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März 2021 - coolibri

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INTERVIEW<br />

Dabei schlagen einigenLeutenumeuchherum dieDemos bestimmt aufs<br />

Gemüt. Fridaysfor Future musste auch viel mitKritikumgehen.Wie ist<br />

dasfür euch?<br />

Pablo: Wirkönnenuns glücklich schätzen,Teileiner sehr großen Bewegungzusein.<br />

Mankann sich immer sicher sein,dassman Unterstützung<br />

bekommt,auch vonder Wissenschaft. Es istbesonders fürDiskussionen<br />

wichtig, Fakten zu kennen. Ansonstenbraucht mankeindickesFell, würde<br />

ichsagen,weilwir groß genugsindund dieBevölkerung tendenziell eher<br />

Supportbietet. Leute, dieauf jungeKlimaaktivistenherumhacken, werden<br />

auch meistgar nichtsoernstgenommen.<br />

Tara: Mansieht mich häufiger in derPresseoderinYou-<br />

Tube-Videos. Dadurch kommeich natürlich auch an Leute<br />

durch,die nichtzuunserer direkten Gruppe gehören.<br />

Ab undzuwerde ichangesprochen, meistrecht neutral.<br />

DieKommentare dazu in densozialenNetzwerken<br />

guckeich mirgar nichtan, weil’smir egal istund zu<br />

viel Zeit kostet.WennmichLeute ansprechen,erkläre<br />

ichihnen,warum ichdas mache.Hackensie permanent<br />

weiter aufden gleichen Argumentenherum,sageich<br />

so etwaswie:„Ok,sorry,ich habe<br />

jetztaberanderes zu tun“ undinvestieremeine<br />

Energieinwas Produktives.Man darf dasnicht<br />

so persönlichnehmen. Im privatenUmfeld probiere<br />

ichdas Themasogut es geht herauszuhalten.<br />

Joan: Icherhalte privatnahezugar keineKritik.<br />

In densozialenMediendenken immer<br />

malwelche, wir seiendurchgeknallte,manipulierte<br />

Öko-Terroristen. Das darf mansicheinfachnicht<br />

durchlesen. Ofterhaltenwir Zuspruch.<br />

Istman im Alltag nichtgrundlegend traurig, wenn mansichimmer wieder<br />

mitProblemen derWeltbeschäftigt?<br />

Pablo: Vorallen Dingenbei Demosfühleich mich gut! Manhat richtigdas<br />

Gefühl, dass manwas bewirkenkann.AmAnfangwar ichpessimistisch,<br />

ob es überhauptwas bringt.AberPessimismus bringt da nichts,man sollte<br />

sich eher aufpositiveAspekte undVisionenkonzentrieren.Man kann<br />

sich denganzenTag verrücktmachen, wenn es in Deutschlandplötzlich<br />

so Wetterextremewie -14Gradgibt–oder es akzeptieren,Schlittenfahren<br />

unddanachzum nächsten Streik gehen.<br />

Joan: Hoffnungslosigkeitund Aufgeben kann mansichauch garnicht leisten.<br />

Ichkann dasThema nichtgut vonmeinemregulärenLeben trennen,<br />

aber ichschöpfe aus negativenNewsKraft undgenieße es einfach, wenn<br />

ichineiner Konferenzsitze unddarüber rede.<br />

Tara: Es gibtsogar denBegriff„ClimateAnxiety“, alsoAngst vorder Klimaveränderung.Wir<br />

haben aber immer PsychologenimHintergrund,die man<br />

ansprechen kann,wenneseinem wirklich schlechtgeht. Workshopsgibt<br />

es auch dazu.Und manstärkt sich gegenseitigimTeamdurch denregelmäßigenAustausch.EineguteIdee<br />

istimmer AngstinWut zu verwandeln<br />

unddas dann wiederum in Motivation,die du in dieBewegungstecken<br />

kannst.<br />

Würdet ihrsagen, dassdas Fehlen an Lehrveranstaltungeneuch Negativeseingebracht<br />

hatoderhabtihr nurdazugewonnen?<br />

Pablo: Jede Person,die beiFridays forFuture mitgewirkthat,würde sagen,<br />

dass siedazugewonnen hat–weil maneinfachDinge lernt, dieman in der<br />

Schule nichtlernenkann.Und dass wirjedeWoche fehlen, gehört auch<br />

eher derVergangenheit an.Manche fehlen dann malallezweiWochen,<br />

manche einmal im Monat.<br />

Tara: Wirhaben so vieleKontaktezuStudentengeknüpft! Wenn manmal<br />

Stoffnicht verstandenhat,kann manihn aufprivatemWege gutbeigebrachtbekommen,ohneGeld<br />

