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Hospizbegleiter/innen erzählen von ihrem Ehrenamt

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Uschi Bogatzki

Interviewerin: Liebe Uschi, wie bist du denn damals zur Sterbebegleitung gekommen?

Uschi Bogatzki: Meine Überlegung oder der Hintergrund, weshalb ich damals zu Hans Günter 1 gegangen

bin, war der Tod meines Vaters. Er ist 1982 gestorben. Ich habe ihn die letzten zwei Wochen

im Krankenhaus begleitet und war jede Nacht und manchmal nochmal nachmittags bei ihm. Mein

Vater war ein Mensch, dem es sehr unangenehm gewesen wäre, wenn er im Mittelpunkt gestanden

hätte. Wir haben also nie darüber gesprochen, dass er stirbt. Wenn ich abends kam, dann gingen

seine Sorgen um mich: „Sind deine Kinder versorgt?“ oder „Ist der Siegfried, dein Mann, zuhause?“.

Ich hab dann nie gefragt: „Wie geht es dir?“, „Möchtest du über irgendwas reden?“, weil ich

mehr im Unterbewusstsein wusste, das wäre für ihn sehr schwer. Seine Generation hat es nicht

gelernt und seine Sorge galt immer den anderen, nie sich selbst, selbst im Sterben nicht. Das hat

mich lange Jahre immer wieder beschäftigt, hast du das richtig gemacht, hättest du es ansprechen

müssen: „Papa du stirbst“? Ich war mir immer unsicher, es hat an mir genagt. Ich war 39 Jahre alt,

es war also auch die erste Sterbebegleitung und überhaupt der erste Tote, den ich bewusst erlebt

habe. 1996 wurde von Hans Günter Scheuer und Pfarrer Lieske ein Seminar angeboten „Wie stelle

ich mir mein Sterben vor“, oder so ähnlich hieß das. Und deshalb bin ich dahin gegangen, weil ich

gedacht habe, da kriegst du deine Fragen beantwortet. Hast du es richtig gemacht? Oder hättest

du doch anders reagieren müssen? Deshalb bin ich dahin gegangen und dabei geblieben.

Interviewerin: Weil du die Erfahrung gemacht hast?

Uschi Bogatzki: Ja, und eben auch in dem Bewusstsein der Veränderungen in den Familien. Es gibt

keine Großfamilien mehr. Immer mehr Familien sind getrennt, weil die Kinder auswärts arbeiten

und leben. Ich sah damals schon die Notwendigkeit: “Meine Güte, da muss irgendwas passieren.

Sonst stirbt eines Tages jeder für sich alleine.“ Sofort nach der Ausbildung, also als unser Kurs zu

Ende war, da sind die Ute, ich, noch eine Frau aus der Gruppe und zwei Personen aus dem Altenheim

zu Hans Günter ins Büro gegangen und haben gefragt, was können wir denn jetzt daraus

machen?

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Pfarrer Dr. Dr. Hans Günter Scheuer, Ev. Krankenhausseelsorger im St. Marien-Krankenhaus Siegen bis 2017,

initiierte 1994 mit Pfarrer Rainer Lieske den ersten Kurs zur Sterbebegleitung.

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