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ASO! Augsburg Süd-Ost - Februar 2020

Stadtteilmagazin für Augsburg-Hochzoll, -Herrenbach, -Spickel, -Textilviertel und Friedberg

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ASO! Februar 2020

willigte ich ein. Gemeindeschreiberei und

Standesamt übernahm ich gegen besondere

Bezahlung.

Die Arbeiten des Gemeindeschreibers

wurden von Jahr zu Jahr immer mehr, so

daß zur Bewältigung derselben sehr oft

die Nacht verwendet werden mußte. An

eine Erholung in frischer Luft war außer

den Ferien nicht zu denken. Eine besonders

zeitraubende Arbeit brachte der

Grenzstreit zwischen Friedberg und Friedbergerau.

Nun mußte ich als Gemeindeschreiber

die Unterlagen nach dem Bestand

vom Jahre 1818 (in diesem Jahr war

Friedbergerau, das bis dahin zu Friedberg

gehörte, selbständige Ruralgemeinde

geworden. Anm. d. Verf.) herbeischaffen,

einen Flurplan nach den aufgefundenen

Plannummern aus dem Grundbuch des

Rentamts Friedberg zeichnen, mit den

nötigen Nummern versehen und danach

eine genaue Grenzbeschreibung herstellen.

(Es handelt sich um die Grenzziehung

an der Meringer Straße, die erst 1894

nach einem fast 30-jährigen Grenzstreit

zwischen Friedberg und der Gemeinde

Friedbergerau staatlich bestätigt wurde.

Anm. d. Verf.)

Der arme Dorfschullehrer

Und Schwenk beklagt sich: „Für die Lehrer,

besonders auf dem Land, trat niemand

ein. Die Städte sorgten selbst für eine

Besserstellung ihrer Lehrer. Die Landlehrer

erhielten die eigenartigen Gehaltserhöhungen,

indem ihre Dienstwohnung,

welche bisher mit 20,80 M jährlich angesetzt

war auf 200 M erhöht wurde, also

keinen Pfennig Mehreinnahmen, aber

eine Steuermehrung erhielten. Wem sollte

bei einer solchen Behandlung nicht die

Galle aufsteigen? Zu einer Gebirgs- oder

gar Seereise kam ich nie; Fußreisen von

einigen Tagen waren bei solchen Einnahmeverhältnissen

in den ersten 15 Jahren

meiner Dienstzeit kaum zulässig. Die (eigenen)

Kinder mehrten sich schneller als

die Zulagen und ihre Bedürfnisse wuchsen

rascher als die Besoldung; auch von

den Idealen allein kann man nicht leben.

Die Städter meinten, ich lebe doch billiger

als sie, bis sie erfuhren, daß es hier keinen

Bäcker und keinen Metzger gab, also

zum Stadtpreis noch Botenlohn kam. Ich

suchte durch Hasen und Ziegenzucht billiger

durchzukommen, mußte aber Futter

kaufen, weil der Eigenbau nicht genügte.

Geschenke gab es wenig und meist

in bar, weil in der Stadt alle Produkte gut

ans Geld gebracht werden konnten und

der Zuwachs meist Fabrikarbeiter waren.

Wäre nicht der Schulgeldertrag höher gewesen

als er mir angerechnet wurde, ich

wäre abermals zum Wandern gezwungen

gewesen. Die größeren Städte, welche

besser bezahlen und auch zur Ausbildung

der Kinder billige Gelegenheit bieten,

rechneten die anderwärts verbrachten

Dienstjahre nicht oder nur gering an,

sodaß ich wohl hohe Miete für die Wohnung,

aber nicht entsprechend höheren

Gehalt für die ersten zehn Jahre zu erwarten

hatte. Darum hieß es aushalten und

auf bessere Zeiten warten. Die Familie

wuchs auf acht Köpfe an. Zwei Kinder sind

klein gestorben.“

Die Klagen des Hochzoller Lehrers hatten

sicher ihre guten Gründe. Das Schulgeld

z.B. mussten die Lehrer bei den Eltern

selbst einsammeln, also oft “hinterherlaufen“.

Schon um 1800 herum hat der Lehrer

Samuel Friedrich Sauter (1766-1846) ein

Klagelied gedichtet vom traurigen Leben

des armen Dorfschulmeisterleins. Dort

heißt in einigen der 25 Strophen:

Willst wissen du, mein lieber Christ,

wer das geplagteste Männchen ist ?

Die Antwort lautet allgemein:

ein armes Dorfschulmeisterlein.

Bei einem kargen Stückchen Brot,

umringt von Sorgen, Müh und Not,

soll es dem Staate nützlich sein,

das arme Dorfschulmeisterlein.

Anfangs nahm man gern vorlieb,

wenn es den Unterricht betrieb,

nun soll‘s ein halb Gelehrter sein,

das arme Dorfschulmeisterlein.

Nun erst beginnt die größte Plag.

Sein Ämtchen sperrt den ganzen Tag

zu Kindern in die Schul ihn ein,

das arme Dorfschulmeisterlein.

Hier ist es nun, das eine brummt,

Das andre lacht, das dritte summt

Mutwillig in das Ohr hinein

Dem armen Dorfschulmeisterlein.

Wenn‘s liebevoll den Kindern wehrt

und keines die Ermahnung hört,

so schlägt es öfters hitzig drein,

das gähe Dorfschulmeisterlein.

Ein Kind zeigt es dem Vater an,

und der, ein ungeschliffner Mann,

macht ihm die größten Flegelein,

dem armen Dorfschulmeisterlein.

Oft macht‘s der Pfarrer ihm zu bunt

und lässt ihm keine Ruhestund.

Was will‘s, es muss gehorsam sein.

Das arme Dorfschulmeisterlein.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstand

aus dieser Vorgabe dann das lustige

Spottlied auf den Dorflehrer. Wer kennt

sie nicht, die Strophen, in denen es z.B.

heißt?:

Und wird im Dorf ein Schwein geschlacht,

dann könnt ihr sehen, wie er lacht,

die größte Wurst ist ihm zu klein,

dem armen Dorfschulmeisterlein.

Und wenn im Dorf mal Hochzeit ist,

da könnt ihr sehen, wie er frisst,

was er nicht frisst, das steckt er ein,

das arme Dorfschulmeisterlein.

Es wünscht ihm guten Appetit

13

Bildunterschriften: S. 12, oben: Portrait von Theodor

Schwenk, Quelle: Archiv St. Matthäus; S. 12:

Die Schule Aktuell, Foto: B. Steiert; Alte Schule von

1876 und die damals neue Schule von 1901, Quelle:

Angelika Brachholz, geb. Schwenk; S.13, oben links:

„Klassenfoto“: 1908: Hochzoller Schüler mit den Lehrern

Schwenk und Leiterer und Fr.Kirschner Quelle:

Schwager/Thieme:Hochzoll; unten links: Evangelische

Kirche, Quelle: wie Nr.2 Schwager/Thieme

A. Hausmann

Redaktion und Autor danken Frau Bachmann für die

freundliche Unterstützung im Gemeindearchiv St.

Matthäus.

(Fortsetzung folgt)

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