KÖHLMEIER, Märchen aus Corona-Zeiten_Leseprobe 2020

und dabei verhaftet worden waren. Und dass Opa nun im Gewahrsam
der Polizei war. Und dass etwas getan werden müsste.
Während die alte Frau und die beiden Kinder dasaßen und nachdachten,
was sie machen könnten, und man nur das Knistern des brennenden
Holzes im Herd hörte, begann Lotti, das kleine Kätzchen, laut
zu miauen. Miau! Miau! Miau! Sie lief zur Haustür und begann, an ihr
zu kratzen. Katharina lief Lotti hinterher und wollte sie streicheln und
hochheben. Aber Lotti entwischte ihr immer wieder. Immer wieder
kratzte sie an der Haustür und miaute immerzu.
„Was ist denn, Lotti?!“ Katharina war schon recht verzweifelt, als sie
auch von draußen Katzenstimmen hörte. „Miau. Miau. Miau. Miau“,
tönte es in verschiedenen Tonlagen. Katharina sah zu Lili und dann zu
Stefan. „Hört ihr das?“, fragte sie. „Das müssen ganz viele sein!“
Lili erhob sich, ging zur Haustür und öffnete sie. Und flugs war Lotti
aus dem Haus und mitten in einem Rudel von Katzen. Mindestens
zehn mussten das sein. „Was soll denn das?“, fragte Lili mehr sich selbst
denn die Kinder. „Seltsam, seltsam!“
Die Katzen miauten einander gegenseitig zu. Als würden sie eine Beratung
abhalten, gemeinsam einen Plan erstellen, genau so sah es aus.
Schließlich kam Lotti zu Katharina gelaufen, schlich zwei, drei, vier Mal
um ihre Beine, hob den Kopf, miaute Katharina zu und lief dann los.
Und die anderen Katzen hinter ihr her.
„Wir müssen ihnen nach!“, rief Lili. „Die Lotti hat dir ein Zeichen gegeben,
Katharina. Ich glaube, die haben etwas vor, die haben einen Plan.“
Natürlich waren die Katzen viel, viel schneller als die alte Frau und
die zwei Kinder. Aber immer wieder, wenn die Tiere weit voraus waren
und der Blickkontakt verlorenzugehen drohte, blieb das Rudel stehen
und wartete, bis die drei Menschlein wieder aufgeschlossen hatten.
Dann gab Lotti neuerlich ein Zeichen im Sinn von „Los! Weiter!“. Bald
war klar, dass der Weg Richtung Huberhof ging.
„Ist euch aufgefallen, dass das alles Tigerkatzen sind, graue Tigerkatzen?“,
fragte Stefan.
„Ja. Die schauen alle aus wie Lotti“, meinte Katharina. „Könnte sein“,
schnaufte Lili, schon ziemlich außer Puste, „dass das alles Katzen sind,
die der wüste Huberbauer gequält und misshandelt und dann ausgesetzt
hat.“
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