kiddies 2019
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Erziehung
Teilen will gelernt
sein. Kleinkinder
lernen Sozialverhalten
erst nach
und nach
wenn es angezogen wird. Dann loben die Eltern, weil sie denken,
dass es helfen will – und prompt macht es ein bisschen
mit. „So lernen sie nach einer Weile nicht nur, sich anzuziehen,
sie lernen auch: Meine Eltern freut es, wenn ich helfe.“
Paulus’ Labor sieht aus wie ein großes Spielzimmer. In der
Mitte ein Tisch, rundherum Kuscheltiere, Legosteine, Bilderbücher.
Hier teilen Kinder verschiedener Altersgruppen Spielzeuge
miteinander oder helfen beim Klötzchenbau – unter
wissenschaftlicher Beobachtung.
In ihren ersten zwei Lebensjahren streiten Kinder mit anderen
Kindern viel mehr, als dass sie miteinander spielen. Aber das
verbessert sich peu à peu. Denn Kinder beobachten genau,
wie die Erwachsenen auf die Streitereien reagieren – und passen
sich dann den vorgegebenen Normen wie Fairness und
Hilfsbereitschaft an.
Weil diese Entwicklung überall auf der Welt in vergleichbaren
Stufen verläuft, steckt dahinter wohl ein angeborenes Programm,
das sich zwar an der Umwelt orientiert, aber erst einmal
naturgegeben ist.
Wenn in der Kita einem Kind das Kuscheltier herunterfällt,
dann kommen die Größeren und heben es auf. Die Kleinen
nehmen es – um es selbst zu behalten. Dem anderen Kind
uneigennützig beim Aufheben zu helfen, so etwas machen die
meisten Kinder etwa mit 14 Monaten zum ersten Mal. Warum?
Wahrscheinlich nur, weil sie das schon einmal bei anderen
gesehen haben.
Empathie, die Fähigkeit, sich in andere und ihre Bedürfnisse
hineinzuversetzen und mit gutem Grund zu helfen, scheint
erst mit etwa 18 Monaten zu entstehen. Das ist derselbe Zeitpunkt,
zu dem Kinder vor ihrem eigenen Spiegelbild realisieren
können, dass sie selbst es sind. Das Ich bekommt jetzt
klare Grenzen. Während Kinder vorher lauthals mitschreien,
sobald ein anderes Kind weint, schauen sie jetzt bedauernd –
und versuchen zu helfen.
„Einjährige geraten durch die Situation in Stress. Später können
sie besser zwischen sich und anderen unterscheiden. Sie
wissen dann, das passiert jemand anderem, und ich kann ihm
helfen“, erläutert Paulus.
Sind Mädchen mit alldem früher dran als Jungs und vielleicht
auch noch besser darin? „Nein, überhaupt nicht“, sagt der
Professor und muss lachen. „Das ist ziemlich gemein. Wenn
wir das so genannte prosoziale Verhalten – Helfen, Trösten,
FOTOS: Getty Images/Jill Lehmann Photography (1)/Image Source (1)
42
KIDDIES