SPD-Geschichte in Sachsen-Anhalt - SPD-Landesverband Sachsen ...
SPD-Geschichte in Sachsen-Anhalt - SPD-Landesverband Sachsen ...
SPD-Geschichte in Sachsen-Anhalt - SPD-Landesverband Sachsen ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
E<strong>in</strong>e mehrfach diskutierte Frage war die nach der Umwandlung des Faches<br />
Staatsbürgerkunde <strong>in</strong> Gesellschaftskunde im 2. Halbjahr des Schuljahrs 1989/90 und<br />
der neue Lehrstoff.<br />
Die Unsicherheit h<strong>in</strong>sichtlich der Vermittlung von politischen und soziologischen<br />
Themen zeigte sich <strong>in</strong> der Anweisung des M<strong>in</strong>isteriums für Volksbildung, jetzt von<br />
Herrn Abend geführt, dass Zensierung „möglich“ wäre. Im Bezirk Magdeburg wurde<br />
entschieden: ke<strong>in</strong>e Noten! Und was würde geschehen, wenn Schüler aus Protest an<br />
diesem Unterricht (evtl. wegen des Lehrers) nicht teilnehmen wollten? E<strong>in</strong> neuer<br />
Begriff von selbst bestimmter Freiheit hatte sich schon im November 1989 gezeigt,<br />
als die Schüler sonnabends nicht mehr zum Unterricht erschienen (man fuhr nun mal<br />
kurz `rüber). Der Zustand wurde h<strong>in</strong>genommen und die Stunden auf 5 Tage verteilt -<br />
dauerhaft, bis heute! Vertreter von <strong>SPD</strong> und Neuem Forum am Runden Tisch<br />
plädierten dafür, das Fach bis zum 1.9.1990 auszusetzen. Der Schulrat stellte ganz<br />
unschuldig die Frage, ob wir fordern würden, dass künftig alle Lehrer parteilos se<strong>in</strong><br />
müssten ...<br />
Die zum Runden Tisch ersche<strong>in</strong>enden Lehrer erhofften sich Entscheidungshilfen vom<br />
Stadtschulrat oder den Vertretern der „neuen Kräfte“, was jedoch vom Schulrat<br />
immer mit dem Verweis auf die neue Stadtverordnetenversammlung und die neue<br />
Stadtverwaltung beantwortet wurde. Wir konnten zwar Demokratisierungsprozesse<br />
befördern, Entscheidungsbefugnisse hatten wir natürlich nicht.<br />
Der Stadtschulrat geriet auf den Dienstberatungen der Schulen, zu denen er<br />
manchmal weniger e<strong>in</strong>geladen als e<strong>in</strong>gefordert wurde, <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Kreuzfeuer von Kritiken,<br />
denen er oft nichts entgegenzusetzen hatte, auch weil er nicht alles eigenständig<br />
entscheiden konnte und Weisungen und Verordnungen „von oben“ ausblieben. An<br />
„me<strong>in</strong>er“ EOS „Otto von Guericke“ wurde von e<strong>in</strong>igen Lehrern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Dienstbesprechung am 12.3.1990 die Erwartung ausgesprochen, dass er sich nicht<br />
selbst aus der Pflicht entlassen dürfe und bis zur Kommunalwahl am 6. Mai die<br />
Verantwortung wohl oder übel noch wahrnehmen müsste!<br />
Im März und April stand die E<strong>in</strong>stellungspolitik der Schulverwaltung zunehmend im<br />
Mittelpunkt. Die schon am 16.2. aufgeworfene Frage nach dem Unterschlüpfen von<br />
Angehörigen des MfS und IMs (der Begriffe wurde erst allmählich publik) wurde<br />
ausweichend und h<strong>in</strong>haltend beantwortet. Jetzt wurde der „Runde Tisch“ zeitweilig<br />
zum Tribunal. Hartnäckig bohrten wir weiter, ob gegen unsere Forderung und<br />
entgegen der Aussage des Schulrats doch Menschen <strong>in</strong> Schulen und anderen<br />
Bildungse<strong>in</strong>richtungen Unterschlupf gefunden hatten, denen wir e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>flussnahme<br />
auf K<strong>in</strong>der und Jugendliche nicht zubilligten. Viele Lehrer wunderten sich über die<br />
E<strong>in</strong>stellung neuer Kollegen, die bisher nicht alle schon mal unterrichtet hatten und die<br />
auch überflüssig waren!<br />
Schließlich wurde bekannt, dass im Pionierhaus 7 neue „pädagogische“ Kräfte<br />
e<strong>in</strong>gestellt worden waren. Der Stadtschulrat äußerte sich <strong>in</strong>different, wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
hatte er auch nicht aus eigenem Antrieb gehandelt, er unterstand ja dem Rat des<br />
Bezirks. Das konnte nie geklärt werden.<br />
Jürgen Vogel vom Bürgerkomitee, das am 5.12.1989 vom Rat der Stadt benannt<br />
worden war, schreibt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch „Magdeburg, Kroatenweg“ unter dem Datum<br />
vom 4.3.1990: „Obwohl das Bürgerkomitee und der große Runde Tisch des Bezirks<br />
e<strong>in</strong>deutig festgelegt hatten, ke<strong>in</strong> MfS-Personal <strong>in</strong> die Schulen und K<strong>in</strong>dergärten der<br />
22