Gläserne Wände – Bericht zur Benachteiligung nichtreligiöser Menschen in Deutschland
2., ergänzte Auflage 2020
2., ergänzte Auflage 2020
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
B e n a c h t e i l i g u n g e n a u f d e m A r b e i t s m a r k t<br />
Individuelles Arbeitsrecht<br />
Nichtreligiöse und andersgläubige ArbeitnehmerInnen <strong>in</strong> der Bundesrepublik<br />
<strong>Deutschland</strong> haben <strong>in</strong> diesem Beschäftigungssektor<br />
nicht die gleichen Rechte wie die Angehörigen der christlichen Kirchen.<br />
Benachteiligt werden diese ArbeitnehmerInnen dadurch,<br />
dass ihnen die kirchlichen E<strong>in</strong>richtungen nicht die gleichen Zugangsmöglichkeiten<br />
zu Arbeitsplätzen („Jobchancen“) zubilligen<br />
wie den Angehörigen der eigenen Religionsgeme<strong>in</strong>schaft.<br />
Es ist hier bisher rechtlich möglich, konfessionsfreie, nichtreligiöse<br />
und auch andersgläubige ArbeitnehmerInnen von der Bewerbung<br />
auszuschließen bzw. Beschäftigten nach e<strong>in</strong>em Kirchenaustritt zu<br />
kündigen. 16<br />
16 Zwar hat das Bundesarbeitsgericht 2018 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em entsprechenden Fall zugunsten e<strong>in</strong>er konfessionsfreien<br />
Kläger<strong>in</strong> geurteilt (8 AZR 501/14), nachdem es zuvor e<strong>in</strong>e entsprechende Entscheidung beim Europäischen<br />
Gerichtshof e<strong>in</strong>geholt hatte (Az. C-414-16), gegen das BAG-Urteil ist jedoch nun e<strong>in</strong>e Verfassungsbeschwerde<br />
anhängig. Mehr dazu ab Seite 28.<br />
Gesetzliche Grundlagen<br />
Das rechtliche Fundament für diese <strong>Benachteiligung</strong>en bildet das<br />
kirchliche Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht, das auf den<br />
Bestimmungen von Artikel 140 Grundgesetz fußt, der laut Artikel 137<br />
Weimarer Reichsverfassung von 1919 Teil unserer Verfassungsordnung<br />
ist. Es ermöglicht E<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> kirchlicher Trägerschaft, von<br />
allen Mitarbeitern die Überstimmung mit den Glaubens- und Moralvorstellungen<br />
e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>er Mitgliedschaft zu fordern. Selbst im<br />
Privatleben können Beschäftigte hier verpflichtet se<strong>in</strong>, sich an der Moral<br />
ihres „Dienstgebers“ aus<strong>zur</strong>ichten. Daneben bildet auch die Ausnahmeregelung<br />
<strong>in</strong> § 9 Allgeme<strong>in</strong>es Gleichbehandlungsgesetz e<strong>in</strong>e<br />
Grundlage für den Ausschluss von ArbeitnehmerInnen, die e<strong>in</strong>er anderen<br />
oder ke<strong>in</strong>er Religionsgeme<strong>in</strong>schaft angehören.<br />
24 · <strong>Gläserne</strong> <strong>Wände</strong>