das Stadtgespraech Ausgabe Maerz 2020
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1 Ein herzförmiger Selfiepunkt 1 Schon die kleinen Dolmen sind einen halben Meer hoch. 1 Gang zur Grabkammer<br />
Ausmaße erfassen kann. Dass gleich nebenan in Carnac und in Trinité-sur-<br />
Mer der Sandstrand lockt und die Restaurants zum Schlemmen einladen, vor<br />
allem für alles, was <strong>das</strong> Meer zu bieten hat, schadet dem Besucherinteresse<br />
ebenfalls nicht. Die Tatsache, <strong>das</strong>s bis heute nicht eindeutig geklärt werden<br />
konnte, was die parallel verlaufenden Reihen, die unter ungeheurem Einsatz<br />
von Arbeitskraft und steinzeitlicher Technik entstanden sein müssen, für<br />
eine Bedeutung hatten, lädt zu Spekulationen ein. Die Erklärung, <strong>das</strong>s es<br />
sich offenbar um Gräber handelt, produziert mehr Fragen als Antworten.<br />
Und auch <strong>das</strong> oftmals neblige, dämmerige und regenreiche Wetter trägt<br />
dazu bei, <strong>das</strong>s die Megalithen im Zwielicht als mythische Wesen wahrgenommen<br />
wurden. Gut möglich, <strong>das</strong>s den Menschen die Kultstätten nicht<br />
ganz geheuer waren, sie diese gemieden haben und so zu ihrer Erhaltung<br />
beigetragen haben.<br />
Verneigung vor den Toten<br />
Nur wenige Kilometer von Carnac entfernt findet sich bei Locmariaquer der<br />
sogenannte Table des Marchand, auch La Table des Marchands genannt,<br />
also der Tisch der Familie der Händler. Die Fundstätte wurde glücklicher<br />
Weise schon 1899 zum historischen Monument erklärt, wodurch verhindert<br />
wurde, <strong>das</strong>s die Dorfbewohner die Steine für ihre Häuser hier entnahmen,<br />
was billiger und bequemer war, als sie zu kaufen. Der Tisch, wie er vom<br />
Volksmund genannt wurde, ist niemals als Tisch gedacht worden. Vielmehr<br />
bildet ein länglicher, horizontaler Menhir, der von kleineren senkrechten<br />
Steinblöcken gestützt wird, <strong>das</strong> Gerüst für eine Grabkammer. Die Bruchsteine,<br />
die die Räume zwischen den Menhiren verfüllen, waren im Laufe<br />
der Zeit entnommen worden, so<strong>das</strong>s die Anlage frei schwebend wirkte.<br />
In Locmariaque hat man den ursprünglichen Zustand des Grabes, <strong>das</strong> im<br />
vierten Jahrtausend v. Chr. errichtet wurde, wiederhergestellt. Der Besucher<br />
der Cairn genannten Anlage kann heute nicht nur durch den entsprechenden<br />
Gang in die Grabkammer gehen, er kann auch die Verzierungen an den<br />
Megalithen bestaunen. Bei Eintreten muss der Besucher den Kopf einziehen,<br />
denn <strong>das</strong> Portal ist nur 1,40 Meter hoch, was die Forscher heute als<br />
Trick der Baumeister verstehen, musste der Besucher sich auf diese Weise<br />
doch verbeugen, wenn er den Gang betrat. 1,40 Meter war selbst damals<br />
niedrig – Ötzi brachte es immerhin auf stattliche 1,58! Nur wenige hundert<br />
Meter von der Table des Marchand entfernt liegt der gewaltige Er Grah<br />
genannte Dolmen, der in vier Teile, die für sich schon beeindruckend sind,<br />
zerbrochen ist. In voller Höhe würde der Brocken nicht weniger als 21 Meter<br />
messen und rund 300 Tonnen wiegen. Unfassbar, wie solch ein Monument<br />
mit einfachsten Mitteln bearbeitet werden konnte.<br />
Hinkelsteine mit wenig Beachtung<br />
Es gibt buchstäblich tausende Menhire und Dolmen in der Bretagne. Über<br />
Jahrhunderte ist man auch, nennen wir es pragmatisch, mit ihnen umgegangen.<br />
Die kleineren dienten als Baumaterial, und die größeren wurden<br />
gerne als Untergrund für christliche Steinmetzarbeiten verwendet. Die<br />
Nazis, die Frankreich im Zweiten Weltkrieg besetzt hielten, nutzten die<br />
Anlagen auch schon mal als Teil ihrer Atlantikwall genannten Verteidigungsanlagen<br />
entlang des Atlantiks. Wo Granitfelsblöcke standen musste<br />
kein Beton gegossen werden. Die Bunker sind übrigens auch ein Dreiviertel<br />
Jahrhundert nach Ende des Krieges noch an vielen Stellen zu sehen – hoffentlich<br />
hält der Beton nicht annähernd so lange wie die Hinkelsteine!<br />
Die schlichte Anzahl der Megalithen führt dazu, <strong>das</strong>s ganz viele Dörfer<br />
irgendwo große Steine stehen haben. An anderer Stelle würde man<br />
Museen darum errichten, doch die Vielzahl lässt die Wichtigkeit offenbar<br />
schwinden. Nicht aber die rätselhafte Schönheit. Und so findet man in<br />
vielen Gebieten der Bretagne völlig unberührte Stätten, deren Bedeutung<br />
schon seit Jahrtausenden nicht mehr klar ist.<br />
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Das Stadtgespräch<br />
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