Dissertation - Amtliche Materialprüfungsanstalt
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3. Zur Methodik der mikroskopischen Baustoffanalyse 32<br />
3 ZUR METHODIK DER MIKROSKOPISCHEN BAUSTOFFANALYSE<br />
In der modernen Denkmalpflege gilt der Grundsatz: Keine zusätzlichen Objektverletzungen<br />
durch auffällige Beprobungen für die Schadensanalyse. Eine Beprobungsstelle darf dem<br />
Betrachter nicht auffallen.<br />
Diese für Wandmalereien selbstverständliche Forderung gilt heute auch für wertvolle<br />
Terrakotten.<br />
Für diese Situation empfiehlt sich die mikroskopische Baustoffanalyse vor Ort. Auf Anregung<br />
von Prof. Dr. R. Blaschke wurde 1989 vom damaligen Bundesministerium für Forschung und<br />
Technologie (BMFT) im Rahmen des Schwerpunktes „Denkmalpflegeforschung“ der Bau von<br />
Laborwagen genehmigt, die von der Abteilung Analytische Baustoffmikroskopie der MPA<br />
Bremen betrieben werden (Blaschke 1987, Blascke und Juling 1990a und 1990b, Juling<br />
1994).<br />
In den Laborwagen sind folgende Geräte einsatzbereit untergebracht:<br />
1. Stereomikroskop mit Videokamera und Videoprinter<br />
2. Sägemikrotom (Leitz) zur Herstellung von Dünnschliffen und Anschliffen<br />
3. Polarisationsmikroskop mit Videoanschluß<br />
4. Vakuumanlage mit Kohlenstoffverdampfungsquelle und Kathodenzerstäubungseinrichtung<br />
zur Erzeugung der Leitfähigkeitsschicht<br />
5. Rasterelektronenmikroskop mit energiedispersiver Röntgenmikroanalyse<br />
6. Transportable Vakuumeinrichtung für Kryo-Präparation in schmelzendem Stickstoff<br />
Die Vor-Ort-Analyse bietet den entscheidenden Vorteil einer sofortigen, komplexen<br />
mikroskopischen Bewertung 1-2 mm kleiner Proben in Gegenwart der Denkmalpfleger und<br />
Restauratoren. Nach der gemeinsamen Diskussion der ersten Erkenntnisse kann entschieden<br />
werden, wo und in welchem Umfang weitere Proben für vertiefende Untersuchungen<br />
entnommen werden müssen.<br />
Auch erfahrene Denkmalpfleger sind immer wieder überrascht von der Fülle von Erkenntnissen,<br />
die an kleinsten Proben mikroskopisch gewonnen werden können.<br />
Die in zahlreichen Laborwageneinsätzen auf den Gebieten Wandmalerei und Naturstein<br />
entwickelte Vorgehensweise (Blaschke 1989, Blaschke und Juling 1992) wurde im Rahmen<br />
der vorliegenden Arbeit konsequent auf Terrakotten und Ziegel übertragen.<br />
Zunächst wurden mit den verantwortlichen Denkmalpflegern und Restauratoren die Fragen<br />
an die mikroskopische Analytik festgelegt. Die Probennahme erfolgte im Beisein der<br />
Restauratoren, die Präparation und der überwiegende Teil der mikroskopischen Untersuchungen<br />
wurden im Laborwagen unmittelbar am Bauwerk durchgeführt.<br />
Die Anwesenheit am Objekt ermöglichte einen ständigen Bezug zur Probenentnahmestelle<br />
und der gesamten Bauwerkssituation (Erscheinungsbild und Verteilung der Schäden, Einfluß<br />
von Bauteilgeometrien, Wasserführung etc.).<br />
Dieser „Dialog mit dem Gebäude“ war für die Interpretation der mikroskopischen Untersuchungsergebnisse<br />
von ausschlaggebender Bedeutung.