Zdirekt! 03-2020
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28<br />
PRO & CONTRA<br />
Zeitarbeit ist nicht<br />
des Teufels<br />
In dem Punkt sind sich beide Seiten einig. Und auch in einem weiteren Punkt reichen<br />
sich – in Zeiten von Corona natürlich nur sprichwörtlich – Pfarrer Peter Kossen und iGZ-<br />
Hauptgeschäftsführer Werner Stolz die Hand: Die Arbeits- und Wohnsituation für ausländische<br />
Arbeitnehmer in der Fleischindustrie in Deutschland ist zum Teil unmenschlich<br />
und muss verbessert werden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat dafür ein<br />
neues Gesetz auf den Weg gebracht: Ab dem kommenden Jahr sollen Werkverträge<br />
und Zeitarbeit in der Fleischindustrie verboten werden. Und an diesem Punkt gehen<br />
die Meinungen von Peter Kossen (PK) und Werner Stolz (WS) weit auseinander. <strong>Zdirekt</strong>!<br />
hat beide Seiten an einen Tisch gebracht – zum direkten Austausch.<br />
Ist das geplante Arbeitsschutzkontrollgesetz die<br />
Lösung des Problems oder ein erster Schritt aus<br />
Ihrer Sicht, Pfarrer Kossen?<br />
PK: Ich glaube, dass die Signalwirkung nicht zu unterschätzen<br />
und das Wichtigste an diesem Schritt ist. Die<br />
Fleischwirtschaft ist – und das ist jetzt plakativ und<br />
trifft sicherlich nicht für alle zu – nicht reformwillig und<br />
reformfähig, so habe ich sie in den vergangenen Jahren<br />
immer wieder erlebt. Das hat sich – aus welchen Gründen<br />
auch immer – verselbständigt.<br />
Die Fleischindustrie ist nicht die<br />
einzige betroffene Branche,<br />
aber da ist es besonders<br />
schlimm. Vielleicht hat es<br />
auch mit Typen zu tun.<br />
Clemens Tönnies ist da<br />
nicht der einzige und auch<br />
nicht an allem schuld, aber<br />
Tönnies hat das nochmal<br />
auf die Spitze getrieben. Er<br />
steht in gewisser Wei-<br />
se auch exemplarisch für diese Branche und durch den<br />
massiven Corona-Ausbruch eben auch besonders im<br />
Fokus. Für mich hat der Schritt der Regierung, ein neues<br />
Gesetz auf den Weg zu bringen, eine wichtige Signalwirkung.<br />
War Corona da ein Verstärker und hat dem Problem<br />
– und Ihrem Bestreben – eine ganz andere<br />
Öffentlichkeit und Wahrnehmung beschert?<br />
PK: Das war sicherlich so, es hat aber auch einen leichten<br />
bitteren Beigeschmack: Ich habe den Eindruck, dass<br />
das Problem von den Menschen vor Ort nun erst anders<br />
wahrgenommen wird, weil es ihnen viel näher gerückt<br />
ist. Denn es geht jetzt darum, dass die Pandemie so nun<br />
in ihrer Siedlung, in ihrer Nachbarschaft angekommen<br />
ist. Es wird wahrgenommen, weil man um die eigene<br />
Sicherheit besorgt ist – bei Kontakten mit betroffenen<br />
Arbeitsmigranten in der Nachbarschaft oder im Kindergarten.<br />
Sicherlich spielt da auch die Masse an Infektionen<br />
eine Rolle, wie in Rheda-Wiedenbrück. Insofern ist<br />
das schon ein Beschleuniger gewesen – und auch ein<br />
Peter Kossen