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Zdirekt! 03-2020

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Z direkt! <strong>03</strong>/<strong>2020</strong><br />

TITELTHEMA 21<br />

werden, um auch die Vorhut in Sachen Nachhaltigkeit<br />

übernehmen zu können. Wir brauchen ein Europa, das<br />

etwa in Sachen Digitalisierung anführt, zukunftsfeste<br />

Bildungspolitik in den Mitgliedstaaten fördert und die<br />

Sozialpartner europaweit stärkt.<br />

Was meinen Sie mit festen Prinzipien?<br />

Feste Prinzipien braucht es in vielen anderen Aspekten<br />

der Nachhaltigkeit: Immer mehr Schulden etwa widersprächen<br />

der Generationengerechtigkeit. Eine nachhaltige<br />

Sozial- und Beschäftigungspolitik wiederum gelingt<br />

nur, wenn nationale Traditionen und Wege berücksichtigt<br />

und nicht alles über einen EU-Kamm geschoren<br />

wird. Die EU kennt die Komplexität unterschiedlicher<br />

Bedürfnisse der Mitgliedstaaten, um gemeinsame Herausforderungen<br />

zu meistern und Chancen zu nutzen.<br />

Wie kann Deutschland die Ratspräsidentschaft<br />

nutzen, um bezüglich der Nachhaltigkeit Fortschritte<br />

in der EU zu erreichen?<br />

Die Erwartungen an die deutsche Ratspräsidentschaft<br />

sind äußerst hoch. Während der Covid-19-Pandemie<br />

werden viele Weichenstellungen vorgenommen, die<br />

den politischen Kurs der Union auf Jahre bestimmen<br />

werden. Ein Neustart nach Covid-19 verlangt eine<br />

langfristige Vision für die EU: Deutschland kann die<br />

Zukunft der EU daher sehr positiv beeinflussen. Die<br />

deutsche Bundesregierung steht nicht nur besonders<br />

im Fokus, sondern genießt nach meinem Eindruck auch<br />

ein großes Vertrauen unter den europäischen Partnern.<br />

Es braucht viele Kompromisse, aber am Ende müssen<br />

zwingend Lösungen stehen, die Staaten und Wirtschaft<br />

resilienter machen.<br />

Die Corona-Pandemie hat die Welt und auch die EU<br />

auf den Kopf gestellt. Es wurde schnell beteuert,<br />

die Nachhaltigkeitsziele würden unter den dringlich<br />

gewordenen Prioritäten des wirtschaftlichen<br />

Wiederaufbaus nicht leiden. Wie bewerten Sie den<br />

Beschluss der EU-Staats- und Regierungschefs über<br />

den Wiederaufbauplan und das EU-Budget?<br />

Das Spannungsfeld sehe ich tatsächlich nur teilweise.<br />

Die Elemente des „Green Deal“ und des digitalen Wandels<br />

spielen eine Hauptrolle in den Beschlüssen des Europäischen<br />

Rates, wenn es um den Wiederaufbau geht.<br />

Die anderen Facetten der Nachhaltigkeit finden sich<br />

nicht so explizit – hier sollten die Mitgliedstaaten ein<br />

Auge darauf haben, dass die Gelder des Wiederaufbauplans<br />

und des EU-Haushaltes verantwortungsvoll eingesetzt<br />

werden, um die immensen europäischen Kredite<br />

und Zuschüsse auch wieder erwirtschaften zu können.<br />

Übrigens konnte auch Deutschland Beschäftigung und<br />

Wirtschaft nur deshalb so schnell und stark unterstützen,<br />

weil in den öffentlichen Haushalten nachhaltig<br />

gewirtschaftet und somit Spielraum geschaffen wurde.<br />

Auch ein Unternehmen mit ausreichenden Rücklagen<br />

kann möglicherweise eine schmerzhafte Durststrecke<br />

ohne Unterstützung von außen überbrücken. Das gilt<br />

natürlich genauso für die Sozialkassen: Das Kurzarbeitergeld<br />

konnte aus einer Rücklage von 25 Milliarden<br />

Euro bei der Bundesagentur für Arbeit abgerufen werden,<br />

das alle Beitragszahler über viele Jahre angespart<br />

hatten. Diese drei Beispiele der erfolgreichen Vorausschau<br />

gehören zum politischen Credo des wirtschaftlichen<br />

Wiederaufbaus dazu. AR<br />

Arne Franke ist seit 2011 für die Bundesvereinigung der Deutschen<br />

Arbeitgeberverbände tätig – zunächst als Pressesprecher,<br />

seit 2017 vertritt er als Leiter des Brüsseler BDA-Büros die Interessen<br />

der deutschen Arbeitgeber gegenüber der EU. Zuvor arbeitete<br />

er als Referent im Büro des Ministerpräsidenten Stanislaw<br />

Tillich in der Sächsischen Staatskanzlei.

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