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Taxi Times Berlin - Mai / Juni 2019

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TAXI-DEMOS<br />

Jens Schmiljun, Andreas Scheuer, Rolf Feja, Hermann Waldner,<br />

Michael Oppermann, Boto Töpfer u. a.<br />

Hunderte Demonstranten am Brandenburger Tor pfiffen, buhten<br />

Andreas Scheuer aus und skandierten „Uber raus!"<br />

Er begann nun erneut seine bekannte<br />

Argumentationslinie: Wenn er seine<br />

Eckpunkte, bevor sie ausdiskutiert seien,<br />

zurückziehen würde, dann ginge auch<br />

dieser und jener Punkt verloren, der für<br />

das <strong>Taxi</strong>gewerbe positiv sei und es vor<br />

unlauterem Wettbewerb schütze, und<br />

das wolle Müller doch sicherlich nicht.<br />

„Ich habe Ihren Forderungskatalog gelesen.<br />

Ich habe ihn aufgenommen, und Sie<br />

haben zu meinem Eckpunktepapier gesagt:<br />

Ja, wenn es fair zugeht, dann finden wir<br />

eine Lösung.“ Anschließend las Scheuer<br />

nacheinander die sieben Überschriften<br />

aus dem Verbandspapier vor (siehe S. 14)<br />

und bejahte sie nachdrücklich: „Fairer<br />

Wettbewerb der Anbieter – ja! Mein Wort<br />

haben Sie: fairer Wettbewerb der Anbieter!“<br />

Die nächsten Punkte kommentierte er<br />

jeweils mit „ja! Kann ich unterschreiben!“,<br />

wobei die Menge langsam lauter wurde.<br />

KONTROLLE AUF JEDE KLEINE<br />

KOMMUNE ABWÄLZEN?<br />

Auch die nächste Stufe der Argumentationslinie<br />

kam vielen bekannt vor: „Wollt<br />

ihr fairen Wettbewerb?“ – und eine Reihe<br />

ähnlicher rhetorischer Fragen, wollt ihr<br />

dies, wollt ihr das, wollt ihr auch am neuen<br />

Großflughafen laden dürfen? Die häufige<br />

Wiederholung des Satzbeginns „Wollt ihr<br />

...“ führte bei humorvollen Zuhörern zum<br />

Kommentar „Maoam-Rede“; andere hatten<br />

Assoziationen, bei denen der Spaß aufhört.<br />

Dann ein entscheidender Punkt: „Die Frage<br />

der Rückkehrpflicht überlasse ich den<br />

Städten. Die Städte müssen entscheiden:<br />

ja oder nein. [...] Keiner will ungeregelte,<br />

ungerechte, unfaire Verhältnisse der Personenbeförderung,<br />

wie es in anderen Ländern<br />

ist. Keiner will in Deutschland San<br />

Francisco, keiner will New York, keiner will<br />

Los Angeles.“<br />

Dann, wegen der Lautstärke der<br />

Demonstranten fast schreiend: „Kapieren<br />

Sie endlich, dass ich Sie brauche für die<br />

Daseinsvorsorge! Und ich kämpfe dafür,<br />

dass Ihr Gewerbe geschützt wird […].<br />

Akzeptieren Sie auch, dass ich zu meinen<br />

Zusagen stehe, und fangen Sie nicht immer<br />

nur bei Null an, sondern gehen Sie auch<br />

darauf ein, dass ich mich bewege, zum<br />

Wohl der <strong>Taxi</strong>unternehmer, zum Wohl der<br />

<strong>Taxi</strong>fahrer, gegen unfairen und ungeregelten<br />

Wettbewerb!“<br />

Scheuer vermied eine Aussage zur Beibehaltung<br />

der Rückkehrpflicht für Mietwagen<br />

im Personenbeförderungsgesetz<br />

(PBefG), also im Bundesrecht. Er will sie<br />

abschaffen, den Städten jedoch die Entscheidung<br />

überlassen, sie auf kommunaler<br />

Ebene festzusetzen – und ihre Einhaltung<br />

zu überwachen – und da liegt aus Sicht des<br />

