kiddies 2019
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Pro und Kontra
HANDYS
IM KREISSSAAL
Das Handy hat Einzug gehalten im Kreißsaal. Heute ist es selbstverständlich,
dass Väter und Mütter Fotos und Filme während der Wehen posten.
Aber sind Smartphones wirklich gute Geburtsbegleiter?
KRISTINA KROEMER
Redakteurin,
drei Kinder
STEFAN MEIER
Grafiker, wünscht
sich bald Kinder
PRO
FOTOS: privat (2)
„MAN KANN JA JEDERZEIT AUSSCHALTEN …“
Als ich unsere Kinder bekommen habe, da waren Handys riesengroß
und ungeheuer teuer, Facebook und Instagram gab’s noch
nicht. Es war sogar relativ neu, dass die Väter bei der Geburt dabei
waren. Ihre Aufgabe war es damals, der werdenden Mutter übers
Haar zu streichen und die Nabelschnur durchzuschneiden.
Ich hätte gern Fotos und Filme von der Geburt gehabt, und
auch vom ersten Augenblick im Leben jedes meiner drei Kinder.
Warum denn nicht? Bilder davon, wie das Kind das Licht unserer
Welt erblickt – wie spannend! Kleine Kinder verändern ja
sozusagen stündlich ihr Aussehen, das ist unglaublich. Und
außerdem verschwimmt die Erinnerung mit den Jahren, das ist
leider so. Ich würde mir das sogar heute noch gern ab und zu
mal angucken. Denn ich selbst war jedes Mal so geschafft nach
der Geburt, dass ich davon kaum etwas mitbekommen habe.
Ich finde es natürlich auch nicht gut, wenn der Vater mit dem
Handy herumspringt, seiner Frau nicht zur Seite steht, alles
durcheinanderbringt und das medizinische Personal behindert.
Das muss ja nicht sein. Aber eine Dokumentation der wichtigsten
Momente während so einer Geburt zu haben, das halte ich
für sinnvoll und schön. Auch für das Kind später: Guck mal, das
ist passiert, als du gekommen bist. So hat die Mami ausgesehen.
Und so hast du ausgesehen. Das ist doch aufregend! Kinder
fragen immer wieder nach diesen Momenten, wenn sie
noch klein sind: Wie war das eigentlich damals? Dann kann
man ihnen das zeigen. Und: Man kann das Handy ja jederzeit
ausschalten, wenn es zu viel wird.
„NAH DRAN, ABER NICHT WIRKLICH BERÜHRT“
Für mich ist es unvorstellbar, mein Handy mit in den Kreißsaal
zu nehmen, zu filmen und zu knipsen. Denn schon öfter
habe ich festgestellt, dass das Handy wie ein Filter wirkt, um
die Welt da draußen wie durch Glas zu betrachten. Man ist
ganz nah dran, fast mittendrin, aber man wird nicht wirklich
berührt. Man macht Fotos über Fotos, vielleicht auch Filme,
und kriegt dabei vom echten Vorgang gar nicht viel mit. Und
der echte Vorgang einer Geburt – das stelle ich mir einfach
unglaublich vor. Wenn das Baby dann da ist, wenn du es in
den Armen hältst, wenn es dich anschaut … Oft genug habe
ich bei mir selbst und auch bei Freunden erlebt, dass man sich
die Bilder hinterher nicht wieder ansieht und über dem ganzen
Geknipse das wirklich Wesentliche verpasst hat. Das möchte
ich auf gar keinen Fall! Und was ich überhaupt nicht verstehe,
ist, wenn man das auch noch postet. Eine Geburt ist etwas
so Persönliches, so Intimes, das sollte man für sich behalten.
Allein die Vorstellung gruselt mich, den Babybauch meiner
Freundin oder vielleicht sogar verschiedene Phasen der Geburt
in den sozialen Netzwerken zu zeigen und auf Kommentare
zu warten – ich finde das total geschmacklos.
Andererseits: Eine Geburt ist ein gewaltiges Ereignis, es kann
gut sein, dass man da als Mann total überfordert ist und vielleicht
tatsächlich so einen Filter braucht. Aber der erste Moment
im Leben meines Kindes hat nichts auf dem Handy zu
suchen, da bin ich mir ziemlich sicher. Aber wer weiß – vielleicht
sehe ich das anders, wenn es endlich so weit ist.
KONTRA
20
KIDDIES