kino Unfassbar lässig: Robert Redford als Forrest Tucker und Sissy Spacek als Jewel Geschmeidiges Schlitzohr Abschied von der großen Leinwand? In seiner wahrscheinlich letzten Filmrolle brilliert Schauspiellegende Robert Redford als charmanter Ausbrecherkönig und Gentleman-Bankräuber. Der lockeren Komödie „Ein Gauner und Gentleman“ liegt eine ‚größtenteils‘ wahre Geschichte zugrunde. es müssen nicht immer die ganz dicken Wälzer sein, aus denen die großen Traumfabriken den Stoff ihrer Träume produzieren. Manchmal reicht auch ein Zeitungsartikel. Oder ein Zeitschriftenartikel, um im Falle von „Ein Gauner und Gentleman“ genau zu sein. Im Jahre 2003 veröffentlichte David Grann im Magazin „New Yorker“ einen Artikel über Forrest Tucker. Der war berühmt-berüchtigt als Gentleman- Bankräuber und Ausbrecherkönig, dem unter anderem mit einem selbstgebauten Boot die Flucht aus dem San Quentin State Gefängnis glückte. So eine Figur ist natürlich eine ideale Steilvorlage für einen Charakterdarsteller wie Robert Redford. Der angekündigt hat, sich mit dieser Rolle als Schauspieler aus dem Filmgeschäft zurückziehen zu wollen. Wir werden sehen. Der Film, angesiedelt in den frühen 1980ern, porträtiert Tucker als freundlichen, älteren Herrn, den absolut nichts aus der Ruhe bringen kann. Darauf stimmt bereits die grandiose Eingangssequenz dieser laut Vorspann „größtenteils wahren Geschichte“ ein, die mit einem Bankraub beginnt, der zunächst gar nicht wie ein Bankraub wirken will. Auf der Flucht kommt Tucker dann der Zufall in Gestalt einer gewissen Jewel (Sissy Spacek) zu Hilfe. Die ist mit ihrem Auto am Straßenrand liegengeblieben. Und während er sich als aufmerksamer Kavalier und Pannenhelfer verdient macht, rauscht die Polizei an ihm vorbei. Natürlich geht Tuckers Charme nicht folgenlos an Jewel vorüber. Die zwei kommen sich näher, und er verrät ihr nach minimalem Zögern tatsächlich seinen Job als Bankräuber. Schon bald findet er sich auf ihrem Landsitz mit drei Pferden wieder und könnte sich eigentlich zur Ruhe setzen. Tut er aber nicht. Und während Tucker mit seinen Kompagnons Teddy und Waller (Danny Glover, Tom Waits) eine Bank nach der anderen ausraubt, kommt ihm der desillusionierte Cop John Hunt (Casey Affleck) auf die Spur. Der lässt selbst dann nicht locker, als ihm das FBI den Fall entzieht. „The Old Man and the Gun“, so der Originaltitel, wirkt tatsächlich wie Redfords Abschied von der großen Leinwand. An der Figur des realen Bankräubers Tucker hat er gemeinsam mit Drehbuchautor und Regisseur David Lowery („The Saints – Sie kannten kein Gesetz“) so lange gefeilt, bis sie hundertprozentig zu ihm passte. Das Ergebnis ist eine lockere Komödie voller Charme und Anspielungen, die von der ersten bis zur letzten Sekunde wie eine fortlaufende Verbeugung vor Redfords Schaffen und Werk wirkt. Dies freilich nicht ohne schelmische Unter- und Zwischentöne. Wenn Redford in seiner Rolle als Tucker gesteht, noch nie auf dem Rücken eines Pferdes gesessen zu haben, dann hat er natürlich alle Lacher des Publikums auf seiner Seite. Schließlich hatte er vor fünfzig(!) Jahren mit seiner Rolle des Sundance Kid an der Seite von Paul Newman seinen Durchbruch zum Weltstar im Western „Zwei Banditen – Butch Cassidy and the Sundance Kid“. Seither hat Redford den Ruf des elegant-charmanten Gegenentwurfs zum knorrigen Clint Eastwood weg. Redfords Rolle des Sundance Kid sollte nicht nur dessen späteres Schaffen nachhaltig beeinflussen. Sie wurde auch zur Namensgeberin des von Redford 1980 gegründeten Sundance Institutes und des 1984 ins Leben gerufenen Sundance Film Festivals, mit denen er seither mit großem Erfolg die Förderung unabhängiger Filmemacher vorantreibt. Der Film „Ein Gauner und Gentleman“ resümiert nun Redfords Schaffenskraft. Aber Redford gewinnt seiner mutmaßlich finalen Rolle auch eine rätselhafte Tiefe ab. Tuckers Motivation, so zu handeln, wie er es tut – mit allen vorhersehbaren Konsequenzen – erscheint geheimnisvoll und wird wohl immer hinter dem charmanten Lächeln verschlossen bleiben, mit dem Redford mehr als ein halbes Jahrhundert Filmgeschichte geprägt hat. FRANK JÜRGENS USA 2018. R. David Lowery. D. Robert Redford, Sissy Spacek, Casey Affleck u. a. P ab 28.3., Cinema Arthouse, CineStar 36 <strong>STADTBLATT</strong> 4.<strong>2019</strong>
24.<strong>04</strong>.— 28.<strong>04</strong>.<strong>2019</strong> ↳ FESTIVAL 24.<strong>04</strong>.— 26.05.<strong>2019</strong> ↳ AUSSTELLUNG No XXXII [wa ld 'g æm. ( )] WILD WILD GRAMMAR European·Media·Art·Festival¬ No32·Wild·[wa ld]¬ Grammar·['g æm. ( )] 24 – 28/<strong>04</strong> ↦ Festival¬ 24/<strong>04</strong> – 26/05 ↦ Exhibition www.emaf.de .EMAF .DE