BMEnet Guide Mobilität 2009
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1 Juristische Aspekte<br />
Gerade im Bereich der Nutzung von Kraftfahrzeugen<br />
treten häufig Unsicherheiten bzgl. der rechtlichen<br />
Situation und der Normen auf. Es kann sehr schnell<br />
zu materiellen und gesundheitlichen Schäden – auch<br />
bei Unbeteiligten – kommen. Bei hieraus resultierenden<br />
Haftungsfragen steht aber nicht nur der Fahrer<br />
des Fuhrpark-Kfz sondern in einigen Fällen auch der<br />
Halter (d.h. meist der Fuhrparkleiter) in der Verantwortung.<br />
Vor diesem Hintergrund sind Kenntnisse einiger<br />
grundsätzlichen Gegebenheiten in der Fahrzeughaltung,<br />
der Halterhaftung und der Kontrollpflichten<br />
des Fuhrparkleiters unabdingbar.<br />
1.1 Fahrzeughalter<br />
Da der Gesetzgeber nicht geregelt hat wer als Fahrzeughalter<br />
gilt, ist die Frage anhand der Rechtsprechung<br />
zu klären.<br />
Wenn kleine Vergehen (Strafzettel) geahndet werden,<br />
gilt derjenige als Halter, der im Fahrzeugschein<br />
eingetragen ist. Bei größeren Vergehen (d.h. wenn<br />
sich die Staatsanwaltschaft einschaltet) wird eine<br />
umfassendere Halterdefinition nötig.<br />
Es gilt: Halter eines Kraftfahrzeugs ist, wer das Kraftfahrzeug<br />
für eigene Rechnung gebraucht, insbesondere<br />
die Kosten bestreitet und die Verfügungsgewalt<br />
Folgende Übersicht mag der Verdeutlichung dienen:<br />
Fall Halter<br />
Jede Art von Dienstwagen Unternehmen<br />
Unternehmen zahlt Leasingrate Unternehmen<br />
Unternehmen bündelt und hat das Kfz in den Büchern,<br />
Mitarbeiter zahlt<br />
Unternehmen bündelt lediglich das Bestellvolumen,<br />
Mitarbeiter bestellen selbst und zahlen selbst<br />
(Kfz nicht in Büchern)<br />
hat. Der wirtschaftliche Eigentümer ist somit der Halter.<br />
1.2 Delegation der Haftung<br />
Da die Unternehmensführung, welche wiederum für<br />
das als Halter fungierende Unternehmen haftet, diese<br />
Aufgabe nicht selbst ausüben kann, kann die Haftung<br />
in vollem Umfang delegiert werden. Dies ergibt<br />
sich aus § 9 II Nr. 2 OWiG (Gesetz über Ordnungswidrigkeiten).<br />
1 Die Übertragung der Pflichten muss dabei<br />
so gestaltet sein, dass die Erfüllung „in eigener<br />
Verantwortung“ geschieht. Hierbei gelten die Anforderungen,<br />
dass derjenige dem die Pflichten übertragen<br />
werden, zuverlässig, erprobt und sachkundig<br />
bei der Ausübung dieser Tätigkeiten ist.<br />
1 § 9 II (OWiG) Handeln für einen anderen:<br />
(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebes oder einem<br />
sonst dazu Befugten<br />
1. beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder<br />
2. ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben<br />
wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebes obliegen,<br />
und handelt er auf Grund dieses Auftrages, so ist ein Gesetz,<br />
nach dem besondere persönliche Merkmale die Möglichkeit<br />
der Ahndung begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden,<br />
wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei<br />
dem Inhaber des Betriebes vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des<br />
Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf<br />
Grund eines entsprechenden Auftrages für eine Stelle, die Aufgaben<br />
der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1<br />
sinngemäß anzuwenden.<br />
Unternehmen<br />
Mitarbeiter<br />
Die Delegation der Pflichten kann hierbei aufgrund<br />
von<br />
� Gesetzlichen Bestimmungen,<br />
� Arbeitsvertrag,<br />
