doktorinwien 03/2020
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MEDIZIN SERVICE<br />
Neue Methode zur Überwachung von Brustkrebs<br />
Mit einem neuen bildgebenden Verfahren<br />
lassen sich Brusttumore besser überwachen<br />
und in Echtzeit beobachten, welche<br />
Regionen des Geschwulstes aktiv sind. In<br />
Kombination mit genetischen Tests könnte<br />
dies bessere individuelle Therapien und eine<br />
frühere Abschätzung ihrer Wirksamkeit<br />
ermöglichen, so die Forscher um die österreichische<br />
Medizinerin Ramona Woitek von<br />
der Uni Cambridge im Fachblatt Pnas.<br />
Grundlage des neuen Verfahrens ist die<br />
Magnetresonanztomografie (MRT). Diese<br />
liefert gestochen scharfe Bilder von Geweben<br />
und Organen, hat allerdings den Nachteil,<br />
nicht sehr empfindlich zu sein. Daher versuchen<br />
seit einigen Jahren Wissenschafter die<br />
Empfindlichkeit der Methode zu verbessern,<br />
etwa indem sie Substanzen, die nur in geringer<br />
Konzentration im Körper<br />
vorkommen, sichtbar<br />
machen und so Stoffwechselvorgänge<br />
in Echtzeit<br />
mitverfolgen können.<br />
Woitek hat gemeinsam<br />
mit ihrem Kollegen Ferdia<br />
Gallagher – beide sind<br />
auch an der Medizinischen<br />
Universität Wien beschäftigt<br />
– die körpereigene<br />
Substanz Pyruvat mit dem<br />
Kohlenstoffisotop C-13<br />
markiert und diese in<br />
einem speziellen Verfahren<br />
magnetisiert. Sie kühlten<br />
dazu die Verbindung auf minus 272 Grad<br />
Celsius ab und setzten sie einem sehr starken<br />
Magnetfeld und Mikrowellenstrahlung aus<br />
– die Wissenschafter nennen das „Hyperpolarisierung“.<br />
Wieder aufgetaut wird die<br />
Substanz dann Patientinnen injiziert. Durch<br />
die Magnetisierung erhöht sich die Signalstärke<br />
des C-13-Pyruvat im MRT um das<br />
10.000-fache.<br />
Üblicherweise wird Pyruvat in Körperzellen<br />
in Laktat umgewandelt. Tumorzellen haben<br />
allerdings einen veränderten Stoffwechsel.<br />
Dort erfolgt die Umwandlung von Pyruvat zu<br />
Laktat viel schneller – wobei die Geschwindigkeit<br />
des Prozesses zwischen verschiedenen<br />
Tumoren variiert und auch innerhalb<br />
des Tumors nicht überall gleich ist. Mit dem<br />
MRT lässt sich nicht nur die Menge des mit<br />
C-13 markierten Pyruvat in verschiedenen<br />
Geweben, sondern auch der Umwandlungsprozess<br />
in Echtzeit verfolgen. „Wir konnten<br />
zeigen, dass verschiedene Brustkrebstypen<br />
Unterschiede im Stoffwechsel von Pyruvat<br />
haben und wir anhand dessen die aggressivsten<br />
Tumore identifizieren können“, so<br />
Woitek gegenüber der APA.<br />
„Das ist eines der detailliertesten Bilder des<br />
Stoffwechsels von Brustkrebs, die wir je hatten.<br />
Es ist, als ob wir den Tumor atmen sehen<br />
können“, erklärte Kevin Brindle vom Cancer<br />
Research UK Cambridge Institute in einer<br />
Aussendung. Die Wissenschafter haben die<br />
Methode bisher bei sieben Patientinnen mit<br />
unterschiedlichen Brustkrebs-Tumoren angewendet<br />
und hoffen nun, das Verfahren an<br />
einer größeren Gruppe erproben zu können.<br />
Die Methode könnte nicht nur neue Informationen<br />
