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doktorinwien 03/2020

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BRIEF DES PRÄSIDENTEN IN EIGENER SACHE<br />

Sehr geehrte Kollegin! Sehr geehrter Kollege!<br />

Nein zu Aut idem<br />

Foto: Stefan Seelig<br />

„Ärztinnen und Ärzte<br />

wissen am besten, wie<br />

ihre Patientinnen und<br />

Patienten ticken,<br />

welche Medikamente<br />

sie gut vertragen.“<br />

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► Immer stärker ist in letzter Zeit die Forderung laut geworden, Parallelexporte von<br />

Medikamenten zu verbieten. Der Umstand, dass für Österreich gedachte Medikamente<br />

oftmals exportiert werden, und zwar in jene Länder, wo die Preise höher und damit die<br />

Margen besser sind, ist bestimmt nicht im Interesse von uns Ärztinnen und Ärzten, und<br />

schon gar nicht im Sinne unserer Patientinnen und Patienten.<br />

Das Gesundheitsministerium hat kürzlich eine Verordnung veröffentlicht, die mit April <strong>2020</strong><br />

in Kraft tritt und dazu beitragen soll, Lieferengpässe für Arzneimittel zu verhindern. Damit<br />

kann für betroffene Medikamente eine Exportbeschränkung verhängt und Parallelexporte im<br />

Fall des Falles verhindert werden. Konkret ist vorgesehen, dass Zulassungsinhaber eine voraussichtliche<br />

Nicht-Lieferfähigkeit eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels ab zwei Wochen<br />

in das öffentlich einsehbare Melderegister des BASG einmelden müssen. Solange die Medikamente<br />

in diesem Register aufscheinen, sollen sie temporär nicht exportiert werden dürfen.<br />

Ob der Plan aufgehen und dazu beitragen wird, dass Patientinnen und Patienten nicht mehr<br />

auf bestimmte Arzneimittel verzichten beziehungsweise auf andere Produkte ausweichen müssen,<br />

wird sich weisen. Die Verordnung ist jedenfalls eine erste begrüßenswerte Maßnahme.<br />

Profitgedanke fehl am Platz<br />

In diesem Zusammenhang ist auch unser klares „nein“ zu Aut idem festzuhalten. Die Apotheken<br />

sind verpflichtet, die Medikamente an die Patientin oder den Patienten auszufolgen,<br />

die auf dem Rezept stehen. Und nicht irgendein Ersatzpräparat oder Generikum ihrer Wahl.<br />

Apotheker sind keine Medizinerinnen und Mediziner und kennen in der Regel auch die<br />

Befindlichkeiten von Patientinnen und Patienten nicht. Dass sie für Aut idem sind, also selbst<br />

entscheiden, Patientinnen und Patienten ein billigeres – aber margenstärkeres – Medikament<br />

zu geben, ist lediglich aus der Sicht der Apotheker zu verstehen. Nicht aber aus ärztlicher Sicht.<br />

Apotheken ersparen sich nämlich viel an Lagerkosten, wenn sie die Anzahl der verfügbaren<br />

Medikamente reduzieren und steigern Gewinne, wenn sie in größeren Mengen – und dafür<br />

billiger – einkaufen. Das mag vom Profitgedanken her verständlich sein, aber nicht aus gesundheitlichen<br />

Gründen.<br />

Ärztinnen und Ärzte wissen am besten, wie ihre Patientinnen und Patienten ticken, welche<br />

Medikamente sie gut vertragen. Die Patientinnen und Patienten sind es gewohnt, stets das<br />

gleiche Medikament – die gleiche Form und Farbe einzunehmen und werden verunsichert,<br />

wenn die Packung plötzlich eine andere ist. Insbesondere bei älteren Patientinnen und<br />

Patienten ist dies häufig der Fall. Deshalb plädieren wir ja seit Jahren dafür, dass automatisch<br />

jeder Allgemeinmediziner eine eigene Hausapotheke führen darf. Vor allem am Land ist dies<br />

wesentlich für eine flächendeckende Versorgung.<br />

Ältere, weniger mobilere Menschen sind kaum in der Lage, mehrere Kilometer zur nächsten<br />

Apotheke zu fahren, wenn zudem das öffentliche Verkehrsangebot dürftig ist.<br />

Für Landärzte sind Hausapotheken aus mehreren Gründen notwendig: Rasche Versorgung<br />

ihrer Patientinnen und Patienten und bessere Belieferung. Natürlich spielen auch finanzielle<br />

Gründe eine Rolle: Viele Hausärzte können ohne Hausapotheken nicht vernünftig wirtschaften.<br />

Die Kosten sind zu hoch, der Umsatz im Verhältnis zum Stundenaufwand zu gering.<br />

Noch etwas: Apotheken machen einen beträchtlichen Teil des Umsatzes mit OTC-Produkten,<br />

für die es keine Verschreibung braucht. Vielleicht wäre es besser, neue Geschäftsfelder zu<br />

erschließen, statt sich mit Ärztinnen und Ärzten zu matchen.<br />

Herzlichst,<br />

Ihr Thomas Szekeres<br />

<strong>03</strong>_<strong>2020</strong> doktor in wien 3

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