Dissertation - Amtliche Materialprüfungsanstalt
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4. Untersuchungsergebnisse und Diskussion - Terrakotta 48<br />
Im vorliegenden Beispiel wurde der umgekehrte Fall untersucht: Gelbliche Oberfläche über<br />
rotockerfarbenem Scherben. Der hohe Kalkgehalt der Tonschlieren führt zu einer gelblichen<br />
Brennfarbe gegenüber einer Rotockerfärbung in den Ca-ärmeren Bereichen des Scherbens.<br />
Anstriche oder eine Engobierung als Ursache der Oberflächenfärbung konnten durch die<br />
mikroskopischen Untersuchungen wiederum ausgeschlossen werden.<br />
4.1.4 Farbfassungsrelikte an den Oberflächen der Terrakotten der Johanniskirche in<br />
Tartu<br />
Bei restauratorischen Untersuchungen an den Portalskulpturen des Wimpergs (Abb. 21)<br />
wurden Reste von Malschichten auf den Terrakotten entdeckt, deren ursprüngliche Farbigkeit<br />
durch dunkle Schmutzauflagerungen nicht mehr erkennbar war.<br />
Diese Befunde waren die einzige Möglichkeit, eine ehemalige Farbigkeit nachzuweisen und<br />
daher kunsthistorisch äußerst wertvolle Zeugen der historischen Gestaltung.<br />
Aufgrund der Bedeutung dieser Fassungsreste und der Tatsache, daß sie nur noch in äußerst<br />
spärlichen Relikten vorlagen, standen für die Untersuchungen nur winzige Proben zur<br />
Verfügung. Die wenige mm-großen Splitter wurden mit einem Skalpell von den Oberflächen der<br />
Skulpturen entnommen.<br />
Zielvorgaben der mikroskopischen Untersuchungen waren zunächst:<br />
- Identifizierung als Farbfassung<br />
- Ermittlung des stratigraphischen Aufbaus (Abfolge von Grundierungen und Farbschichten)<br />
- Pigmentbestimmung<br />
4.1.4.1 Gelbockerfassung<br />
Mikroskopische Beschreibung<br />
An der Außenseite der Probe ist eine ocker pigmentierte Schicht nachweisbar (Abb. 22). Die<br />
Pigmente der Farbschicht sind von einer dünnen, verschmutzen Gipsschicht überzogen<br />
(Schichtdicke 0,1 mm). Hieraus ist zunächst ersichtlich, daß es sich tatsächlich um eine<br />
Fassung handelt. Gleichzeitig ist auch die stratigraphische Abfolge erkennbar. Unter der<br />
Farbschicht (3) befinden sich zwei weitere, jedoch nicht pigmentierte Schichten (1 und 2), deren<br />
Schichtdicken jeweils ca. 0,5 mm betragen.<br />
Eine REM-Untersuchung der in Abb. 22 dargestellten Probenstelle (am ungedeckten Dünnschliff)<br />
liefert zusätzliche Informationen (Abb. 23): Die Schichten (1) und (2) unter der<br />
Farbschicht sind unterschiedlich dicht. In der äußeren Schicht (2) ist die Porosität stark<br />
eingeschränkt. Aus EDX-Analysen ist ersichtlich, daß dichte und poröse Bereiche unterschiedliche<br />
Elementzusammensetzungen aufweisen (Abb. 24). In der Schicht 1 und in porösen<br />
Teilbereichen der Schicht 2 sind Ca, Mg und O nachweisbar, während in den dichten Bereichen<br />
der Schicht 2 kein Mg vorhanden ist.<br />
Durch die Kombination von PolMi und REM ist zu erkennen, daß die Pigmente in einer<br />
schmalen Oberflächenschicht eingeschlossen sind, die sich von den Grundierungen<br />
unterscheidet. Das EDX-Spektrum der Malschicht zeigt einen komplexen Elementbestand (Abb.<br />
25), der wie folgt differenziert werden kann: Ca und S stammen vom Gips. Fe, Si und Al in den<br />
vorliegenden Peakverhältnissen sind charakteristisch für Ockerpigmente.