche<br />
Handlung aufgezeigt wird. Dem Gericht<br />
fehlte – hier übereinstimmend mit einem<br />
Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg<br />
vom 07.08.2012 (Aktenzeichen 7 B<br />
4018/12) und einem Gerichtsbescheid desselben<br />
Gerichts vom 11.06.2015 (Aktenzeichen<br />
7 A 1603/15) – eine spezifizierte<br />
Darlegung, bei welcher Gelegenheit und<br />
auf welche Weise das Kokain ihm konkret<br />
zugeführt worden sei. Es vermisst<br />
Angaben zu Ort, Zeit und Personen des<br />
Vorfalls und Schilderungen dazu, wer<br />
ein Interesse an einem unwissentlichen<br />
Konsum des Betroffenen gehabt haben<br />
könne. Dabei sollen wegen der großen<br />
Gefahren, die von Hartdrogen und diese<br />
konsumierenden Autofahrern (gilt aber<br />
ebenso bei Motorradfahrern) ausgehen,<br />
hohe Anforderungen an die Plausibilität<br />
der Einlassung zu stellen sein. Der Betroffene<br />
müsse hierfür eine sachlich fundierte<br />
Begründung (Sub stantiierung) vorbringen.<br />
Daran fehlte es dem Verwaltungsgericht<br />
Oldenburg im vorliegenden Fall.<br />
Der Betroffene hatte geschildert, ein<br />
Dritter habe ihm an einem zu Hause<br />
verbrachten Abend offenbar Kokain und<br />
Amphetamin in ein Getränk gegeben,<br />
ohne dass er dies habe merken können.<br />
Er legte diesbezüglich sogar eine Eidesstattliche<br />
Versicherung des Dritten vor. Der<br />
Dritte erklärte darin, am fraglichen Tag<br />
mit dem Betroffenen in dessen Wohnung<br />
Bier getrunken zu haben. Während der<br />
Betroffene am Abend die Toilette aufgesucht<br />
habe, hätte der Dritte eine Tüte mit<br />
Rauschgift in dessen Flasche geschüttet.<br />
Er habe die Tüte zuvor von einem anderen<br />
bekommen und durchaus gewusst, dass<br />
diese Kokain und möglicherweise auch<br />
Amphetamin enthalte, das Mischverhältnis<br />
sei ihm aber nicht bekannt gewesen. Es<br />
habe ein bloßer Spaß sein sollen, über<br />
dessen Bedeutung und mögliche Folgen<br />
sich der Dritte nicht klar gewesen sei. Er<br />
sei besoffen gewesen.