titel Vom Topstürmer zum Erfolgstrainer – Daniel Thioune im VfL-Stadion
„Ich liebe den Fußball“ Wie hat es Trainer Daniel Thioune geschafft, den VfL Osnabrück innerhalb weniger Monate von Rang 17 zum Spitzenreiter und Aufstiegskandidaten in der 3.Liga zu führen? Gibt es ein Erfolgsgeheimnis? VON MALTE SCHIPPER | FOTOS TOBIAS SCHWERTMANN kurz vor dem Gespräch mit Daniel Thioune auf der Illoshöhe kommen die Spieler vom Trainingsplatz zurück. Auf dem Weg zur Umkleide verfängt sich ein hoch geschossener Ball in der Krone eines Baumes. Ein Problem? Mitnichten. Mittelfeldspieler Anas Ouahim schießt kurzerhand einen Ball nach, und nach nur einem Versuch fallen beide Bälle wieder herunter. Läuft eben zur Zeit beim VfL. Einen großen Anteil daran hat der 44-jährige Thioune, der seit November 2017 nach kurzer Phase als Interimstrainer als Cheftrainer fungiert. Im Schatten der alten Tribüne redet er über seine aktive Zeit, seine Trainerwerdung und die aktuelle Saison. Und dabei lernt man mindestens genauso viel über den Trainer Thioune wie über den Menschen. Ein konkretes Erfolgsgeheimnis gibt es, wenig überraschend, nicht. Aber Überzeugungen und Vorstellungen davon, wie Erfolg erarbeitet werden kann. Als Kind wohnte Thioune gegenüber dem Trainingsgelände von Rasensport, in der B-Jugend wechselte er zum Post SV. „Ich habe den ganzen Tag auf der Anlage gesessen und wurde dann auch mal von der Herrenmannschaft dazu genommen, wenn es eine ungerade Anzahl von Spielern gab“, erinnert sich Thioune. „So habe ich auch die Nachmittage dort verbracht und beim Jugendtraining mitgeholfen. Ich habe einfach gefragt, weil ich damals schon Spieler weiterentwickeln wollte, obwohl ich erst 16 Jahre alt war.“ So lernte Thioune schon früh, wie es sich anfühlt, Mannschaften aufzustellen und Inhalte zu vermitteln. Und dann sagt er einen gewichtigen Satz: „Ich habe damals gemerkt, wie sehr ich den Fußball liebe.“ Uwe Brunn als Mentor Nach der Station Sportfreunde Oesede wurde Thioune dann 1996 tatsächlich Fußballprofi beim VfL Osnabrück und blieb als Spieler bis 2002. „In diesen sechs Jahren habe ich alle Höhen und Tiefen miterlebt, bin Torschützenkönig geworden, aufgestiegen und abgestiegen“, resümiert Thioune. Ein wichtiger Mitspieler war damals Torwartlegende Uwe Brunn. Über ihn sagt Thioune: „Er hat mich als jungen Spieler gefördert, aber auch gefordert. Er war einfach ein starker Begleiter in diesen sechs Jahren.“ Auch Brunn selbst erinnert sich gut an seine Zeit mit dem heutigen VfL-Trainer: „Ihn zeichnete aus, nie aufzustecken und Biss zu haben, sich weiterzuentwickeln und dazuzulernen. Daniel war als Spieler unglaublich handlungsschnell und sehr torgefährlich. Ich habe ihn mir aber auch mal hart zur Brust genommen und versucht, ihn weiterzubringen.“ Und auch an Thiounes Installierung als Trainer war Brunn als damaliger Vize-Präsident des VfL beteiligt. „Wir haben uns gesagt, dass wir einen offensiv denkenden und taktisch gut ausgebildeten Trainer im Nachwuchsbereich haben. Also haben wir ihm eine Chance gegeben.“ Die Zukunft sieht Brunn weiterhin positiv. „Ich traue der Mannschaft auf jeden Fall den Aufstieg zu. Und ganz ehrlich: Daniel würde ich als Trainer auch die Bundesliga zutrauen.“ „Daniel würde ich als Trainer auch die Bundesliga zutrauen.