Dissertation - Amtliche Materialprüfungsanstalt
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2. Stand der Forschung - Literaturauswertung 18<br />
2 STAND DER FORSCHUNG - LITERATURAUSWERTUNG<br />
2.1 Zur Geschichte der Herstellung keramischer Baustoffe von den<br />
Anfängen bis zum Beginn der Industrialisierung<br />
Der folgende Abriß der Entwicklung der Ziegel- und Terrakottaherstellung entstand in<br />
Anlehnung an Stark und Wicht (1995).<br />
Die ältesten bekannten Ziegelfunde stammen aus dem Niltal. Dort wurden zur Herstellung<br />
frühzeitlicher, kleindimensionierter Wohnbauten ungebrannte, mit Strohhäcksel und Kamelmist<br />
vermischte Lehmziegel verwendet. Ihre Datierung wurde mit Hilfe der C 14 -Methode an<br />
überlagernden Schlammschichten vorgenommen und ergab ein Alter von etwa 15.000<br />
Jahren. Diese Funde gelten als der früheste Nachweis ziegeltechnischer Betätigung auf der<br />
Erde.<br />
Die Erfindung des gebrannten Ziegels erfolgte wahrscheinlich eher zufällig, denkbar sind<br />
beispielsweise Beobachtungen der hohen Festigkeiten von Lehmböden im Bereich von<br />
Feuerstellen. Eine gezielte Herstellung und Verwendung gebrannter Ziegel für Bauwerke ist<br />
in Mesopotamien bereits um 4000 v. Chr. belegt.<br />
Nachdem in der Antike der Ziegel als Werkstein deutlich hinter den Naturstein zurücktrat,<br />
erlangte der Ziegelbau in römischer Zeit, vorwiegend zu militärischen Zwecken, wieder<br />
größere Bedeutung. Aus den Schriften des Vitruv ist zu entnehmen, daß die Römer bereits<br />
über ausgereifte technologische Kenntnisse der Tonaufbereitung und der Magerung mit<br />
Sand verfügten. Mit den vorrückenden Legionen verbreitete sich auch die Ziegelherstellung<br />
und damit der Ziegelbau in Europa.<br />
Mit dem Abzug der Römer um 400 n. Chr. geriet das Bauen mit Ziegeln nördlich der Alpen<br />
weitgehend in Vergessenheit. Erst unter Karl dem Großen gab es eine in größerem Umfang<br />
betriebene Ziegelbautechnik.<br />
Im ausgehenden Mittelalter - 12. Jahrhundert - lebte der Ziegelsteinbau bei Kirchen wieder<br />
auf, der im Formenreichtum gotischer Backstein-Architektur seinen Höhepunkt erreichte.<br />
Aufbereitung und Formgebung<br />
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte die Aufbereitung des Tones oder Lehmes auf<br />
einfachste Weise durch Treten und Schlagen der Masse mit Muskelkraft von Mensch oder<br />
Tier. Ein Auswittern auf Halden (Wintern) und eine gezielte Magerung bei Bedarf sind etwa<br />
seit der Römerzeit belegt. Einen frühen Hinweis auf Schlämmen zur Homogenisierung und<br />
Entfernung schädlicher Nebenbestandteile liefert Alberti 1452 (Rupp und Friedrich 1993).<br />
Bestimmte Oberflächenstrukturen mittelalterlicher Terrakotten legen die Vermutung nahe,<br />
daß die Formgebung in dieser Zeit durch Schneiden des Tons erfolgte. Erst im 16. Jahrhundert<br />
wurde die Holzform als Negativ des Tonrohlings verstärkt genutzt, so daß erst mit<br />
dieser Entwicklung von der Bauterrakotta als Formstein im engeren Sinne gesprochen<br />
werden kann (Wallasch 1995).<br />
Für die Formgebung der Ziegel ist eine ähnliche Entwicklung belegt. Sie erfolgte anfänglich<br />
wahrscheinlich völlig ohne Hilfsmittel, zur Nachbehandlung der plastischen oder halbtrockenen<br />
Ziegelrohlinge waren einfache Kratz- und Zuschneidegeräte in Gebrauch. Eine<br />
wesentliche Verbesserung der Formgebung brachte der Einsatz von Holzrahmen, nachfolgend<br />
von Formkästen. Der aufbereitete Tonbatzen wird mit der Hand in eine Holzform<br />
geschlagen.