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Kradblatt Ausgabe September 2019

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32<br />

Recht<br />

& Gesetz<br />

Ein heikles Thema ist der Genuss von<br />

Betäubungsmitteln (wie Drogen im<br />

Rechtsdeutsch heißen) und Straßenverkehr.<br />

Hoffentlich ist jedem von uns klar,<br />

dass man nicht „bedröhnt“ fährt.<br />

Das Führen eines Kraftfahrzeuges,<br />

obwohl der Fahrer infolge des Genusses<br />

von alkoholischen Getränken oder<br />

anderen berauschenden Mitteln nicht<br />

dazu in der Lage ist, das Fahrzeug sicher<br />

zu führen, und dadurch Leib oder Leben<br />

eines anderen Menschen oder fremde<br />

Rechtstipp<br />

Angeblich unwissentlich Drogen genommen<br />

Von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen<br />

Telefon 0421 / 696 44 880 - www.janschweers.de<br />

§ §<br />

Sachen von bedeutendem Wert gefährdet,<br />

kann nach § 315 c Absatz 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch<br />

mit einer Freiheitsstrafe von bis<br />

zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft<br />

werden. Daneben gilt nach Nr. 9.1 der<br />

Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung<br />

bei Einnahme von Betäubungsmitteln<br />

(ausgenommen Cannabis) der Fahrer als<br />

ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen.<br />

Dabei kommt es nicht auf die Häufigkeit<br />

des Konsums an oder darauf, ob der<br />

Betroffene den Drogenkonsum und das<br />

Fahren trennen kann. Die Ungeeignetheit<br />

zum Führen von Kraftfahrzeugen führt<br />

nach § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz<br />

dazu, dass die Fahrerlaubnis entzogen<br />

werden muss (die Fahrerlaubnisbehörde<br />

hat da keinen „Spielraum“).<br />

Was viele vermutlich nicht wissen,<br />

ist, dass schon die Feststellung eines<br />

einmaligen Konsumierens von harten<br />

Drogen (also nicht Alkohol oder Cannabis)<br />

zum Verlust der Fahreignung führt, egal<br />

ob derjenige im berauschten Zustand<br />

gefahren ist oder nicht.<br />

Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts<br />

Oldenburg vom 29.03.<strong>2019</strong> (Aktenzeichen<br />

7 B 820/19) zeigte erneut, dass<br />

insoweit streng geprüft wird.<br />

Der Betroffene wurde unabhängig<br />

von einer Teilnahme am Straßenverkehr<br />

angetroffen und auf Drogen getestet,<br />

was ergab, dass er unter dem Einfluss<br />

von Betäubungsmitteln (Kokain und<br />

Amphetamin) stand. Deswegen wurde<br />

– zwingend – angenommen, dass ihm<br />

die fahrerlaubnisrechtliche Fahreignung<br />

fehlt und ihm die Fahrerlaubnis entzogen.<br />

Der Betroffene wehrte sich gegen die<br />

für vorläufig vollziehbar erklärte Entziehung<br />

seiner Fahrererlaubnis, die für ihn<br />

bedeutete, dass er auch schon bis zu<br />

einer rechtskräftigen Entscheidung in<br />

der Hauptsache nicht mehr zum Führen<br />

eines Kraftfahrzeuges berechtigt war.<br />

Dabei ist der Konsum der Hartdrogen<br />

vom Betroffenen nicht abgestritten worden.<br />

Der Betroffene suchte aber einen<br />

Ausweg dadurch zu finden, indem er<br />

angab, die Betäubungsmittel unbewusst<br />

aufgenommen zu haben. Wenn ein solcher<br />

Ausnahmefall vorgelegen hätte, wäre ihm<br />

die Fahrerlaubnis nicht ohne Weiteres zu<br />