über den Stoffwechselstatus des Tumors<br />
einzelner Patientinnen liefern. Sie könnte den<br />
Ärztinnen und Ärzten auch helfen, die beste<br />
Behandlung zu finden und den Therapieverlauf<br />
zu verfolgen und nötigenfalls die Behandlung<br />
zu adaptieren. So würden viele Patientinnen<br />
mit Brustkrebs vor einer Operation<br />
Chemotherapie bekommen, um den Tumor zu<br />
verkleinern und besser operieren zu können.<br />
„In dieser Situation könnte das MRT mit<br />
hyperpolarisiertem C-13 sehr nützlich sein,<br />
da es uns – so die Hoffnung – früher als<br />
andere Methoden zeigen könnte, ob Patientinnen<br />
auf die Therapie ansprechen“, sagte<br />
Woitek. APA<br />
Immer mehr österreichische Männer kurzsichtig<br />
Foto: Lars Neumann/GettyImages<br />
Ein Team um den Medizinstatistiker und<br />
Epidemiologen Thomas Waldhör von der<br />
Abteilung für Epidemiologie des Zentrums<br />
für Public Health der MedUni Wien konnte<br />
in einer Langzeitstudie das Ansteigen der<br />
Myopie-Fälle (Kurzsichtigkeit) bei österreichischen<br />
Bundesheerrekruten nachweisen.<br />
Daten von rund 1,5 Millionen stellungspflichtigen<br />
Männern wurden analysiert. Die<br />
Ursachen sind unklar.<br />
Waren im Jahr 1983 noch 13,8 Prozent der<br />
Bundesheerrekruten kurzsichtig, so betraf dies<br />
2017 bereits 24,4 Prozent. Für diese langfristige<br />
Beobachtungsstudie wertete das Team<br />
von Thomas Waldhör die Daten von insgesamt<br />
rund 1,5 Millionen jungen Männern aus,<br />
die zwischen 1965 und 1999 geboren wurden.<br />
Die Datenanalyse zeigte außerdem, dass<br />
die Prävalenz auch bei jungen Männern mit<br />
einem niedrigeren Bildungsniveau deutlich<br />
zugenommen hat. Lag der Anteil jener mit<br />
einer Myopie 1983 noch bei 11,4 Prozent, so<br />
waren es 2017 bereits 21,7 Prozent. Bei den<br />
Rekruten mit einem höheren Bildungsniveau<br />
hatten 1983 noch 24,5 Prozent eine Myopie,<br />
und 2017 waren es 29,6 Prozent. Die Differenz<br />
der beiden Gruppen wurde somit geringer.<br />
Schließlich zeigten die Resultate noch, dass<br />
die Prävalenz bei untergewichtigen Männern<br />
und höherer Ruhepulsrate höher war als bei<br />
normalgewichtigen. „Dieses Ergebnis könnte<br />
auf einen Zusammenhang zwischen körperlicher<br />
Fitness und Myopie bei jungen Männern<br />
hinweisen“, so Waldhör. Die Studie<br />
ist jetzt im British Journal of Ophthalmology<br />
erschienen.<br />
Als Ursachen für das allgemeine Ansteigen<br />
der Kurzsichtigkeit werden vor allem Nah-<br />
Feld-Tätigkeiten, also Aktivitäten in unmittelbarer<br />
Augennähe, wie Lesen oder das häufige<br />
Schauen auf kleine Displays vermutet. Die<br />
verringerte Differenz zwischen den Bildungsgruppen<br />
lässt sich wahrscheinlich mit der<br />
vermehrten Verwendung von bildschirmbasierten<br />
Tätigkeiten in allen Bildungsgruppen<br />
erklären. Junge Menschen, die sich viel im<br />
Freien aufhalten und Sport betreiben, zeigen<br />
dagegen weniger oft Myopien als jene, die<br />
selten Outdoor-Aktivitäten betreiben. Der<br />
kausale Zusammenhang ist aber medizinisch<br />
noch nicht geklärt. <br />
APA<br />
<strong>03</strong>_<strong>2020</strong> doktor in wien 29