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LÜBECKER WEG 213

Nachrichtenblatt des Deutschen Alpenverein Sektion Lübeck e.V.

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aus Gruben und Schächten herauszutransportieren.<br />

Heute fühle ich mich wie allein<br />

auf der Welt, was ich sehr genieße. Trotzdem<br />

geselle ich mich bei meiner ersten<br />

Rast zu einer Wanderfrau, die sich auch<br />

allein auf den Weg gemacht hatte. Wie<br />

selbstverständlich brechen wir auf und<br />

setzen unseren Weg gemeinsam fort.<br />

Trotz des Hinweises in der Wegbeschreibung,<br />

wegen Bauarbeiten vor der Ortschaft<br />

Torfhaus sei der Weg gesperrt,<br />

biegen wir nicht rechts zur Wolfswarte<br />

ab, sondern bleiben auf dem Hexenstieg.<br />

Denn hier steht kein Hinweis, kein Schild<br />

– nichts. Vielleicht sind ja die Arbeiten<br />

längst abgeschlossen und die Info in der<br />

Beschreibung nicht mehr aktuell? Doch<br />

als wir am Magdeburger Weg ankommen,<br />

ist dort ein weiß-rotes Absperrband befestigt.<br />

Und jetzt??? Sollen wir etwa wieder<br />

zurück? Wir entdecken eine Menge frischer<br />

Fußspuren hinter dem Absperrband<br />

und beschließen weiterzuwandern. So<br />

dramatisch wird es schon nicht werden.<br />

Welch eine hochmütige Fehleinschätzung!<br />

Da regen wir uns auf über abseits<br />

der Pisten verunglückte Skifahrer und<br />

ignorieren selbst die Regeln.<br />

Nach einer Steigung versperren uns unzählige<br />

umgesägte Bäume den Weg. Massen<br />

an illegalen Wanderern hatten die<br />

Stämme an der Stelle, an der sie überwunden<br />

werden müssen, glatt gerutscht –<br />

aaa…glatt! Entweder muss ich darunter<br />

durchkriechen, was mit meinem 60-Liter-<br />

Trekkingrucksack äußerst beschwerlich<br />

ist oder im Scherenschritt darüber klettern,<br />

was mit dem Risiko des Abrutschens<br />

verbunden ist. Und tatsächlich rutschte<br />

mir das Herz in die Hose als ich am steilen<br />

Hang, dieser Abschnitt heißt wirklich<br />

so, im Moment des Absitzens während<br />

ich mein Gewicht vom linken aufs rechte<br />

Bein verlagere, auf der glatten Fläche<br />

abrutsche. Mein rechter Oberschenkel<br />

schrammt über einen Aststummel, es<br />

sticht mir der Schmerz ins Bein, und im<br />

letzten Moment komme ich mit dem rechten<br />

Fuß auf den Boden. Es hätte wirklich<br />

böse ausgehen können, es geht zig Meter<br />

den Hang hinunter. Glücklicherweise ist<br />

nur die Hose hin. Mit noch immer zitternden<br />

Knien erreichen wir Torfhaus und<br />

wandern über den Goetheweg hinauf zum<br />

Brocken. Wir hatten Glück: Eine wunderbare<br />

Sicht. Hier herrscht von 365 Tagen<br />

300 Tage Nebel. Wir steuern zur Einkehr<br />

auf den Touristensaal zu, sind jedoch<br />

weder vom Ambiente noch von der Auswahl<br />

angetan. So beschließen wir, uns<br />

Kaffee und Kuchen im Brockenstübchen<br />

des Brockenhotels zu gönnen, was mit<br />

dem herrlichen Ausblick doppelter Genuss<br />

ist. Meine Weggefährtin bezieht im<br />

Hotel Quartier. Ich wandere allein weiter<br />

durch einen märchenhaften Steinmännchenwald<br />

nach Schierke zu meiner Unterkunft.<br />

12 <strong>LÜBECKER</strong> <strong>WEG</strong> - Ausgabe <strong>213</strong> - September 2019

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