“ VFL-TORWARTLEGENDE UWE BRUNN In der Saison 1998/99 wurden auch andere Vereine auf den torgefährlichen jungen Mann aufmerksam. Zum Beispiel der FC Schalke <strong>04</strong>. „Rudi Assauer rief an und lud mich ein“, erinnert sich Thioune. „Das war schon ein großer Moment, als man auf einmal als kleiner Amateurfußballer im Büro des großen Assauer sitzen durfte.“ Letztlich scheiterte der Wechsel an der Ablösesumme. Aber nicht nur. „Damals dachte ich, dass mein Weg immer so geradlinig weitergehen würde und ich mir irgendwann die beste Praline rauspicke. Das war sicher ein Fehler.“ 2002 verließ Thioune den VfL in Richtung VfB Lübeck und spielte später noch bei Rot Weiss Ahlen. „In den letzten Jahren meiner aktiven Zeit habe ich gemerkt, dass ich in der Lage bin, eine Mannschaft zu führen. Ich war vier Jahre lang Kapitän in Ahlen. Wir haben dort mit sehr wenigen Mitteln viel erreicht, sind in die 2. Bundesliga aufgestiegen.“ Schließlich arbeitete Thioune eine Saison als Co-Trainer mit Arie van Lent in Ahlen. Dort kam er zu einer weiteren wichtigen Erkenntnis: „Das war ein guter erster Schritt. Doch ich habe gemerkt, dass ich kein zweiter Trainer sein möchte, sondern erster.“ Während seiner 14-jährigen Profikarriere spielte Thioune unter vielen verschiedenen Trainern, von Gerd-Volker Schock über Bernard Dietz bis Dieter Hecking. „Man kann von jedem Mitspieler und jedem Trainer etwas lernen“, meint Thioune. „Aber eben Gutes wie Schlechtes. Ich habe Trainer kennengelernt, die ich schon damals in Sachen Mannschaftsführung in Frage gestellt habe. Wieder andere konnten das besonders gut, hatten aber fachliche Probleme. Die Kombination, von allem etwas mitzunehmen und seinen eigenen Weg zu entwickeln, hilft einem.“ Erfolg als Trainer Nach der Insolvenz in Ahlen stand Thioune an einem Scheideweg. „Es geht nicht immer jede Tür so auf, wie man sich das wünscht“, sagt er rückblickend. „Ich habe mich hinterfragt, was mein Plan ist. Es gab auch die Überlegung, nichts mehr mit Fußball zu machen, aber trotzdem noch etwas zu vermitteln.“ So begann Thioune ein Pädagogikund Sportstudium. Doch dann kam eben jener Joe Enochs ins Spiel, mit dem er nicht nur lange beim VfL gespielt hat, sondern dessen Nachfolger er 2017 geworden war. „Joe rief mich an und fragte, ob ich kurz im Nachwuchsleistungszentrum aushelfen könne.“ Dabei blieb es nicht. Thioune übernahm nacheinander die U17 und die U19 und schaffte mit beiden Teams den Aufstieg. „Das hat mich darin bestärkt, die Kombination zu lehren mit dem Trainerschein zu untermauern, mit dem Ziel, Profitrainer zu werden“, so Thioune. Im DFB-Trainerlehrgang drückte er dann unter anderem mit Domenico Tedesco und Julian Nagelsmann die Schulbank. Mit dem Trainer von Hoffenheim steht Thioune bis heute in Kontakt. „Julian ist ein ganz offener Typ. Ich habe ihn auch in Hoffenheim besucht“, erzählt er. „Und man freut sich auch, wenn sich ein Bundesligatrainer zwischendurch an einen erinnert und sich darüber freut, wenn man gute Ergebnisse erzielt.“ Im November 2017 übernahm Thioune schließlich den Cheftrainerposten vom glücklosen Joe Enochs, der mittlerweile den Drittligisten FSV Zwickau coacht. Eine persönlich durchaus problematische Gemengelage: „Joe war derjenige, der mich zurückgeholt hat, weil er viel Vertrauen in meine Arbeit hat und mich vielleicht auch als Mensch schätzt“, sagt Thioune. „Unsere Partner- F <strong>STADTBLATT</strong> 4.<strong>2019</strong> 13