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Zdirekt! 03-2020

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Z direkt! <strong>03</strong>/<strong>2020</strong><br />

CORONAKRISE 41<br />

„Das gab ein ziemlich böses Erwachen. Es hat uns aber<br />

nicht so unvermittelt getroffen wie der erste Lockdown“,<br />

erinnert sich Michael von Wrede, Niederlassungsleiter<br />

des iGZ-Mitgliedsunternehmens Piening<br />

Personal am Standort Rheda-Wiedenbrück. Beim ersten<br />

Stillstand sei vor allem Flexibilität und Initiative<br />

gefragt gewesen. „Wir haben sofort in den Krisenmodus<br />

umgeschaltet, die Niederlassungen isoliert und<br />

den Austausch nach außen minimiert“, erläutert Frank<br />

Pöhling, Regionalleiter des Zeitarbeitsunternehmens,<br />

das Procedere. Um etwa fehlende Kinderbetreuung<br />

aufzufangen, wurden Arbeitszeiten innerhalb der<br />

Teams flexibler gestaltet oder es konnte kurzfristig<br />

Urlaub genommen werden. Zudem habe es, je nach<br />

Auftragslage, teilweise Kurzarbeit für das interne wie<br />

auch externe Personal gegeben.<br />

KETTENREAKTION DURCH MATERIALKNAPPHEIT<br />

„Direkt zu Beginn des Lockdowns haben viele Kundenfirmen<br />

signalisiert, dass sie nach der Krise wieder<br />

Zeitarbeitnehmer beschäftigen möchten“, verweist<br />

Pöhling auf die in der Wirtschaft längst anerkannte<br />

Funktion der Zeitarbeit als Einsatzmittel im wirtschaftlichen<br />

Wettbewerb der volatilen Märkte. „Erstaunlich<br />

war, dass oftmals Aufträge vorhanden waren, es aber<br />

keinen materiellen Nachschub mehr gab, um die Produktion<br />

zu realisieren“, zeichnet von Wrede den Verlauf<br />

nach. Das habe eine regelrechte Kettenreaktion<br />

hervorgerufen. Da vor Ort aber viele Industriebetriebe<br />

angesiedelt seien, verfüge auch das Zeitarbeitsunternehmen<br />

über ein breites Portfolio: „Wir sind hier<br />

überwiegend in den Bereichen Industrie und Logistik<br />

unterwegs“, erklärt Pöhling.<br />

ARBEITEN AUF DISTANZ<br />

Durch die Coronakrise habe sich die Digitalisierung<br />

weiter beschleunigt, verweisen beide auf eine weitere<br />

Auswirkung. Pöhling: „Statt sich wie in der Vergangenheit<br />

häufig persönlich zu treffen, tauschen die<br />

Regional- und Niederlassungsleiter ihre Erfahrungen<br />

und Vertriebschancen per Videokonferenz aus. So<br />

konnten wir der „Isolation“ der einzelnen Niederlassungen<br />

im Lockdown kommunikativ entgegenwirken.“<br />

Das sei vorher schon möglich gewesen, aber die Krise<br />

habe die Nutzung und Akzeptanz beschleunigt. Das<br />

sei zwar ein Kraftakt der IT-Abteilung gewesen, habe<br />

sich aber nun bestens bewährt, spare Fahrzeiten und<br />

damit eben auch Zeit und Energie. In der Kommunikation<br />

mit den Mitarbeitern wurde das System ebenfalls<br />

angepasst – mit den Zeitarbeitnehmern wurden<br />

die persönlichen Termine per Telefon koordiniert. Im<br />

Büro wird streng auf Gesundheitsschutz geachtet. Wo<br />

Abstände nicht eingehalten werden können, liegen<br />

Masken bereit. Außerdem stehen überall Mittel zur<br />

Desinfektion. Bei den Kundenunternehmen werde die<br />

Sicherheit für die Zeitarbeitnehmer nun noch sorgfältiger<br />

geprüft – das gelte vor allem für die individuellen<br />

Corona-Regelungen.<br />

AUSGEBREMST DURCH HOTSPOT TÖNNIES<br />

„Als dann der zweite Lockdown kam, haben alle schon<br />

recht routiniert darauf reagiert“, blickt von Wrede<br />

zurück. Genervt sei man aber doch gewesen, weil<br />

die Wirtschaft im Kreis Gütersloh schon wieder im<br />

Aufschwungmodus war: „Wir sahen bereits den Silberstreif<br />

am Horizont“, bedauert Pöhling. Bei Tönnies<br />

waren keine Mitarbeiter von Piening im Einsatz, erklärt<br />

von Wrede. „Deshalb waren wir nicht unmittelbar<br />

betroffen.“ Spezialisierte Wettbewerber im Kreis Gütersloh<br />

sowie vor allem lokale Händler und Gastronomie<br />

hätten die Auswirkungen dagegen hart getroffen.<br />

Beim zweiten Herunterfahren sah sich das Unternehmen<br />

mit einer anderen Herausforderung konfrontiert:<br />

„Es herrschte große Verunsicherung der Beschäftigten<br />

untereinander, die teils eben auch Kontakte zu den<br />

Tönnies-Mitarbeitern pflegen“, weiß von Wrede. Der<br />

Niederlassungsleiter und sein Team informierten sich<br />

kurzerhand direkt beim Gesundheitsamt und den Ordnungsbehörden<br />

und gaben alle Informationen an die<br />

Mitarbeiter weiter. „Das war für uns wie ein Stock,<br />

der in die Speichen geworfen wird, aber dank der<br />

Besonnenheit unserer Zeitarbeitnehmer konnten wir<br />

jeweils individuelle Lösungen für die Arbeitseinsätze<br />

finden und umsetzen“, freut sich Pöhling. Als unangemessen<br />

empfinden die Piening-Führungskräfte jedoch,<br />

dass als Reaktion auf die Tönnies-Vorfälle auch die Arbeitnehmerüberlassung<br />

in die Fleischwirtschaft eingeschränkt<br />

wird. Hier werden seitens der Politik wieder<br />

Vorurteile bedient, obwohl es für die Zeitarbeit längst<br />

funktionierende Regelwerke gibt. WLI

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