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Mitteilungen DMG 03 / 04 2005 - Deutsche Meteorologische ...

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Ulrich Görsdorf<br />

Hans Steinhagen:<br />

Der Wettermann<br />

Findling-Verlag, <strong>2005</strong>,<br />

400 S., 17,50 €<br />

ISBN 3-9336<strong>03</strong>-33-1<br />

Nach mehrjähriger Recherchearbeit legt der Autor<br />

eine unterhaltsame Biografie über das Lebenswerk<br />

Richard Aßmanns (1845–1918) aus Anlass des 100jährigen<br />

Bestehens des <strong>Meteorologische</strong>n Observatoriums<br />

Lindenberg vor. Eine Vielzahl bisher unbekannter<br />

Dokumente vermittelt dem Leser einen<br />

tiefgehenden Einblick in das Leben und Werk Aßmanns.<br />

Das Buch besticht besonders durch seine Orientierung<br />

an historischen Fakten und authentischen<br />

Dokumenten, die der Autor mosaikartig zu einem Lebensbild<br />

zusammengesetzt hat. Auf diesem Weg erfährt<br />

der Leser mehr über den besonderen Lebensweg<br />

Aßmanns vom Mediziner zum weltweit anerkannten<br />

Meteorologen, als bisher bekannt ist. Das vorgestellte<br />

Lebensbild zeigt nicht nur die wissenschaftlichen<br />

Leistungen Aßmanns sondern auch seine Sorgen und<br />

Schwierigkeiten, die er in seiner Zeit überwinden<br />

musste, um erfolgreich zu sein. In den zehn Kapiteln<br />

des vorliegenden Buches werden die wichtigsten<br />

Etappen im Leben Richard Aßmanns dargelegt.<br />

Es ist durchaus erstaunlich, dass sich der Chirurg<br />

und Geburtshelfer Richard Aßmann, der zunächst die<br />

Meteorologie nur als Hobby entdeckte, sich in der<br />

Mitte seines Lebens entschloss, noch einmal ganz von<br />

vorn anzufangen und das Hobby zu seinem neuen Beruf<br />

zu machen. Nachdem ihn sein Freund Wladimir<br />

Köppen zu diesem Wechsel geraten hatte, gab es für<br />

Aßmann trotz seiner geringen finanziellen Mittel keine<br />

Zweifel mehr. Er besuchte naturwissenschaftliche<br />

Vorlesungen an der Friedrich-Universität Halle-Wittenberg<br />

und promovierte mit einer Arbeit über die Gewitter<br />

in Mitteldeutschland. Der Autor zeigt an Hand<br />

von Dokumenten, dass dieser Weg sehr mühevoll war<br />

und Aßmann viele Opfer abverlangte.<br />

Den Meteorologen ist Aßmann weltweit als der<br />

Wissenschaftler bekannt, der vor mehr als 100 Jahren<br />

das Problem der exakten Temperaturmessung mit<br />

seiner Erfindung des Aspirations-Psychrometers löste.<br />

Er kam damit einem drängenden Bedürfnis nach,<br />

da die Temperaturregistrierungen mit verschiedenen<br />

medial<br />

Instrumenten fehlerhaft und untereinander nicht vergleichbar<br />

waren. Es ist überaus interessant zu erfahren,<br />

auf welchem dornenreichen Weg Aßmann dieses Ergebnis<br />

erzielte. Da er Leiter der Abteilung für Gewitter<br />

und außerordentliche atmosphärische Vorkommnisse<br />

und nicht für Instrumente war, fiel diese Entwicklung<br />

gar nicht in sein Fachressort. Außerdem musste er sich<br />

gegen die Angriffe des damaligen Papstes der Temperaturmessung<br />

Heinrich Wild erwehren, der behauptete,<br />

dass die Aßmannsche Methode zur Bestimmung<br />

der Lufttemperatur nicht zum Ziele führen kann. Dies<br />

forderte Aßmanns ausgeprägte Kämpfernatur heraus,<br />

der nun eine Wohnung mit Garten anmietete, in dem<br />

er ein umfassendes Vergleichs-Messfeld einrichtete,<br />

um das Gegenteil zu beweisen. Schließlich gelang<br />

ihm durch umfassende Vergleichsmessungen auf dem<br />

Säntis der Nachweis der fehlerfreien Bestimmung von<br />

Lufttemperatur und –feuchte mit dem Aßmannschen<br />

Aspirations-Psychrometer. Dem Autor gelingt es, diese<br />

Entwicklung in spannender und unterhaltsamer Weise<br />

darzustellen. Dabei wird der Leser auch mit dem bisher<br />

unbekannten ersten Instrumentenentwurf Aßmanns bekannt<br />

gemacht, der wissenschaftshistorisches Interesse<br />

beanspruchen darf.<br />

Aßmann fand bald ein neues Einsatzgebiet für das<br />

Aspirations-Psychrometer: die Berliner wissenschaftlichen<br />

Luftfahrten. Während vorher die Meteorologie<br />

auf Messungen in Erdbodennähe beschränkt geblieben<br />

war, ging es nun mit Freiballonen hinauf in die freie<br />

Atmosphäre. Aber dieses Projekt wäre nicht realisierbar<br />

gewesen, wenn Aßmann nicht die dazu erforderlichen<br />

finanziellen Mittel von Kaiser Wilhelm II. erhalten<br />

hätte. Es ist das Verdienst des Autors, einerseits die<br />

Motivationen des damaligen Staatoberhauptes für die<br />

Aßmannschen Projekte analysiert und andererseits die<br />

bisher unbekannten Verbindungen zwischen Aßmann<br />

und Wilhelm II. aufgedeckt zu haben.<br />

Mit den Berliner wissenschaftlichen Luftfahrten erschloss<br />

Aßmann der Meteorologie die dritte Dimension.<br />

Er organisierte auch bereits 1893/94 die ersten internationalen<br />

Simultanfahrten. Mit den wissenschaftlichen<br />

Freiballonfahrten wurden nicht nur neue Erkenntnisse<br />

über die Schichtung der Atmosphäre gewonnen, sondern<br />

zugleich eine Synopsis der oberen Atmosphärenschichten<br />

begründet. Die außerordentliche Bedeutung<br />

dieses Schrittes führte später dazu, dass Aßmann als Vater<br />

der Aerologie angesehen wurde. Im Zusammenhang<br />

mit der Gründung der Internationalen Aeronautischen<br />

Kommission und der Ernennung Hugo Hergesells zu<br />

deren Vorsitzenden analysiert der Autor das Verhältnis<br />

zwischen den beiden herausragenden deutschen Forscherpersönlichkeiten<br />

der Atmosphärenforschung und<br />

kommt dabei zu überraschenden, bisher unbekannten<br />

Schlussfolgerungen, die auch in diesem Fall durch Dokumente<br />

abgesichert sind.<br />

In der Fachliteratur wurde bisher der Anteil<br />

Aßmanns an der Entdeckung der Stratosphäre teilweise<br />

unterschätzt und oft einseitig nur Teisserenc de Bort<br />

<strong>Mitteilungen</strong> <strong>03</strong>/<strong>04</strong> <strong>2005</strong><br />

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