ERZFREUNDE – Das Sachsen-Sonderheft zum Welterbe Erzgebirge
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18 RUNDGANG<br />
Im 17. Jahrhundert<br />
übernahm man<br />
im <strong>Erzgebirge</strong> das<br />
Weltmonopol für<br />
Kobalterze<br />
entgegen <strong>–</strong> blaues Hemd, leicht blau<br />
besprenkelte Schuhe. Gerd Bochmann,<br />
seines Zeichens Zweiter Vorsitzender<br />
des 2017 gegründeten Fördervereins<br />
Schindlers Blaufarbenwerk, begrüßt<br />
einen freundlich, hält sich dann aber<br />
nicht mehr lange mit Floskeln auf.<br />
Zügigen Schrittes führt Bochmann<br />
seine Besucher am einstigen Kutscherhaus,<br />
am Casino und an der Direktorenvilla<br />
des Werks vorbei und gelangt<br />
schließlich zu der eigentlichen<br />
Produktionsstätte für die blauen Pigmente.<br />
Wo sich bis heute das gut erhaltene,<br />
blau-weiß gestrichene Gebäudeensemble<br />
erstreckt, hatte sich im Jahr<br />
1649 der aus Böhmen stammende<br />
Unternehmer Erasmus Schindler mit<br />
seiner Familie niedergelassen, um das<br />
letzte der vier großen sächsischen Blaufarbenwerke<br />
zu erbauen. Es dauerte<br />
nicht lange, und Schindler erhielt die<br />
Konzession zur Errichtung einer Blaufarbenmühle.<br />
Laut kurfürstlicher Verordnung<br />
konnte bereits im darauffolgenden<br />
Jahr mit der Produktion begonnen<br />
werden. Die scheinbar ungünstige Abgeschiedenheit<br />
des Schindlerswerks<br />
sollte sich dabei als Vorteil erweisen.<br />
Nicht nur die Lage am Fluss, dessen<br />
Wasserkraft noch bis ins 20. Jahrhundert<br />
hinein allen Ansprüchen Genüge tat,<br />
erwies sich als günstiger Standortvorteil.<br />
Auch die Nähe zu den Schneeberger<br />
Kobaltgruben sicherte günstige Konditionen<br />
beim Einkauf des für die Produktion<br />
so dringend benötigten Erzes. Und<br />
nicht zuletzt sorgte die abgeschiedene<br />
Lage dafür, dass über die Jahrhunderte<br />
hinweg keine Begehrlichkeiten auf das<br />
gut 15 Hektar große Gelände geweckt<br />
wurden und das Gros der Gebäude<br />
somit bis heute erhalten blieb.<br />
Alles war also bestens präpariert für<br />
einen ganz großen Coup: Im 17. Jahrhundert<br />
nämlich gelang es den vier<br />
<strong>Das</strong> Blau aus Zschorlau<br />
fand seinen Weg auch in<br />
die Waschmaschine<br />
erzgebirgischen Blaufarbenwerken den<br />
Erzeinkauf gemeinsam zu kontrollieren<br />
und somit das Weltmonopol für Kobalterze<br />
zu übernehmen. Durch Röstung der<br />
grauen Gesteine und unter Zugabe von<br />
Pottasche und Quarzsand ließen sich die<br />
typischen kobaltblauen Gläser schmelzen;<br />
und mittels ihrer Pulverisierung entstand<br />
schließlich ein hitzebeständiges<br />
Blaupigment namens Smalte. Eine Weltsensation!<br />
Aus der Abgeschiedenheit<br />
des <strong>Erzgebirge</strong>s heraus nämlich fand<br />
Smalte bald seinen Weg auf Delfter<br />
Kacheln oder venezianische Glasmalerei.<br />
Alles hätte also so weitergehen können,<br />
wären nicht genau 200 Jahre später<br />
die Erzvorräte zur Neige gegangen.<br />
Wo einst nur Blautöne<br />
hergestellt wurden,<br />
leuchtet es heute in<br />
allen Farben