Dissertation - Amtliche Materialprüfungsanstalt
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2. Stand der Forschung - Literaturauswertung 30<br />
2.5.2 ESEM-Untersuchungen<br />
Doehne und Stulik (1990) vergleichen die Geräteparameter und präparativen Anforderungen<br />
herkömmlicher Rasterelektronenmikroskope mit denen des ESEM (Environmental Scanning<br />
Electron Microscope). Der Hauptunterschied besteht darin, daß im ESEM kein Hochvakuum<br />
im Probenraum erforderlich ist und trotzdem eine hochauflösende Abbildung feuchter Proben<br />
realisiert werden kann. Weitere wesentliche Vorteile, z.B. Verzicht auf eine leitfähige<br />
Beschichtung der Proben, Variation von Druck, Feuchte, Temperatur in der Probenkammer<br />
während der Untersuchung, werden anhand verschiedener Fallstudien aus der<br />
konservatorischen Praxis veranschaulicht. Unter anderem konnten Quellvorgänge an<br />
Tonmineralen, die bei der Befeuchtung von Lehmziegeln stattfinden, in situ beobachtet und<br />
abgebildet werden. Eine Behandlung mit Konservierungsmitteln führt zu einem anderen<br />
Benetzungsverhalten durch einwirkende Feuchtigkeit und damit zu einer Verringerung des<br />
Quellens.<br />
Das ESEM verfügt über alle Möglichkeiten eines herkömmlichen SEM und bietet zusätzlich<br />
den Vorteil, dynamische Prozesse direkt verfolgen bzw. Proben in ihrem natürlichen Zustand<br />
untersuchen zu können.<br />
Die Autoren vertreten die Auffassung, daß das Gebiet Konservierung in hohem Maße von<br />
den neuen bzw. erweiterten Möglichkeiten zur Untersuchung von Zerstörungsmechanismen<br />
profitieren wird.<br />
ESEM-Untersuchungen zur Dynamik der Na-Sulfat-Kristallisation unter Verwendung eines<br />
gekühlten Probentisches wurden von Doehne (1997) durchgeführt. Dabei konnte gezeigt<br />
werden, daß eine vollständige Hydratation großer, wasserfreier Thenarditkristalle (Na2[SO4])<br />
durch eine Umhüllung mit Mirabilit (Na2[SO4] • 10H2O) so lange behindert wird, bis ausreichend<br />
flüssiges Wasser zur Lösung des entstandenen Mirabilit zur Verfügung steht. Hierin<br />
wird die Ursache für die unter gleichen Feuchtewechselraten gegenüber der Dehydratation<br />
deutlich langsamere Hydratation gesehen.<br />
In umgekehrter Richtung, bei der Trocknung des Dekahydrats, bilden sich hoch poröse<br />
Aggregate aus sehr kleinen Thenarditkristallen. Die ESEM-Untersuchungen haben gezeigt,<br />
daß die Lösung solcher Strukturen (sehr feinkristalliner Thenardit mit großer spezifischer<br />
Oberfläche) durch flüssiges Wasser und anschließende Trocknung zu einer raschen<br />
Kristallisation großer Mirabilitkristalle führt.<br />
Hierin wird die wesentliche Ursache für die starken Schäden gesehen, die Na-Sulfat an<br />
porösen Materialien verursachen kann.<br />
Hinsichtlich ihrer Eignung zur Untersuchung früher Hydratationsvorgänge an Zementphasen<br />
vergleicht Möser (1997) verschiedene Typen von Rasterelektronenmikroskopen (REM, FE-<br />
REM, NV-REM, ESEM, ESEM-FEG).<br />
Die gewonnene Erkenntnis, daß ein ESEM mit Feldemissionskathode (ESEM-FEG) optimale<br />
Voraussetzungen für eine artefaktfreie Untersuchung und hochauflösende Abbildung von<br />
Hydratationsvorgängen bietet, ist zwangsläufig. Schließlich sind in diesem Gerätesystem die<br />
Hochauflösung der Feldemissionskathode und die Möglichkeit des ESEM, auf ein<br />
Unterbrechen des Hydratationsvorganges und auf eine leitfähige Beschichtung der Proben<br />
zu verzichten, kombiniert.<br />
Außerdem wird festgestellt, daß die wasserreiche Form des Na-Sulfats auch unter den<br />
Bedingungen eines geringen Vakuums im ESEM nicht stabil ist. Bereits bei einem Druck von<br />
6 Torr und einer relativen Feuchte von 75% geben die Mirabilitkristalle ihr Wasser ab und<br />
zerfallen zu pulverigem Thenardit.