� ausgeübter Funktion im Unternehmen (Fuhrparkleiter)<br />
oder<br />
� gesonderter Beauftragung erfolgen.<br />
Die Halterverantwortung kann nicht vom Fuhrparkleiter<br />
an die Nutzer weitergegeben werden. Durch<br />
die Regelungen des OWiG muss die Funktion des<br />
Pflichten des<br />
Halters<br />
Das Fahrzeug muss in einem ordentlichen Zustand sein.<br />
Das Gefährdungspotential und das Risiko für Dritte muss<br />
möglichst gering gehalten werden.<br />
Fürsorgepflicht gegenüber dem Mitarbeiter.<br />
Fuhrparkleiters somit verhältnismäßig vorstandsnah<br />
(Vorstand � EK-Leiter � Fuhrparkleiter) aufgehängt<br />
sein: Die Unternehmensführung haftet und die Delegationskette<br />
muss kurz sein.<br />
Jedoch können einzelne Aufgaben delegiert werden.<br />
In diesem Falle haftet der Halter zwar noch immer, es<br />
liegt aber kein Verschulden seinerseits vor.<br />
Aus dieser Delegation resultieren die folgenden<br />
Pflichten:<br />
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<strong>BMEnet</strong> <strong>Guide</strong> <strong>Mobilität</strong> <strong>2009</strong><br />
Pflichten des<br />
Fuhrparkleiters<br />
Pflichten des<br />
Nutzers / Fahrers<br />
Als Beauftragter des Halters treffen ihn die gleichen Pflichten wie den Halter.<br />
Kontrolle der Fahrzeuge.<br />
Einhaltung der straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen.<br />
Haftung für von ihm verursachte Schäden.<br />
Sorgsamer Umgang mit Betriebsmitteln.<br />
Aus einer Verletzung der jeweiligen Pflichten kann<br />
sich eine straf-, bußgeld- und versicherungsrechtliche<br />
Haftung ergeben.<br />
Strafrechtliche Haftung tritt zum Beispiel auf, wenn<br />
die Fahrerlaubnis fehlt, ein Fahrverbot verhängt oder<br />
die Fahrerlaubnis entzogen wurde und die Nutzer<br />
trotzdem ein Firmen-Kfz fahren.<br />
� In diesen Fällen hat der Halter für die strafrechtlichen<br />
Konsequenzen gerade zu stehen.<br />
� Ebenfalls hat die Geschäftsführung in vielen Fällen<br />
nur ein begrenztes Interesse, strafrechtlicher Haftung<br />
hart vorzubeugen. Beispielsweise wenn der<br />
internationale Führerschein einer „Expatriat“-IT-<br />
Fachkraft nach 6 Monaten1 verfällt oder einer der<br />
wichtigsten Vertriebsmitarbeiter seinen Führer-<br />
1 Nach 185 Tagen Lebensmittelpunkt in Deutschland erlischt<br />
die Fahrerlaubnis. Auf Antrag kann diese Periode um weitere<br />
185 Tage verlängert werden. Innerhalb dieser Frist muss eine<br />
Umschreibung erfolgen. Diese erfordert je nach Herkunftsland<br />
des Führerscheines unterschiedliche Anstrengungen des Nutzers<br />
(theoretische oder teils komplette Fahrprüfung).<br />
schein für einen Monat abgeben muss, besteht nur<br />
begrenzte Motivation hier die Firmenwagen zu<br />
entziehen.<br />
� In diesem Fall kann der Fuhrparkleiter frühzeitig<br />
vorschlagen, dass das Unternehmen Mietwagen für<br />
Expatriate einsetzt. Für das Unternehmen bzw. den<br />
Fuhrparkleiter besteht somit keine Halterverantwortung<br />
mehr.<br />
Bußgelder zahlt das Unternehmen. Es hat aber die<br />
Möglichkeit, gezahlte Gelder vom Nutzer zurückzufordern.<br />
Dieses Recht wird nicht in allen Fällen genutzt.<br />
Häufig werden Bußgelder bis zu einem gewissen<br />
Schwellenwert toleriert.<br />
Die versicherungsrechtliche Haftung ist vor allem<br />
dann von Bedeutung, wenn die Versicherung aufgrund<br />
von verletzten Aufsichtspflichten nicht bereit<br />
ist zu zahlen (z.B. fehlende Fahrerlaubnis). In diesen<br />
Fällen haftet der Arbeitgeber und kann unter Umständen<br />
Regressansprüche gegenüber dem Fuhrparkleiter