tassilo - das Magazin rund um Weilheim und die Seen - Ausgabe Juli/August 2020
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„Wie ein Almhütterl“ - Das Kampberger Brot-Backhaus.<br />
Und auch sonst genau Buch geführt<br />
über <strong>das</strong> verbrauchte Material<br />
<strong>und</strong> <strong>r<strong>und</strong></strong> 1 200 Arbeitsst<strong>und</strong>en<br />
des Teams. Den Bauablauf hat<br />
der ehemalige Polizist akribisch<br />
dok<strong>um</strong>entiert, mit Fotos <strong>und</strong> Erläuterungen.<br />
„Tatort Brotbackhaus<br />
Kampberg“, möchte man <strong>die</strong><br />
beiden dicken Alben überschreiben.<br />
Eine liebevoll erstellte Dok<strong>um</strong>entation,<br />
<strong>die</strong> Einblick gibt in<br />
Abläufe, bauliche Details <strong>und</strong> <strong>das</strong><br />
„Heizer-Erfahrung“ – Sepp Deimel<br />
sorgt dafür, <strong>das</strong>s der Backofen<br />
<strong>die</strong> ideale Temperatur erhält.<br />
Innenleben des Brotbackhauses.<br />
Wertvoll als Zeitdok<strong>um</strong>ent <strong>und</strong><br />
geeignet als Nachschlagwerk für<br />
spätere Nutzer – oder Menschen,<br />
<strong>die</strong> sich am Kampberger Vorbild<br />
orientieren <strong>und</strong> auch so etwas auf<br />
<strong>die</strong> Beine stellen wollen. Wobei es<br />
dem Kampberger Backofen vorbehalten<br />
bleiben dürfte, über eine<br />
alte gusseiserne Tür mit Pferde-<br />
Ornament zu verfügen, <strong>die</strong> von einem<br />
Gutshof auf Sylt stammt! Auf<br />
Ebay ersteigert, restauriert <strong>und</strong><br />
integriert.<br />
Brotbacken mit<br />
„Heizer-Erfahrung“<br />
So ist ein gefälliges kleines Gebäude<br />
entstanden. „Sieht aus wie ein<br />
Almhütterl“, stellt Sepp Deimel<br />
zufrieden fest. Seine Dok<strong>um</strong>entation<br />
macht auch deutlich, mit<br />
wie viel Elan, Herzblut, Gemeinschaftssinn<br />
schon <strong>das</strong> Bauprojekt<br />
angepackt <strong>und</strong> erfolgreich bewältigt<br />
wurde. Wie viele Impulse für<br />
<strong>das</strong> Gemeinschaftsleben schon<br />
mit dem Bau verb<strong>und</strong>en waren.<br />
Für <strong>das</strong> engagierte Bauteam genauso<br />
wie für <strong>die</strong>, <strong>die</strong> für Brotzeit,<br />
Kaffee <strong>und</strong> Kuchen sorgten.<br />
Dann kam <strong>die</strong> erhoffte Belohnung<br />
für alle Mühen: Ja, der Backofen<br />
funktioniert von Anfang an hervorragend.<br />
Genauer gesagt: Er<br />
zieht gut, in ihm angezündetes<br />
Holz brennt hervorragend.<br />
Wie backt man aber am besten<br />
Brot in einem in alter Handwerkstradition<br />
aus Vollziegeln<br />
gebauten Backofen? Ohne Temperaturregelung,<br />
Zeitschaltuhr<br />
<strong>und</strong> sonstige Finessen? „Dazu<br />
braucht man Heizer-Erfahrung“,<br />
sagt ein grinsender Sepp Deimel,<br />
der den Kampberger Backofen bis<br />
ins Detail kennt <strong>und</strong> <strong>die</strong> Abläufe<br />
im Innern systematisch erforscht<br />
– sogar mit Laser <strong>die</strong> Temperaturen<br />
an den Innenra<strong>um</strong>-Flächen<br />
gemessen <strong>und</strong> Backergebnisse<br />
getestet hat.<br />
Gemeinschaft<br />
am Backhaus<br />
Inzwischen läuft an einem Backtag<br />
alles routiniert ab: Um 9 Uhr<br />
Feuer im Innenra<strong>um</strong> des Backofens<br />
entzünden, jede St<strong>und</strong>e<br />
drei bis vier der 15 bereitgelegten<br />
Meter-Scheite Brennholz nachlegen,<br />
<strong>um</strong> 13:30 Uhr Glut <strong>und</strong> Asche<br />
entfernen <strong>und</strong> den Innenra<strong>um</strong><br />
mit Wasser reinigen. „Vorher war<br />
der Backofen auf etwa 280 Grad<br />
aufgeheizt. Z<strong>um</strong> Brotbacken <strong>um</strong><br />
14 Uhr hat er dann ideale 250<br />
Grad“, erläutert Deimel. Wann<br />
weiß er eigentlich, <strong>das</strong>s ein Brot<br />
durchgebacken ist? „Nach etwa<br />
einer St<strong>und</strong>e rausholen, <strong>um</strong>drehen,<br />
hinten drauf klopfen. Wenn<br />
es hohl klingt, ist es durch.“<br />
Kurz <strong>und</strong> prägnant beschrieben.<br />
Der Kampberger Backofen bietet<br />
Platz für bis zu 40 Kilolaibe Brot.<br />
Dadurch hat sich eine Gemeinschaft<br />
von begeisterten Brotbackenden<br />
bilden können. Ein paar<br />
Tage vor dem Backtag werden<br />
alle informiert <strong>und</strong> gebeten mitzuteilen,<br />
wie viele Brotlaibe sie<br />
backen möchten. Gut koordiniert,<br />
wird der Backofen ausgelastet,<br />
gleichzeitig jeder berücksichtigt.<br />
Um Verwechslungen zu vermeiden,<br />
werden <strong>die</strong> von allen selbst<br />
hergestellten Teiglinge mit N<strong>um</strong>mern<br />
gekennzeichnet. Die Backzeit<br />
verbringt <strong>die</strong> Gemeinschaft<br />
bei Kaffee <strong>und</strong> Kuchen auf einem<br />
neben dem Backhaus geschaffenen<br />
Freisitz. Zeit z<strong>um</strong> gemütlichen<br />
Beisammensein – <strong>und</strong> z<strong>um</strong><br />
Fachsimpeln über Backrezepte.<br />
„Deshalb laden wir z<strong>um</strong> Brotbacken<br />
nur bei absehbar schönem<br />
Wetter ein“, so Deimel. Dann aber<br />
bietet der Backofen mehrfach<br />
Freude. Nach dem Brotbacken hat<br />
er nämlich immer noch etwa 180<br />
Grad Hitze. „Ideal, <strong>um</strong> in drei bis<br />
vier St<strong>und</strong>en auch noch Fleisch zu<br />
garen“, bemerkt Sepp Deimel augenzwinkernd.<br />
Das verlockt z<strong>um</strong><br />
Sitzenbleiben. Wenn sich Trä<strong>um</strong>e<br />
so erfüllen, kann man wirklich zufrieden<br />
sein.<br />
kp<br />
Jedes Brot ein Unikat, selbstgemacht nach eigenem Geschmack.<br />
juli / august <strong>2020</strong> | 15