Bundesverbandes <strong>Taxi</strong> und Mietwagen der<br />

Haken: Größstädte wie <strong>Berlin</strong>, München<br />

und Köln sind schon heute mit der Kontrolle<br />

in so absolutem Maße überlastet, dass<br />

sie faktisch nicht stattfindet. Würde man<br />

allen Kommunen diese Aufgabe überlassen,<br />

wäre sie in der Praxis abgeschafft. Der<br />

Bundesverband will es deshalb umgekehrt:<br />

Im Bundesgesetz soll die Rückkehrpflicht<br />

beibehalten werden, und den Kommunen<br />

könne man gerne die Erlaubnis erteilen, sie<br />

bei sich außer Kraft zu setzen. So ging die<br />

Diskussion zwischen Scheuer, der immer<br />

wieder auf Allgemeinplätze auswich, und<br />

Müller, der hartnäckig ein Festhalten an<br />

der Rückkehrpflicht auf Bundesebene forderte,<br />

einige Zeit weiter.<br />

Müller hatte aber offenbar die Aussage<br />

des Deutschen Städtetages im Hinterkopf,<br />

der den Eckpunkten kurz zuvor eine<br />

Absage erteilt hatte. Er ließ nicht locker<br />

und setzte Scheuer nochmals die Pistole<br />

auf die Brust: „Erklären Sie hier verbindlich:<br />

Sind Sie bereit, die Rückkehrpflicht im<br />

Bundesgesetz weiterhin zu erhalten – oder<br />

wollen Sie hier nur darauf hinweisen, die<br />

Kommunen können ja, wenn sie weggefallen<br />

ist, etwas für uns tun?“ Scheuer schloss<br />

seine – wieder eher allgemein gehaltene<br />

– Antwort mit dem Vorschlag: „Wir werden<br />

die Entscheidung der Städte mit einbeziehen,<br />

ja oder nein, und dann können<br />

wir darüber diskutieren, wie weit wir das<br />

ausformulieren. Ausgemacht?“ Darauf ließ<br />

Michael Müller sich von Andreas Scheuer<br />

die Hand geben und erklärte: „Herr Minister,<br />

die Frage der Städte ist beantwortet:<br />

Der Deutsche Städtetag hat gestern oder<br />

vorgestern genau verkündet, dass er vom<br />

Aufgeben der Rückkehrpflicht im Bundesgesetz<br />

ebenfalls nichts hält. Das müssen<br />

wir nicht noch zusätzlich diskutieren, sondern<br />

es ist eine ganz klare Sache: Wenn<br />

tatsächlich Kommunen der Meinung sind,<br />

sie könnten das besser regeln, dann können<br />

sie das versuchen. [...] Und deswegen<br />

sagen wir ganz klar: Im Bundesgesetz<br />

muss die Rückkehrpflicht erhalten bleiben,<br />

und diese Forderung werden wir auch nicht<br />

aufgeben.“<br />

VIZEPRÄSIDENT WALDNER<br />

ZIEHT POSITIVE BILANZ<br />

Nach gut einer Stunde war die Kundgebung<br />

beendet. Auch wenn Scheuer sich<br />

in seiner Position kaum bewegt hat, so zog<br />

Bundesverbands-Vizepräsident Waldner<br />

doch ein positives Resümee und wertete<br />

den Aktionstag insgesamt als Erfolg für das<br />

deutsche <strong>Taxi</strong>gewerbe, da zunehmend viele<br />

Politiker sich für das Anliegen des Bundesverbandes<br />

und gegen Scheuers Pläne positionieren<br />

(siehe S. 18 bis 22). <br />

ar<br />

Einen Großteil des Wortlautes von Müllers<br />

und Scheuers Rededuell können Sie auf unserer<br />

Internetseite www.taxi-times.com nicht<br />

nur nachlesen, sondern sich sogar anhören<br />

und ansehen.<br />

TAXI MAI/JUNI <strong>2019</strong><br />

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