entziehen gewesen. An die Annahme<br />

eines solchen speziellen Geschehens<br />

knüpft die Rechtsprechung jedoch sehr<br />

hohe Anforderungen.<br />

Das Verwaltungsgericht Oldenburg<br />

führt insoweit aus, dass ein Fahrerlaubnisinhaber,<br />

in dessen Körper Hartdrogen<br />

nachgewiesen worden sind und der<br />

angibt, die Aufnahme des betreffenden<br />

Betäubungsmittels sei ohne sein Wissen<br />

erfolgt, einen detaillierten, in sich schlüssigen<br />

und auch im Übrigen glaubhaften<br />

Sachverhalt vortragen muss, der einen<br />

solchen Geschehensablauf als ernsthaft<br />

möglich erscheinen lässt. Dies nahm das<br />

Gericht im vorliegenden Fall nicht an.<br />

Hinsichtlich des Konsums von Kokain<br />

weist es – in Übereinstimmung mit<br />

einem Beschluss des Niedersächsischen<br />

Oberverwaltungsgerichts vom 01.12.2011<br />

(Aktenzeichen 12 ME 198/11) – darauf hin,<br />

dass Kokain zum einen illegal und zum<br />

anderen kostspielig sei und es daher<br />

wenig wahrscheinlich wäre, dass dieses<br />

dem Fahrerlaubnisinhaber ohne sein<br />

Wissen und vielleicht gegen seinen Willen<br />

beigebracht worden ist, wenn nicht ein<br />

nachvollziehbares Motiv für eine solche<br />

Handlung aufgezeigt wird. Dem Gericht<br />

fehlte – hier übereinstimmend mit einem<br />

Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg<br />

vom 07.08.2012 (Aktenzeichen 7 B<br />

4018/12) und einem Gerichtsbescheid desselben<br />

Gerichts vom 11.06.2015 (Aktenzeichen<br />

7 A 1603/15) – eine spezifizierte<br />

Darlegung, bei welcher Gelegenheit und<br />

auf welche Weise das Kokain ihm konkret<br />

zugeführt worden sei. Es vermisst<br />

Angaben zu Ort, Zeit und Personen des<br />

Vorfalls und Schilderungen dazu, wer<br />

ein Interesse an einem unwissentlichen<br />

Konsum des Betroffenen gehabt haben<br />

könne. Dabei sollen wegen der großen<br />

Gefahren, die von Hartdrogen und diese<br />

konsumierenden Autofahrern (gilt aber<br />

ebenso bei Motorradfahrern) ausgehen,<br />

hohe Anforderungen an die Plausibilität<br />

der Einlassung zu stellen sein. Der Betroffene<br />

müsse hierfür eine sachlich fundierte<br />

Begründung (Sub stantiierung) vorbringen.<br />

Daran fehlte es dem Verwaltungsgericht<br />

Oldenburg im vorliegenden Fall.<br />

Der Betroffene hatte geschildert, ein<br />

Dritter habe ihm an einem zu Hause<br />

verbrachten Abend offenbar Kokain und<br />

Amphetamin in ein Getränk gegeben,<br />

ohne dass er dies habe merken können.<br />

Er legte diesbezüglich sogar eine Eidesstattliche<br />

Versicherung des Dritten vor. Der<br />

Dritte erklärte darin, am fraglichen Tag<br />

mit dem Betroffenen in dessen Wohnung<br />

Bier getrunken zu haben. Während der<br />

Betroffene am Abend die Toilette aufgesucht<br />

habe, hätte der Dritte eine Tüte mit<br />

Rauschgift in dessen Flasche geschüttet.<br />

Er habe die Tüte zuvor von einem anderen<br />

bekommen und durchaus gewusst, dass<br />

diese Kokain und möglicherweise auch<br />

Amphetamin enthalte, das Mischverhältnis<br />

sei ihm aber nicht bekannt gewesen. Es<br />

habe ein bloßer Spaß sein sollen, über<br />

dessen Bedeutung und mögliche Folgen<br />

sich der Dritte nicht klar gewesen sei. Er<br />

sei besoffen gewesen.

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