Info-DIREKT Ausgabe 36-37 "Widerstand"
Info-DIREKT-Ausgabe zum Schwerpunkt "Widerstand" mit zahlreichen Hintergrundinfos, Reportagen, Tipps, Interviews und Gastbeiträgen. Mehr dazu auf www.info-direkt.eu/abo
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Politik
einen Flüchtling anständig in Jordanien zu
betreuen, dann kostet das ein Zwanzigstel
wie in Österreich.“
Auch wenn Kerns behauptete Relation nicht
uneingeschränkte Zustimmung fand, so
musste selbst von extrem gutmenschlicher
Seite anerkannt werden, dass die Unterbringung
von Flüchtlingen in Jordanien um ein
Vielfaches günstiger ist als in Österreich.
1987 hatte ich eine Gruppe afghanischer
Freiheitskämpfer unter Führung Khazan Guls,
der sich aber in erster Linie als Entwicklungshelfers
sah, in das Gebiet des Tani Stammes
begleitet. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits
sowohl in der „Kronen Zeitung“ als auch im
„Kurier“ und im „Falter“ Interviews mit ihm
jetzt
bzw. Artikel von ihm
kaufen
erschienen. Er war also
auch in unseren Breitegraden kein ganz Unbekannter.
Nach dem Sturz der Taliban war
Khazan Gul eineinhalb Jahre Erziehungsminister
in der Provinz Khost und hatte in dieser
Zeit über fünfzig Schulen gegründet. Die
weiterlesen:
Förderung der Landwirtschaft und die Gründung
von Schulen waren und sind ihm ein
besonderes Anliegen. Vor allem aber möchte
er die Menschen in ihrer Heimat halten.
In der Heimat bleiben
Er war der Meinung, dass Flüchtlinge in den
Lagern zu Almosenempfängern würden, das
Arbeiten verlernten, ihren Stolz verlören und
unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen
würden. So war es ihm gelungen, 537 von
600 ausgebombten Familien dazu zu bewegen,
in ihrer Heimat zu bleiben. 200 Rupien
(also ca. 12 Euro) monatlich genügten, um
sie die ärgsten Schwierigkeiten überwinden
zu lassen. Auch wenn diese bescheidenen
Zuwendungen keine Rundum-Versorgung
bedeuteten, so hatten sie doch dazu geführt,
dass die Menschen in ihrer Heimat bleiben
konnten und zudem den möglichen Aufnahmestaaten
beträchtliche Summen erspart
hatten.
Unbestreitbare Tatsache ist, dass wir für jeden
„Schutzsuchenden“, den wir in Österreich
aufnehmen, einer großen Anzahl anderer
„Schutzsuchender“ die Möglichkeit nehmen,
im Nahbereich ihrer Heimat unterstützt zu
werden!
Auch ein anderes Problem erkannte Khazan
Gul, das von europäischen Politikern kaum
angesprochen wird: „Was nützt es uns, wenn
Afghanen zwar in Europa studieren können,
dann aber nicht zurückkehren? Wir brauchen
afghanische Ärzte, Techniker, Ingenieure usw.,
nicht in der BRD, nicht in Österreich oder
Frankreich, sondern bei uns in Afghanistan.“
Jahrzehnte später, am 1. Jänner 2016, appellierte
der damalige deutsche Innenminister
Thomas de Maizière in Kabul an die
Afghanen, nicht mehr nach Deutschland
zu kommen. Wenn jemand, der
„mit sehr viel Geld der westlichen
Weltgemeinschaft“ zum ersten Mal
seit vielen Jahren eine gute Ausbildung
bekommen habe, seine Heimat
verlasse, dann „ist es auch ein Verrat
an der Zukunft Afghanistans“.
An armen Ländern versündigen
Noch konkreter hatte sich im Zuge
des NRW-Landtagswahlkampfs 2000
CDU-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers
geäußert, der „Mehr Ausbildung
statt mehr Einwanderung“ gefordert
und ein Argument ins Treffen
geführt hatte, das - meines Wissens
- kein Politiker vor ihm in dieser Deutlichkeit
verwendet hatte: „Es ist unmoralisch, anderen,
oft armen Nationen die Führungseliten
wegzukaufen.“ Und: „Die Intelligenz aus den
Ländern der Dritten Welt abzuwerben, ist
eine Versündigung an deren Entwicklungsmöglichkeiten.“
Tatsächlich sprach Rüttgers damit ein Problem
an, das üblicherweise unter den Tisch
gekehrt wird, handelt es sich doch hierbei
um eine besonders üble Form von Neokolonialismus,
die die ganze Erbärmlichkeit westlicher
Heuchelei zeigt. Regierungen und Unternehmen
der reichen Industriestaaten – vor
allem aus den USA, der EU und in den letzten
Jahren verstärkt auch aus China – versuchen
sich die Kontrolle über die Ressourcen, Finanz-
und Warenmärkte der ärmeren Länder
zu sichern. Zu den wichtigsten Ressourcen
aber zählt Humankapital, was der Motor jeder
wirtschaftlichen Entwicklung ist.
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Bild: Info-DIREKT
Migration vergrößert die Not
Fachkräfte aus unterentwickelten Volkswirtschaften
anzuwerben ist das genaue Gegenteil
von Entwicklungshilfe. Jeder syrische Arzt
– und davon befindet sich angeblich eine so
großer Zahl unter den Flüchtlingen – fehlt in
seiner Heimat und vergrößert die Not der
leidgeprüften Bevölkerung.
Es gereicht uns nicht zur Ehre, den Ärmsten
der Armen ihre verhältnismäßig wenigen
Spitzenkräfte oder auch nur Facharbeiter abzuwerben.
Sie demaskieren sich dadurch als
Staaten, die an wirklicher Hilfe für unterentwickelte
Länder und Gebiete kein Interesse haben.
Ihr Gerede darüber baut nur einen Wall
auf, in dessen Schutz sie weiter ihre koloniale
Ausbeutung betreiben. – Eine moralische
Disqualifikation!
Die von den Regierenden betriebene Überfremdungspolitik
schädigt jedenfalls nicht
nur die einheimische Bevölkerung, sondern
auch die Menschen jener Länder, denen man
zu helfen vorgibt! II
Bild: Herbert Fritz, geboren
1939 in Wien, ist promovierter
Jurist. Bereits
seit den 1960-er Jahren
pflegt er besonders in
den Nahen Osten sehr
gute Kontakte. Fritz gilt
quer über alle politischen
Lager als profunder
Kenner der Kurden. Er
schreibt für verschiedene
Zeitschriften, hält
packende Vorträge und
verfasste u.a. Bücher wie
„Die kurdische Tragödie
– Ein Volk zwischen den
Fronten“, „Kampf um
Kurdistan – Für Freiheit
und Selbstbestimmung“
und „Kampf um
Palästina - Für Freiheit
und Selbstimmung“. Die
Bücher sind direkt beim
Autor erhältlich:
herbert.fritz2@gmx.at.
Fachkräfte
aus unterentwickelten
Volkswirtschaften
anzuwerben
ist
das genaue
Gegenteil von
Entwicklungshilfe.
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