Die Malteser-Zeitung 1/2021
Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Orden und seine Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.
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LEBENSWERT<br />
KLINISCHE ETHIK-<br />
BERATUNG FÜR<br />
WÜRDEVOLLES<br />
LEBEN BIS ZULETZT<br />
Im Krankenhaus sind Behandlungsteams laufend mit ethischen<br />
Fragen konfrontiert: vom Umgang mit lebenserhaltenden<br />
Maßnahmen bis hin zu allgemeinen Sorgen um<br />
Über- oder Unterversorgung von Patienten. In solchen Fällen<br />
hilft professionelle Ethikberatung, wie sie seit zehn Jahren<br />
bei den Barmherzigen Brüdern Österreich praktiziert wird.<br />
Von Katharina Stögner<br />
Herr Dr. Wallner, wozu braucht es Ethikberatung<br />
in der Medizin?<br />
Menschen haben im Alltagsstress oft nicht die Zeit<br />
zum Hinterfragen. Im Krankenhaus sind sie hauptsächlich<br />
damit beschäftigt, zu therapieren und zu behandeln.<br />
An diesem Punkt kann Ethikberatung wirksam<br />
ansetzen. Sie versucht, die medizinische Routine<br />
zu durchbrechen und Raum für ein klärendes Gespräch<br />
zu schaffen. Ein Beispiel: Ein seit vielen Jahren therapierter<br />
Krebspatient verliert immer wieder Blut, aber<br />
die Blutungsquelle kann nicht festgestellt werden. Der<br />
Pionier in Sachen Ethikberatung<br />
<strong>Die</strong> Barmherzigen Brüder Österreich zählen zu den Ersten,<br />
die im deutschsprachigen Raum ihren Mitarbeitenden<br />
im Jahr 1994 eine ethische Orientierungshilfe in<br />
Form eines Ethik-Kodex zur Verfügung gestellt haben.<br />
Der mittlerweile in einer vollständig überarbeiteten<br />
Form auch für die Öffentlichkeit publizierte Kodex bietet<br />
eine Einführung in die grundlegenden Prinzipien der<br />
Ethik und in ihre Konkretisierung in der Gesundheitsversorgung<br />
(zum Beispiel Intensivtherapie, Gerontologie,<br />
Chirurgie). Nähere Informationen: https://barmherzigebrueder.at/ethik/codex<br />
Patient erhält täglich Blutkonserven, doch die Situation<br />
verändert sich nicht, er verliert weiterhin laufend<br />
Blut. Möglicherweise ist der Patient am Ende seines<br />
Lebens angekommen, doch man wagt nicht, das anzusprechen,<br />
oder hat in der medizinischen Routine und<br />
unter dem ständigen Zeitdruck nicht die Zeit, darüber<br />
nachzudenken. Hier sollte und darf vom Patienten,<br />
den Ärzten oder der Pflege die Frage gestellt werden,<br />
wie sinnvoll die weitere Verabreichung von Blutkonserven<br />
ist, zumal der Patient keine Schmerzen hat,<br />
wenn kein Blut mehr zugeführt wird. Er wird lediglich<br />
immer müder und „schläft schließlich für immer“ ein.<br />
Womöglich entspricht genau das dem Patientenwillen.<br />
Das muss einfühlsam und sorgfältig besprochen und<br />
geklärt werden – idealerweise im Rahmen der Ethikberatung,<br />
gemeinsam mit dem Patienten.<br />
Was ist das Ziel von Ethikberatung?<br />
Es geht darum, ein gemeinsames Verständnis des anstehenden<br />
Problems zu entwickeln, dieses zu strukturieren,<br />
denselben Informationsstand aller Beteiligten<br />
zu erlangen, mögliche Handlungsoptionen aufzuzeigen<br />
und miteinander zu beurteilen. Ziel ist eine gemeinsame<br />
Entscheidungsfindung – etwa dann, wenn eine<br />
Operation zwar technisch möglich, aber hinsichtlich<br />
© Shutterstock/1730251996/sasirin pamai<br />
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DIE MALTESER 1/<strong>2021</strong>