ocean7 5/2020
Frauscher 1212 Ghost: Die neue Frauscher vom Traunsee, wir sind sie auf dem Gardasee Probe gefahren. D&D Kufner 50: Die neue und nur etwas kleinere Schwester der Kufner 54 wird für Aufsehen in der Charterbranche sorgen. Spaniens Ostküste: Die 16 schönsten Marinas zwischen Valencia und Alicante. Golf von Morbihan: Mit dem Kajütboot Loxo 32 auf Erkundungstour im bretonischen Revier der Hinkelsteine. Corona im Roten Meer: Die Odyssee einer Weltumseglerfamilie auf ihrer Segelyacht zwischen gesperrten Häfen und Piraten von Dschibuti nach Suez. Lärmverschmutzung der Meere: Die Geräuschkulisse in den Ozeanen ist vielfältiger, als man denkt. Und leider auch lauter. Motoryachten: Die spannendsten Neuerscheinungen der Saison 2020.
Frauscher 1212 Ghost: Die neue Frauscher vom Traunsee, wir sind sie auf dem Gardasee Probe gefahren. D&D Kufner 50: Die neue und nur etwas kleinere Schwester der Kufner 54 wird für Aufsehen in der Charterbranche sorgen. Spaniens Ostküste: Die 16 schönsten Marinas zwischen Valencia und Alicante. Golf von Morbihan: Mit dem Kajütboot Loxo 32 auf Erkundungstour im bretonischen Revier der Hinkelsteine. Corona im Roten Meer: Die Odyssee einer Weltumseglerfamilie auf ihrer Segelyacht zwischen gesperrten Häfen und Piraten von Dschibuti nach Suez. Lärmverschmutzung der Meere: Die Geräuschkulisse in den Ozeanen ist vielfältiger, als man denkt. Und leider auch lauter. Motoryachten: Die spannendsten Neuerscheinungen der Saison 2020.
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In den Wind gesprochen<br />
Um die Welt foilen? Teil 2<br />
In der letzten Ausgabe hatte ich die Frage erörtert, ob foilende Langfahrtyachten wohl das angepeilte Ziel für<br />
künftige Weltumsegelungen sein können. Ich hatte auch meine Vierfünftel-Regel in die Gleichung eingebracht,<br />
um auf einen grünen Zweig zu kommen. Nun darf ich das Ergebnis mit Ihnen teilen.<br />
Wenn ich bei diesen Annahmen<br />
früher immer so von<br />
einem Etmal von 100 sm<br />
ausgegangen bin, hab ich viel Widerrede<br />
einstecken müssen, dahingehend,<br />
dass unsere modernen<br />
Schiffe ja doch viel schneller seien.<br />
Obwohl ich das weitgehend bestreite<br />
– auf einer Weltumsegelung hat man<br />
ja auch mit Flauten und Gegenwind<br />
zu rechnen – gebe ich jetzt mal klein<br />
bei und gehe für meine Vierfünftel-<br />
Regel von einem Durchschnitt <br />
setmal von 120 sm aus, was die<br />
Rechnerei enorm erleichtert, dann<br />
brauchen wir – 21.600 dividiert<br />
durch 120 – gerade einmal 180<br />
Tage, also ein halbes Jahr Segelzeit,<br />
um eine Weltumrundung unter dem<br />
Dacron-Tuch runterzusegeln.<br />
Die zweite Unbekannte, die bei<br />
der Vier-Fünftel-Regel zu beantworten<br />
ist, finden wir hier: Who-is-<br />
Who-im-Weltumsegeln, nämlich die<br />
tatsächliche Dauer einer Weltumsegelung.<br />
Dort haben inzwischen einhundert<br />
Weltumseglercrews über<br />
ihre Circumnavigation geschrieben<br />
und unter anderem auch die Frage<br />
beantwortet, wie lange sie unterwegs<br />
waren. Blauwasserseglerin (und<br />
Physikerin) Sabine Seren gebührt<br />
Dank dafür, die Antworten statistisch<br />
mühsam hier ausgewertet und<br />
diese Graphik erstellt zu haben:<br />
Sabine kommt auf eine statistische<br />
Weltumsegelungs-Dauer von über<br />
fünf Jahren. Lassen wir die statistischen<br />
Ausrutscher (schneller als drei<br />
Jahre und langsamer als acht Jahre)<br />
weg, dann ergibt sich eine Zeit von<br />
etwa drei bis vier Jahren. Und wenn<br />
wir von einem Duchschnitts-Etmal<br />
von 120 sm ausgehen, dann kommen<br />
wir mit der genannten Formel<br />
– ein Fünftel der Zeit Segeln, vier<br />
