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TAXI-DEMOS<br />
Jens Schmiljun, Andreas Scheuer, Rolf Feja, Hermann Waldner,<br />
Michael Oppermann, Boto Töpfer u. a.<br />
Hunderte Demonstranten am Brandenburger Tor pfiffen, buhten<br />
Andreas Scheuer aus und skandierten „Uber raus!"<br />
Er begann nun erneut seine bekannte<br />
Argumentationslinie: Wenn er seine<br />
Eckpunkte, bevor sie ausdiskutiert seien,<br />
zurückziehen würde, dann ginge auch<br />
dieser und jener Punkt verloren, der für<br />
das <strong>Taxi</strong>gewerbe positiv sei und es vor<br />
unlauterem Wettbewerb schütze, und<br />
das wolle Müller doch sicherlich nicht.<br />
„Ich habe Ihren Forderungskatalog gelesen.<br />
Ich habe ihn aufgenommen, und Sie<br />
haben zu meinem Eckpunktepapier gesagt:<br />
Ja, wenn es fair zugeht, dann finden wir<br />
eine Lösung.“ Anschließend las Scheuer<br />
nacheinander die sieben Überschriften<br />
aus dem Verbandspapier vor (siehe S. 14)<br />
und bejahte sie nachdrücklich: „Fairer<br />
Wettbewerb der Anbieter – ja! Mein Wort<br />
haben Sie: fairer Wettbewerb der Anbieter!“<br />
Die nächsten Punkte kommentierte er<br />
jeweils mit „ja! Kann ich unterschreiben!“,<br />
wobei die Menge langsam lauter wurde.<br />
KONTROLLE AUF JEDE KLEINE<br />
KOMMUNE ABWÄLZEN?<br />
Auch die nächste Stufe der Argumentationslinie<br />
kam vielen bekannt vor: „Wollt<br />
ihr fairen Wettbewerb?“ – und eine Reihe<br />
ähnlicher rhetorischer Fragen, wollt ihr<br />
dies, wollt ihr das, wollt ihr auch am neuen<br />
Großflughafen laden dürfen? Die häufige<br />
Wiederholung des Satzbeginns „Wollt ihr<br />
...“ führte bei humorvollen Zuhörern zum<br />
Kommentar „Maoam-Rede“; andere hatten<br />
Assoziationen, bei denen der Spaß aufhört.<br />
Dann ein entscheidender Punkt: „Die Frage<br />
der Rückkehrpflicht überlasse ich den<br />
Städten. Die Städte müssen entscheiden:<br />
ja oder nein. [...] Keiner will ungeregelte,<br />
ungerechte, unfaire Verhältnisse der Personenbeförderung,<br />
wie es in anderen Ländern<br />
ist. Keiner will in Deutschland San<br />
Francisco, keiner will New York, keiner will<br />
Los Angeles.“<br />
Dann, wegen der Lautstärke der<br />
Demonstranten fast schreiend: „Kapieren<br />
Sie endlich, dass ich Sie brauche für die<br />
Daseinsvorsorge! Und ich kämpfe dafür,<br />
dass Ihr Gewerbe geschützt wird […].<br />
Akzeptieren Sie auch, dass ich zu meinen<br />
Zusagen stehe, und fangen Sie nicht immer<br />
nur bei Null an, sondern gehen Sie auch<br />
darauf ein, dass ich mich bewege, zum<br />
Wohl der <strong>Taxi</strong>unternehmer, zum Wohl der<br />
<strong>Taxi</strong>fahrer, gegen unfairen und ungeregelten<br />
Wettbewerb!“<br />
Scheuer vermied eine Aussage zur Beibehaltung<br />
der Rückkehrpflicht für Mietwagen<br />
im Personenbeförderungsgesetz<br />
(PBefG), also im Bundesrecht. Er will sie<br />
abschaffen, den Städten jedoch die Entscheidung<br />
überlassen, sie auf kommunaler<br />
Ebene festzusetzen – und ihre Einhaltung<br />
zu überwachen – und da liegt aus Sicht des<br />
