2019/41 - Fachkräftetag 08.10. - 13.10.2019
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38 BETROFFENE BRANCHEN<br />
Branchen in Not<br />
Demografischer Wandel Es gibt viele Betriebe, die händeringend nach Personal suchen –<br />
welche Branchen sind besonders betroffen? Von Kerstin Auernhammer<br />
Handwerk<br />
IT-Akademiker<br />
GRAFK: BMWI<br />
Metall- und<br />
Elektroberufe<br />
Gesundheit<br />
& Pflege<br />
Deutschland ist in besonderem<br />
Maße vom Fachkräftemangel<br />
betroffen.<br />
Mehr als 60 Prozent der<br />
Unternehmen sehen laut Bundeswirtschaftsministerium<br />
in<br />
fehlendem qualifiziertem Personal<br />
eine Gefahr für ihre Geschäftsentwicklung.<br />
Besonders<br />
in Süddeutschland und in den<br />
neuen Bundesländern spitze sich<br />
die Lage zu, heißt es aus dem Ministerium.<br />
Das Institut der Wirtschaft<br />
in Köln sieht Baden-Württemberg<br />
dabei als besonders problematisch.<br />
Hauptgrund für den Fachkräftemangel<br />
ist die demografische<br />
Entwicklung. Aufgrund der abnehmenden<br />
Geburtenraten in<br />
den letzten Jahrzehnten stehen<br />
dem Arbeitsmarkt immer weniger<br />
Fachkräfte zur Verfügung.<br />
Laut aktuellen Vorausberechnungen<br />
wird die Bevölkerung im<br />
erwerbsfähigen Alter, also Personen<br />
zwischen 20 und 65 bzw.<br />
67 Jahren, bereits im Jahr 2030<br />
um 3,9 Millionen auf einen Bestand<br />
von 45,9 Millionen Menschen<br />
sinken. Im Jahr 2060 sollen<br />
es über 10 Millionen Menschen<br />
weniger sein als heute.<br />
Vier Branchen sind<br />
besonders betroffen<br />
Um Unternehmen, die vom<br />
Fachkräftemangel betroffen<br />
sind, zu unterstützen, fördert<br />
das Wirtschaftsministerium das<br />
„Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung“.<br />
dieses hat vor allem<br />
vier Branchen ausgemacht,<br />
die besonders vom Fachkräftemangel<br />
betroffen: das Handwerk,<br />
IT-Akademiker, Metallund<br />
Elektroberufe sowie die Gesundheits-<br />
und Pflegebranche.<br />
Die Gründe dafür sind vielfältig:<br />
Im Handwerk und im Gesundheitswesen<br />
etwa sind die<br />
Verdienstchancen vergleichsweise<br />
niedrig, die Arbeitszeiten<br />
lang und die Tätigkeit oft auch<br />
körperlich fordernd.<br />
Paket für Pflegeberufe<br />
Die Regierung versucht derzeit<br />
gegenzusteuern und die<br />
Attraktivität von Pflegeberufen<br />
zu erhöhen. Auch der hohe Grad<br />
an Bürokratisierung macht speziell<br />
diesen beiden Branchen zu<br />
schaffen. Gerade im Pflegebereich<br />
versucht die Bundesregierung<br />
gegenzusteuern. Anfang<br />
des Jahres unterzeichneten Familienministerin<br />
Franziska Giffey,<br />
Arbeitsminister Hubertus<br />
Heil und Gesundheitsminister<br />
352<br />
von 801 Berufsgattungen<br />
sind aktuell mit Fachkräfteengpässen<br />
konfrontiert.<br />
<br />
Quelle: BMWI<br />
Jens Spahn eine Selbstverpflichtung<br />
mit 111 Maßnahmen. Damit<br />
wollen sie die Aus- und Weiterbildung<br />
in der Pflege verbessern<br />
und vor allem auch Quereinsteigern<br />
die Branche schmackhaft<br />
machen. 13.000 zusätzliche Stellen<br />
erhoffen sich die Minister<br />
davon. Bis die Maßnahmen greifen,<br />
wird es aber noch dauern,<br />
zumal bis Juli dieses Jahres<br />
nicht einmal 3.000 entsprechende<br />
Anträge gestellt wurden –<br />
wovon wiederum nur gut 300<br />
bewilligt wurden. Insider bemängeln<br />
die hohen Hürden für<br />
die Antragsstellung. Auf der anderen<br />
Seite stieg die Zahl der<br />
gemeldeten offenen Stellen in<br />
Pflegeheimen leicht an. Im Juli<br />
waren 9.400 Stellen unbesetzt -<br />
wohlgemerkt nur die offiziell<br />
ausgeschriebenen und nur die<br />
in Pflegeheimen.<br />
Auch im Handwerk klafft<br />
eine riesige Lücke – rund<br />
200.000 Fachkräfte fehlen. Genau<br />
beziffern lässt sich das<br />
nicht, weil viele Handwerker<br />
ihre offenen Stellen schon gar<br />
nicht mehr ausschreiben, wie<br />
Hans Peter Wollseifer, Präsident<br />
des Zentral verbandes des<br />
Deutschen Handwerks, einmal<br />
in einem Interview sagte. Der<br />
Frust ist groß. Im Handwerk ist<br />
ein gravierender Grund für den<br />
Fachkräftemangel der schon seit<br />
längerem anhaltende Trend zur<br />
Akademisierung. Da helfen<br />
nicht einmal die derzeit übervollen<br />
Auftragsbücher.