Fünftel der Zeit Wohnen und Leben<br />
auf dem Schiff im Hafen oder vor<br />
Anker der Realität sehr nahe.<br />
Resümee: Die Schiffsgeschwindigkeit<br />
spielt auf einer Weltumsegelung<br />
als Zeitfaktor eine sehr, sehr untergeordnete<br />
Rolle. Der Wohnkomfort<br />
dagegen ist fürs lange, hoffentlich<br />
schöne Leben in der Fremde von herausragender<br />
Bedeutung. Das merkt<br />
man, wenn man zum Beispiel bei<br />
strömendem wochenlangen Regen<br />
zur Hurrikanzeit in Fiji (verdammte<br />
„convergence zone“!) am Ankerplatz<br />
dahinvegetiert.<br />
Da sehe ich schon die erhobenen<br />
Zeigefinger: „Ein hohes Geschwindigkeitspotential<br />
ist ein wichtiger<br />
Sicherheitsfaktor, da kann man gefährlichem<br />
Wetter ausweichen.“ In<br />
dieser Allgemeinheit ist diese Aussage<br />
Nonsens. Ob eine Yacht sechs<br />
oder acht oder zweistellige Knoten<br />
segeln kann, fürs Ausweichen vor einem<br />
nahenden tropischen Zyklon<br />
reicht es so oder so nicht.<br />
MONET UND DAS MEER<br />
Bei der Anschaffung einer Fahrtenyacht<br />
ist es also unvernünftig,<br />
zugunsten der Geschwindigkeit<br />
Kompromisse zu Lasten des Wohnund<br />
Lebenskomforts einzugehen.<br />
Denn ungefähr vier Fünftel (oder<br />
so) der Zeit segeln wir auf einer<br />
Weltumsegelung nicht, sondern wir<br />
leben an den schönsten Plätzen, die<br />
unser Planet bietet.<br />
Und damit zurück zu den Foilern,<br />
die ich bewundere, die aber mit „unserer“<br />
Art zu segeln nichts gemein<br />
haben. Denn um deren Potential zu<br />
erreichen, müssten die Yachten sehr<br />
leicht (und schnell) sein. Um sie aus<br />
dem Wasser heraus ins Gleiten auf<br />
Kufen zu bringen, müsste an einer<br />
Statistik Sabine Seren:<br />
Knapp die Hälfte aller<br />
Weltumsegelungen<br />
dauerten drei bis vier<br />
Jahre. Ein paar wenige<br />
schafften es auch in<br />
zwei Jahren, hätten sich<br />
aber gewünscht, mehr<br />
Zeit gehabt zu haben.<br />
Immerhin elf Prozent<br />
hatten die Möglichkeit,<br />
sich mehr als zehn Jahre<br />
für eine Weltumsegelung<br />
Zeit zu nehmen.<br />
Die durchschnittliche<br />
Dauer aller 85 Befragten<br />
ergibt einen Wert<br />
von 5,3 Jahren.<br />
BOBBY SCHENK<br />
ist Weltumsegler,<br />
Navigations-Experte<br />
und Buchautor.<br />
kolumne@<strong>ocean7</strong>.at<br />
Fahrtenyacht Gewicht eingespart<br />
werden, wo es nur ginge. Schweres<br />
Ankergeschirr, große Batteriekapazität<br />
– alles Dinge, die das Leben unterwegs<br />
sicher und komfortabel machen,<br />
oder gar Bleiballast würden<br />
zuverlässig verhindern, dass die<br />
Yacht auf Foiler auch nur zum „Stehen“<br />
kommt. Unabhängig davon<br />
wäre so ein Foiler von kaum einer<br />
Selbststeueranlage rund um die Uhr<br />
am Gleiten zu halten. Diese Foiler<br />
sind eine ganz geniale, faszinierende<br />
Erfindung einer ganz neuen Segel <br />
dimension und Entwicklung, in der<br />
Fahrtensegelei jedoch werden sie in<br />
absehbarer Zeit nichts zu suchen haben.<br />
Intakte Kunststoffschiffe, auch<br />
mit dreißig Jahren und mehr auf<br />
dem Buckel, deren Geschwindigkeitsanzeiger<br />
nie in den zweistelligen<br />
Bereich kommen, sind immer noch<br />
die „idealen“ Weltumsegelungs <br />
yachten. Ich erinnere: Weltumsegler<br />
Walter König, einer der ersten hier,<br />
war mit seinem Sieben-Meter-Schiff<br />
Zarathustra, das nie über fünf<br />
Knoten hinauskam, überglücklich.<br />
Er, der kurz darauf verstorben ist,<br />
hatte sich damit noch den Traum<br />
seines Lebens erfüllt. Und das ist<br />
nicht in den Wind gesprochen. <br />
10 5/<strong>2020</strong>