Bundesverbandes <strong>Taxi</strong> und Mietwagen der<br />
Haken: Größstädte wie <strong>Berlin</strong>, München<br />
und Köln sind schon heute mit der Kontrolle<br />
in so absolutem Maße überlastet, dass<br />
sie faktisch nicht stattfindet. Würde man<br />
allen Kommunen diese Aufgabe überlassen,<br />
wäre sie in der Praxis abgeschafft. Der<br />
Bundesverband will es deshalb umgekehrt:<br />
Im Bundesgesetz soll die Rückkehrpflicht<br />
beibehalten werden, und den Kommunen<br />
könne man gerne die Erlaubnis erteilen, sie<br />
bei sich außer Kraft zu setzen. So ging die<br />
Diskussion zwischen Scheuer, der immer<br />
wieder auf Allgemeinplätze auswich, und<br />
Müller, der hartnäckig ein Festhalten an<br />
der Rückkehrpflicht auf Bundesebene forderte,<br />
einige Zeit weiter.<br />
Müller hatte aber offenbar die Aussage<br />
des Deutschen Städtetages im Hinterkopf,<br />
der den Eckpunkten kurz zuvor eine<br />
Absage erteilt hatte. Er ließ nicht locker<br />
und setzte Scheuer nochmals die Pistole<br />
auf die Brust: „Erklären Sie hier verbindlich:<br />
Sind Sie bereit, die Rückkehrpflicht im<br />
Bundesgesetz weiterhin zu erhalten – oder<br />
wollen Sie hier nur darauf hinweisen, die<br />
Kommunen können ja, wenn sie weggefallen<br />
ist, etwas für uns tun?“ Scheuer schloss<br />
seine – wieder eher allgemein gehaltene<br />
– Antwort mit dem Vorschlag: „Wir werden<br />
die Entscheidung der Städte mit einbeziehen,<br />
ja oder nein, und dann können<br />
wir darüber diskutieren, wie weit wir das<br />
ausformulieren. Ausgemacht?“ Darauf ließ<br />
Michael Müller sich von Andreas Scheuer<br />
die Hand geben und erklärte: „Herr Minister,<br />
die Frage der Städte ist beantwortet:<br />
Der Deutsche Städtetag hat gestern oder<br />
vorgestern genau verkündet, dass er vom<br />
Aufgeben der Rückkehrpflicht im Bundesgesetz<br />
ebenfalls nichts hält. Das müssen<br />
wir nicht noch zusätzlich diskutieren, sondern<br />
es ist eine ganz klare Sache: Wenn<br />
tatsächlich Kommunen der Meinung sind,<br />
sie könnten das besser regeln, dann können<br />
sie das versuchen. [...] Und deswegen<br />
sagen wir ganz klar: Im Bundesgesetz<br />
muss die Rückkehrpflicht erhalten bleiben,<br />
und diese Forderung werden wir auch nicht<br />
aufgeben.“<br />
VIZEPRÄSIDENT WALDNER<br />
ZIEHT POSITIVE BILANZ<br />
Nach gut einer Stunde war die Kundgebung<br />
beendet. Auch wenn Scheuer sich<br />
in seiner Position kaum bewegt hat, so zog<br />
Bundesverbands-Vizepräsident Waldner<br />
doch ein positives Resümee und wertete<br />
den Aktionstag insgesamt als Erfolg für das<br />
deutsche <strong>Taxi</strong>gewerbe, da zunehmend viele<br />
Politiker sich für das Anliegen des Bundesverbandes<br />
und gegen Scheuers Pläne positionieren<br />
(siehe S. 18 bis 22). <br />
ar<br />
Einen Großteil des Wortlautes von Müllers<br />
und Scheuers Rededuell können Sie auf unserer<br />
Internetseite www.taxi-times.com nicht<br />
nur nachlesen, sondern sich sogar anhören<br />
und ansehen.<br />
TAXI MAI/JUNI <strong>2019</strong><br />
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