ERZFREUNDE – Das Sachsen-Sonderheft zum Welterbe Erzgebirge
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Franziska Heinze arbeitet<br />
auch nach ihrem Bachelor<br />
weiter an der Hochschule<br />
mit den vielen traditionellen Handwerksberufen<br />
und der längst weit über<br />
die Grenzen hinaus etablierten Design-<br />
Fakultät noch niemand auf die Beine<br />
stellen wollte, hat Heinze selbst die<br />
Initiative ergriffen. Zusammen mit drei<br />
ehemaligen Kommilitonen von der<br />
Fakultät <strong>–</strong> einem kleinen Ableger der<br />
Westsächsischen Hochschule Zwickau<br />
<strong>–</strong> hat sich die hochgewachsene junge<br />
Frau Gedanken darüber gemacht, wie<br />
ein optimales Kreativ-Event auf dem<br />
Lande aussehen müsste; ein Festival, auf<br />
dem sich das entlegene Schneeberg<br />
als das präsentieren könnte, was es nicht<br />
nur nach Meinung Heinzes lange ist:<br />
ein kreativer Geheimtipp weit ab von<br />
den großen Metropolen.<br />
Wir treffen Heinzes Mitstreiter <strong>–</strong> die<br />
Textildesignerin Thekla Nowak, den<br />
Produktdesigner Lars Dahlitz und den<br />
Holzgestalter Markus Weber <strong>–</strong> am<br />
Rande des alten Schneeberger Pochwerks.<br />
Bis kurz nach Ende des Zweiten<br />
Weltkriegs wurden hier Gesteine und<br />
Erze zerkleinert: Silber, Nickel, am<br />
Ende sogar das legendäre Wismut-Uran.<br />
Hier also, wo man die Geschichte der<br />
mehr als 500 Jahre alten Stadt mit Händen<br />
greifen kann, soll ab dem nächsten<br />
Lars Dahlitz kam einst aus<br />
Lübben <strong>zum</strong> Studium nach<br />
Schneeberg. Heute arbeitet<br />
er als Produktdesigner<br />
Sommer das neue Festival steigen <strong>–</strong><br />
mitten in einer Industrie-Idylle, zwischen<br />
wassergetriebenen Radanlagen und<br />
hölzernen Erzsieben; auf Wiesen, in Ausschlagstuben,<br />
in Kobaltkammern.<br />
<strong>Das</strong> Wort „Creative Industries“ könnte<br />
so einen ganz neuen Geschmack<br />
bekommen.<br />
„Unser Konzept ist offen für alle“,<br />
erklärt Thekla Nowak, die Jüngste in<br />
dem Organisationsteam. Ein Familienfest<br />
solle es werden; ein Mix aus hippen<br />
Designern, DJs und traditionellen<br />
Handwerkern. Da wären die Holzschnitzer<br />
und Spielzeugbauer, die Handschuhmacher<br />
und Klöpplerinnen. Letztere<br />
bildeten einst auch den Nukleus der<br />
1962 gegründeten Fachschule für angewandte<br />
Kunst: Es war im Jahr 1882,<br />
als in Schneeberg die sogenannte Königliche<br />
Spitzenklöppelmusterschule eröffnete.<br />
Während von Frankreich aus<br />
eine Welle an Spitzenmoden über<br />
Europa schwappte, sollten in der Abgeschiedenheit<br />
des <strong>Erzgebirge</strong>s Klöppellehrerinnen<br />
ausgebildet werden, die<br />
den neuen Chic wie Mode-Influencer<br />
im gesamten Land verbreiten sollten.<br />
In gewisser Weise war man in<br />
Schneeberg also immer schon am Puls<br />
In Schneeberg<br />
bekommt das Wort<br />
„Creative Industries“<br />
eine ganz neue<br />
Bedeutung<br />
der Entwicklung <strong>–</strong> und das trotz all der<br />
Ruhe und der fast verloren geglaubten<br />
Zeit. Nun wollen die vier die Traditionen<br />
also wiederbeleben: „Wir wollen das<br />
Alte mit dem Verschränken, was über<br />
Jahrzehnte daraus entstanden ist: angesagtes<br />
Möbel- und Produktdesign, Instrumentenbau,<br />
Mode- und Textilgestaltung.“<br />
Der Titel ihres Festivals, für das<br />
bis zu 2000 Gäste erwartet werden,<br />
stehe schon fest: „Trubel in der Poche“.<br />
Es kann also losgehen. Fehlen nur<br />
noch die Gäste. Bis nach Berlin herüber<br />
soll das neue Festival strahlen. Schon<br />
jetzt entwerfen die vier emsig Flyer und<br />
Plakate. Denn wer nach Schneeberg will,<br />
benötigt Zeit. Er muss die kurvigen<br />
Straßen entlang und die Hügel hinauf.<br />
Im Gegenzug bekommt er aber auch viel<br />
Zeit geschenkt. Einen ganzen Nachmittag<br />
lang haben sich Franziska Heinze<br />
und ihre Freunde Zeit genommen, um<br />
durch eine der entlegensten Kreativschmieden<br />
der Republik zu führen. •<br />
<strong>ERZFREUNDE</strong>