für Nachhilfeauszugeben.<br />

Joan: MeineNoten haben sich kaum verschlechtert,dafür hatsichmeine<br />

Persönlichkeit totalentwickelt. Mirist auch derKampfgeist, denich bekommen<br />

habe, viel wichtigerals einEinser-Abi.<br />

Tara: In erster LiniegehtesimTeamnatürlich immer um Fridays forFuture<br />

undPlanungen,aberdaman so viel Zeit zusammen verbringt, findet<br />

manauch vieleFreunde,die sich für dasgleiche interessieren. Niemand<br />

würdesovielinvestieren,wennersichnicht auch mitden Leuten wohlfühlt.<br />

Pablo: Unddas Gefühl, wasduerlebst,wennsoviele Leutezudem Streik<br />

kommen,den du mitorganisiert hast,ist unvergleichlich.<br />

Provokante Frage: Wierelevantist Fridaysfor Future<br />

in einerglobalen Pandemie?<br />

Joan: Leider nichtrelevantgenug.<br />

VielPotenzial istverschwendet<br />

worden,dasichfastalles nurum<br />

Corona drehte.<br />

Tara: Es hatabergezeigt, dass Politikerhandeln<br />

können,wennsie wollen.<br />

Auch wenn nichtalles glattgelaufenist,<br />

siehtman,dasswennPolitiker wollen,<br />

innerhalb wenigerTageradikaleMaßnahmengetroffen<br />

werden können. Wirhatten<br />

aber Zeit,ummal etwasdurchzuschnaufen<br />

unduns zu sammeln.<br />

Pablo: Somitgibtesauch keineAusreden<br />

mehr!Wir haben jetztgesehen,was geht. Es<br />

konnte zwar dieAbwrackprämie verhindert<br />

werden,aberwir wissen nun, wieman richtig<br />

Fahrtaufnehmenkann.Die Rollevon Wissen ist<br />

in derCorona-Pandemiesowichtig geworden –<br />

vielleicht schätzt mansie dann auch hinsichtlich desKlimaschutzes<br />

mehr,weilesgenug Beweisefür dieProblemegibt. SogarVerbesserungsvorschläge.<br />

Es mussnur gehandelt werden.<br />

Tara: DieWissenschaftsagt, dass Pandemien durch denKlimawandel<br />

auch häufigerwerden.Vielleichtkann mandie Leutedamitemotional kriegen,<br />

weil sienun sehen, wieschlechtessichanfühlt.<br />

Joan: Wenn allessoweitergeht, wäre das, wasgeradepassiert, keineAusnahmemehr,<br />

sondern einDauerzustand.<br />

Gebt gernein paar praktische Tipps, wiejeder fürsichetwas besser machen<br />

kann.<br />

Pablo: Wichtigist,dasswir niemandemsagen,was er tunoderlassensollte.Jeder<br />

kann zwar Kleinigkeitentun,aberesgehtnicht um einzelne Personen,<br />

sondernums großeGanze.Umtrotzdemetwas zu nennen –man<br />

kann wenigerodergar kein Fleischessen,dadie industrielle Massentierhaltungeinen<br />

Großteil derCO2-Emissionen ausmacht.<br />

Joan: Oder mehr Radfahren! Das stärkt dieGesundheit. Fridays forFuture<br />

bietet aber keine Lösungen.Die Lösungen werden vonden Wissenschaftlern<br />

schon aufgezeigt. Uns geht es darumzusagen „Macht auch mal!“.<br />

Tara: Wirprobieren gerade Möglichkeiten zu schaffen,dassauch dieLeute,denen<br />

es durch Corona zu risikoreichist,irgendwieander Demo im<br />

<strong>März</strong>teilnehmenkönnen. Das istimmer einwichtiger Teil zumBeitragen.<br />

Undman kann privatauf Ökostrom umsteigen,der nichtmehrkostetals<br />

derStorm derStadtwerke. Manmusssichnur einmal reinfuchsen. Ansonsten:<br />

mehr denÖPNVnutzen–vielleicht auch malfür denUrlaub, Petitionen<br />

unterschreiben undinder Schule oder am ArbeitsplatzVorschläge<br />

machen, dieinProjektwochen umgesetztwerdenkönnen.<br />

Pablo: Am Ende entscheidetesder Geldbeutel,was möglich ist. Wasaber<br />

jederkann,ist einfachüberdie Klimakrisezureden.<br />

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