Leo Mai / Juni 2020
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So cool ist Alma wohl nicht immer,<br />
sonst hätte sie ja nicht den Song<br />
„Loser“ geschrieben. „Da war ich frustriert“,<br />
räumt sie ein. „Mich beschlich<br />
das Gefühl, ohne teure Klamotten und<br />
einen perfekten Körper würde mich<br />
keiner mögen.“ Diesen Durchhänger<br />
hat sie zum Glück ziemlich schnell<br />
überwunden. Inzwischen will sie nur<br />
eins – sich nicht mehr verbiegen:<br />
„Wenn mich das zu einer Verliererin<br />
macht, ist das in Ordnung. Ich ändere<br />
mich trotzdem nicht.“<br />
Solche Botschaften verpackt Alma<br />
meist in griffigem Dance-Pop. In<br />
„My Girl“ lotet sie alle Facetten ihres<br />
kraftvollen Gesangs aus. Der Titelsong<br />
„Have You Seen Her?“ jongliert mit<br />
Punk-Elementen. „Bad News Baby“<br />
strebt in Richtung Piano-House. „In<br />
diesem Stück spreche ich über mich<br />
selbst“, sagt Alma. „Ich ging durch eine<br />
Phase, in der ich mich schlecht fühlte<br />
und nichts dagegen tun konnte.“ Doch<br />
das ist nur eine Seite der Medaille.<br />
Zugleich lässt die Sängerin aus<br />
Helsinki mit „Bad News Baby“ nicht<br />
den geringsten Zweifel daran, dass mit<br />
ihr nicht zu spaßen ist: „Ich warne die<br />
Leute davor, mich mies zu behandeln.<br />
Das kann nämlich ins Auge gehen.“<br />
Dem Druck männlicher Plattenbosse,<br />
mehr wie eine Pop-Prinzessin zu<br />
sein, widersetzt sich Alma vehement<br />
– obwohl sie als Teenager an der<br />
finnischen Castingshow „Pop Idol“<br />
teilnahm. „Das war ein Albtraum“,<br />
bilanziert sie. „Es ging allein ums<br />
Entertainment. Die Kandidaten<br />
wurden künstlerisch nicht unbedingt<br />
gefördert.“ Dabei wollte sich Alma<br />
weiterentwickeln. Statt sich allein auf<br />
den Gesang zu fokussieren, strebte sie<br />
danach, eigene Songs zu schreiben.<br />
Für sich und für andere. Dieses Ziel hat<br />
sie längst erreicht. Sie komponierte<br />
für Ariana Grande und Lana Del Rey.<br />
Auch an Miley Cyrus’ Hit „Mother’s<br />
Daughter“ war sie beteiligt. Parallel<br />
dazu schaffte sie an der Seite von Felix<br />
Jaehn mit „Bonfire“ den Sprung in die<br />
Top Drei.<br />
Andere wären danach womöglich<br />
abgehoben, Alma blieb auf dem<br />
Boden. Sie bezeichnet ihre Schwester<br />
Anna-Livia, die bei ihren Konzerten<br />
Schlagzeug spielt, als ihre beste<br />
Freundin. Wie nah sie ihrer Mutter<br />
steht, belegt der Titel „Mama“. Ein<br />
Lied wie „My Girl“ verhehlt nicht, dass<br />
Alma lesbisch ist. Ihre Queerness sollte<br />
ursprünglich gar nicht publik werden,<br />
das fand Alma zu privat: „Heteros<br />
sprechen ja auch nicht über ihre<br />
sexuelle Orientierung.“<br />
Andererseits ging es ihr gegen den<br />
Strich, die Fragen der Journalisten<br />
nach einem möglichen Freund stets<br />
mit einer Lüge zu beantworten. Also<br />
rückte sie irgendwann mit der Wahrheit<br />
heraus: „Ich hatte nie ein öffentliches<br />
Coming-out. Stattdessen habe<br />
ich einfach angefangen, in Interviews<br />
von meiner Partnerin zu erzählen.“<br />
Inzwischen postet sie regelmäßig<br />
Fotos von sich und ihrer Freundin auf<br />
Social Media: „Ich verstecke meine<br />
Beziehung nicht. Allerdings würde ich<br />
in einer Talkshow keine intimen Details<br />
ausplaudern.“<br />
So gelingt Alma der Spagat zwischen<br />
Offenheit und Schutz ihrer Privatsphäre.<br />
Im Gespräch gibt sie dennoch<br />
recht viel von sich preis. Sie verhehlt<br />
nicht, dass sie als Kind eher ein Tomboy<br />
war: „Ich bin nie der mädchenhafte<br />
Typ gewesen, sondern habe lieber<br />
Fußball gespielt.“ Bei ihren Klassenkameraden<br />
kam das nicht gut an, sie<br />
wurde gemobbt. War ihre Kindheit der<br />
Horror? „Nein. Ich habe zwar die Schule<br />
gehasst, doch meine Familie und meine<br />
Freunde standen hinter mir.“<br />
Mit ihrer Hilfe entwickelte Alma ein<br />
gesundes Selbstbewusstsein. Zudem<br />
stärkt ihr ein Psychologe den Rücken:<br />
„Eine Therapie tut jedem gut. Ich finde<br />
es wichtig, über die eigenen Gefühle<br />
zu reden.“ Auf diese Weise lernte sie,<br />
ihre Prioritäten richtig zu setzen.<br />
Heute kämpft Alma ganz bewusst<br />
für Gleichberechtigung: „Ich denke,<br />
gerade Prominente sollten gleiche<br />
Rechte für alle fordern – sei es für<br />
Frauen, für Schwarze oder für die<br />
Gay-Community.“ Ohne Zweifel gibt<br />
es auf diesem Gebiet noch einiges zu<br />
tun: „Obwohl wir im 21. Jahrhundert<br />
leben, steht in einigen Ländern auf<br />
Homosexualität eine Gefängnisstrafe,<br />
teilweise sogar die Todesstrafe. Das ist<br />
unfassbar!“<br />
*Dagmar Leischow<br />
AUSTRA<br />
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STAY DOWN<br />
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OUT 15.05.<strong>2020</strong>