SPD-Geschichte in Sachsen-Anhalt - SPD-Landesverband Sachsen ...
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ahnte niemand. Gleich nach der SDP-Gründung am 7.10., me<strong>in</strong> Ärger war noch nicht<br />
völlig verraucht, telefonierte ich erneut mit Markus Meckel und er bot mir an, am<br />
14./15.10. bei e<strong>in</strong>em ersten DDR-weiten Treffen des gerade gewählten SDP-<br />
Vorstandes und weiteren Aktiven <strong>in</strong> Niederndodeleben dabei zu se<strong>in</strong>.<br />
Es war e<strong>in</strong> spannendes Wochenende. Fast der gesamte neu gewählte SDP-Vorstand<br />
war <strong>in</strong> Meckels Pfarrhaus versammelt. Mart<strong>in</strong> Gutzeit, Stephan Hilsberg, Konrad<br />
Elmer, Angelika Barbe, Frank Bogisch und neben weiteren Vorstandsmitgliedern<br />
noch 10 – 15 engagierte Neu-SDP-Mitglieder. Warum Ibrahim Böhme nicht dabei<br />
war, weiß ich heute nicht mehr. Steffen Reiche (später M<strong>in</strong>ister im Land<br />
Brandenburg) nutzte e<strong>in</strong>en Privatbesuch bei se<strong>in</strong>er Großmutter im Westen, um für<br />
die SDP zu werben. Am Sonntagmittag verfolgten wir <strong>in</strong> Meckels Wohnzimmer<br />
se<strong>in</strong>en Auftritt bei Werner Höfers „Internationalen Frühschoppen“.<br />
An Schlaf war kaum zu denken. Heftig wurde diskutiert, ob und <strong>in</strong> welcher Form der<br />
DDR-Regierung die Parteigründung offiziell mitgeteilt werden sollte, welche<br />
Strukturen aufgebaut werden mussten und welche speziellen ostdeutschen Themen<br />
<strong>in</strong> die SDP-Programmatik E<strong>in</strong>gang f<strong>in</strong>den müssen. Lange wurde über das Wort<br />
„Sozialismus“ diskutiert. Hauptforderungen aber waren Rechtsstaatlichkeit,<br />
Gewaltenteilung, Versammlungsfreiheit, parlamentarische Demokratie und<br />
Parteienpluralität, die es jedem Bürger erlauben, ohne Angst se<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ung öffentlich<br />
zu vertreten. Soziale Marktwirtschaft, Streikrecht, unabhängige Gewerkschaften,<br />
Religionsfreiheit, Gleichberechtigung von Frauen, Wehrersatzdienst, Ökologie und<br />
Pressefreiheit waren weitere uns heute selbstverständlich ersche<strong>in</strong>ende<br />
Forderungen. Damals waren diese Forderungen Wunschdenken!<br />
Andere Forderungen s<strong>in</strong>d es heute noch: Entmilitarisierung der Gesellschaft und des<br />
Gebietes der DDR, Schaffung e<strong>in</strong>er europäischen Friedensordnung, <strong>in</strong> der<br />
Warschauer Vertrag und NATO überflüssig s<strong>in</strong>d, gerechter Handel mit<br />
Entwicklungsländern und Solidarität mit unterdrückten Völkern und M<strong>in</strong>derheiten.<br />
Mart<strong>in</strong> Gutzeit hatte e<strong>in</strong>en Computer mit. Für damalige Verhältnisse e<strong>in</strong> recht<br />
leistungsfähiger Rechner aus dem Westen samt Nadeldrucker. Da ich der E<strong>in</strong>zige<br />
war, der leidlich Masch<strong>in</strong>e schreiben konnte, saß ich bis tief <strong>in</strong> die Nacht am<br />
Computer und schrieb Adressenlisten, e<strong>in</strong> Kurzprogramm und andere Papiere, die<br />
gleich hektographiert (diese lilafarbenen, nach Spiritus riechenden<br />
Vervielfältigungen) allen Anwesenden <strong>in</strong> größerer Anzahl mit <strong>in</strong> ihre Heimatorte<br />
gegeben wurden. Auch e<strong>in</strong>en Aufruf zur Gründung unabhängiger Gewerkschaften<br />
schrieb ich ab, der am 17.10.89 im „VEB Geräte- und Reglerwerk Wilhelm Pieck“ <strong>in</strong><br />
Teltow verteilt wurde.<br />
Mit Sicherheit wurde auch dieses Treffen von der Stasi überwacht. Ke<strong>in</strong>er wusste,<br />
was passiert, wenn wir wieder nach Hause fahren würden. Aber <strong>in</strong> unserer<br />
euphorischen Stimmung machten wir uns darüber ke<strong>in</strong>e Gedanken. Mir ist auch nicht<br />
bekannt, dass e<strong>in</strong>er der Teilnehmer Schwierigkeiten bekam.<br />
Nach diesem Wochenende nahm ich für mich <strong>in</strong> Anspruch, im Norden des Bezirkes<br />
Magdeburg das erste SDP-Mitglied zu se<strong>in</strong>. Als Aufgabe nahmen wir mit,<br />
Gleichges<strong>in</strong>nte zu f<strong>in</strong>den und e<strong>in</strong>e Parteistruktur aufzubauen. Dies war nicht ganz<br />
e<strong>in</strong>fach, da wir als Neugründung weder über Büros oder Versammlungsräume<br />
verfügten, noch hauptamtliche Mitarbeiter oder <strong>in</strong> Organisation und Pressearbeit<br />
erfahrene Mitglieder hatten. Staatliche Institutionen, Zeitungen, selbst die Kirchen<br />
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